7:30 Uhr der Wecker klingelt. Wir beide haben die Augen schon offen um es ihm zu geben! Die Sau will uns aufwecken, aber wir sind früher dran!!! Er kann nicht einmal fertig klingeln bevor wir auf ihn einschlagen. In Anbetracht dessen, dass heute nur 350km geplant sind wollen wir es langsam angehen lassen. Als wir den Blick zum Fenster wenden beschließen wir es noch viel langsamer angehen zu lassen! Es regnet und nicht gerade wenig. Wir drehen uns noch einmal herum. Um 8 Uhr gibt es Frühstück. Wir haben noch Zeit. Während dem Frühstück wird unsere Hoffnung erfüllt. Es wird zunehmend blauer am Himmel und die Sonne kommt raus. Zu doof dass die Fenster des Frühstücksraumes nicht in unsere Fahrtrichtung gehen. Wir lassen uns heute wirklich viel Zeit. Um 10 Uhr sitzen wir auf dem Motorrad und beginnen das heutige Wettrennen. Welches Wettrennen? Das mit dem Wetter! Immer das Blau im Rücken und das Grau vor uns. Gerade so dass man aus dem Augenwinkel immer ein wenig blau sieht und sich ärgert.
Wir sind noch nicht weit gefahren als wir in Schöningen zu einem ersten größeren Fotostop anhalten. Die Kirche in Schöningen ist schon ein riesen Ding, aber der Garten in welchem sie liegt ist noch viel faszinierender. Rund um die Kirche wurde ein Bibelgarten angelegt mit 100 Pflanzen welche in der Bibel erwähnt werden. Wir kommen mit dem örtlichen Pfarrer ins Gespräch. Er stellt fest dass er zu klein für die VStrom ist, dass wir ein GPS haben und dass im Ortskern noch eine Kirche ist welche wir uns unbedingt anschauen sollten. Seine Beschreibung fpü die Kirche: „Das is ein geiles Ding!“ Wir bedanken uns, müssen den gut gemeinten Tipp aber ignorieren. Irgendwie drängt sich uns das Gefühl auf dass wir schon reichlich spät dran sind auch wenn es heute ja nur 350km sind.
In Jerxheim fällt uns ein regionaler Brauch auf. Die Schützenkönigsscheiben werden am Haus des Königs aufgehängt. Bei uns in Franken hängen die Königsscheiben in der Regel in den Schützenhäusern. Hier wird offen zur Schau gestellt wer denn schon einmal ein König war.
Kurz nach Jerxheim finden wir etwas wieder was wir in den letzten Tagen vermisst hatten. KURVEN!!! Auf kerzengerader Strecke hat ein Straßenplaner ein einsehen und baut einfach mal drei Spitzkehren mit ein. Dies sollte uns schonmal auf den kommenden Harz vorbereiten. Endlich wieder kleine Straßen, herbstliche Mischwälder, Schmalspurbahnen, Kurven und echte Steigungen und Gefälle. Der Harz zeigt sich von seiner besten Seite, nur das Wetter nicht. Wir besichtigen das Pumpspeicherbecken Wendefurth und beeilen uns weiterzukommen, da inzwischen der blaue Himmel vor uns und der Graue hinter uns liegt.
Ein paar Orte weiter entdecken wir ein Nachttopf und Mausefallen Museum. Alleine das Haus ist schon so urig dass wir es festhalten müssen. Die Führung am heutigen Tage um 11 Uhr haben wir leider verpasst. Es ist bereits 13 Uhr und wir haben erst 125km geschafft.
Nun sind wir so richtig im Harz. Die Blätter fallen um uns herab, als wir durch den Wald rauschen. Hier und dort gibt es Schaubergwerke. Die Dörfer werden kleiner. Die Kurven spitzer. Die Straßen holpriger. Immer wieder queren wir kleine Flüsse und Schienen von Schmalspurbahnen. Ach könnte es nur ewig so weitergehen. Das allseits beliebte Kopfsteinpflaster sucht uns auch immer wieder heim.
Kurz vor dem Kyffhäuser gehen wir einkaufen, suchen noch ein öffentliches aber sehr privates Örtchen auf und dann sind wir angekommen. Nicht an unserem Tagesziel aber an einem ganz besonderen Stückchen der heutigen Strecke. Ein 4,1km langes Stück der B85 mit insgesamt 36 Doppelkurven. Ein echtes Sahnestück für jeden Motorradfahrer. Wir haben es sehr genossen. Auf Bilder haben wir verzichtet und lieber die Eindrücke in unserer Erinnerung gespeichert. Ich bette hier mal ein Youtube Video der Strecke mit ein.
Am Ende der Strecke haben wir uns eine Bank gesucht und erstmal Mittag gemacht. Mittag… naja es war inzwischen 15 Uhr und wir hatten immer noch gut 170km vor uns. Irgendwie klappte das mit dem Zeitmanagement heute nicht so richtig. Also jetzt aber ranhalten. Unterwegs nochmal zwei Fotostops einmal um die Aussicht und das Wetter zu dokumentieren das andere mal an einem kleinen Brücklein.
Gegen Ende habe ich den Blick für die Umgebung verloren. Erst kämpften wir mit einer schlecht beschilderten Umleitung in Arnstadt, dann war die L1046 vollgesperrt und mir erschien nicht sofort eine Alternative auf der Karte, also haben wir versucht ob wir durch die Baustelle fahren können. Es ging und wir freuten uns, dass uns dieses Stückchen Straße nicht entgangen war. Viele Kurven einige Bachquerungen und kein Verkehr, da eigentlich vollgesperrt. Die Uhr rückte immer weiter vor. Es war inzwischen 17:45 und immer noch trennten uns gut 35km vom Tagesziel. Der Rest des Weges verlief dann unspektakulär und wir konnten um 18:15 Uhr in der Pension Felsenthal in Tabarz einchecken. Nach einem gut bürgerlichen Abendessen sitzen wir nun auf dem Sofa und widmen uns dem Erfahrungsbericht für heute. Ironischerweise sagt der Wetterbericht für heute Nacht leichten Schneefall vorher. Heute begleiteten uns Etappenweise die Straße der Romantik, die Deutsche Fachwerkstrasse und die Deutsche Ferienstrasse Alpen/Ostsee.