Spanien Herbst 2021 – Tag 15 – 346km – Saint Anastaise

Wow, what a day! Aber fangen wir mal von vorne an. Wie jeden Tag sind wir als erstes mal aufgewacht. Heute sollte ein schneller Abflug drin sein weil wir kein Frühstück gebucht haben. Also gehen wir es eher dümpelig an. Heute sind auch vergleichsweise wenig km geplant und die Unterkunft heute Abend kennen wir von der Anreise. Wir haben Abendessen angefragt also sollte auch das Thema geklärt sein. Kennt ihr den Satz: „Pläne sind da um geändert zu werden“ oder „Leben ist das was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu schmieden?“ Das wird das Motto des Tages!

Beim Aufpacken der Bikes kommt Trevor unser Gastgeber dazu und erkundigt sich wo wir heute hinfahren. Trevor und Patsy sind Briten die sich vor 20 Jahren ein Haus in Frankreich gekauft haben. Jahrelang haben sie es im Sommer besucht und renoviert. Seit 2016 leben sie nun fest hier in Frankreich und bieten geführte Motorradtouren an. Sie vermieten hierfür auch einige BMWs – Caday Rouge Motorcycle Tours. Trevor gibt uns ein paar Tipps wo wir unbedingt noch hinfahren sollten. Patsy kommt dazu und schwärmt auch davon. Ich hole den Laptop nochmal raus und plane die Route entsprechend um – das mit den wenigen Kilometern wird heute nix, aber zeitlich geht sich das immer noch super aus. Dann kommt Trevor auf die Idee uns zu begleiten und Saint-Cirq-Lapopie und Rocamadour zu zeigen. Patsy schaut erstmal zweifelnd ob uns das recht ist und sieht ihre Tagesplanung auch schwinden. Wir überlegen kurz und ergreifen die Gelegenheit beim Schopf. Ein Local der sich auskennt das ist genial. Also sagen wir ja. Trevor läuft los um sich fertig zu machen, Patsy bleibt daheim weil sie einen wichtigen Termin hat und wir packen die Moppeds fertig. Um 10:20 Uhr fahren wir vom Hof und Patsy winkt uns hinterher. Ich glaube sie hat schon geahnt dass Trevor nicht wie angekündigt in 2 Stunden wieder daheim ist.

Trevor ist es gewohnt Gruppen anzuführen und das merkt man. Perfektes Anzeigen von Kreuzungen, Kreisverkehren, Sehenswürdigkeiten, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Rollsplit, usw… so etwas haben wir noch nicht erlebt. Er tastet sich langsam an unsere Wohlfühlgeschwindigkeit ran und checkt ab wie wir fahrerisch so ticken. Ich glaube behaupten zu können dass er auch Spass an der Fahrt hat. Wir fliegen ihm befreit hinterher und genießen es jemandem zu folgen der die Strecken auswendig kennt. Für mich bedeuten Motorradreisen immer: Navi im Blick, Strasse im Blick, Anja im Ohr, bissl Sightseeing nebenbei und dann will man kein Verkehrshindernis sein. Trevor hinterher fahren nimmt da ein paar Komponenten raus und befreit ungemein. Vielleicht sollten wir so geführte Touren doch mal in Betracht ziehen… aber nicht in einer 10er Gruppe oder so. Wenn dann nur wir plus Guide.

An Sehenswerten Punkten stoppt Trevor oder wir zeigen ihm an dass wir stoppen wollen. Er kennt immer einen perfekten Ausblick auf die Location. Dafür linst er mir über die Schulter beim Fotografieren und stellt munter fragen zu Bildaufbau und Kameratechnik. Ein Geben und Nehmen. So ist das toll. Mehrfach erkundigt er sich ob wir mal was essen wollen oder einen Kaffee trinken. Wir sind mit unseren Trinkrucksäcken bestens ausgestattet und heute klappt das Intervallfasten mal wieder perfekt. Außerdem zeigt der Blick aufs Navi dass die Zeit langsam fortschreitet und die Restkilometer noch reichlich sind.

Die Straßen welche Trevor uns zeigt werden immer kleiner da er unsere Fahrtechnik als immer besser einstuft. Ich glaube er hat auch so richtig Spass an der Gangart die wir an den Tag legen. Um 13:30 kommen wir in Rocamadur an und Trevor telefoniert zum zweitenmal mit Patsy und beschwichtig sie dass er quasi schon auf dem Rückweg ist. Sowohl Saint-Cirq-Lapopie als auch Rocamadur sind der Wahnsinn. An den Hang und teilweise in den Fels gebaute Mittelalterliche Städte. Man bräuchte überall viel mehr Zeit, die wir heute leider nicht haben. Was mir heute nicht gefallen hat war dass wir so einen gehetzten Eindruck auf Trevor gemacht haben. Aber leider drückt der Heimweg ein wenig. In Rocamadur ruft dann noch unser Gastgeber für heute Abend an und fragt ob wir es bis 19 Uhr schaffen da er dann leider weg muss. Er kann deswegen heute leider auch kein Abendessen anbieten. Soviel zu den Plänen für heute. Das Leben macht aber so auch viel mehr Spass als das Plan abarbeiten. Wir fahren mit Trevor noch zum Aussichtspunkt über der Stadt Rocamadur und kaufen spontan lokalen Käse.

Am nächsten Kreisverkehr verabschieden wir Trevor, der jetzt bestimmt noch eine Stunde bis heim braucht. Wir fahren nochmal eine Stunde im altbekannten Tobi kümmert sich um alles außer Moppedfahren Modus bevor wir eine Pinkelpause einlegen. Die erste heute für uns. Auch außerhalb des Naturparks sind die Strassen heute noch der Hammer und wir fliegen weiter so dahin. In einem Dorf halten wir zum Tanken, finden eine Bäckerei und kaufen Brot, Puddingkuchen und ein Tartlette. Auf den letzten 50km in den Parc naturel régional des Volcans d’Auvergne finden wir noch eine Fromagerie und kaufen eine getrocknete Wurst und einen lokalen Kuhmilchkäse. Die Temperatur sinkt merklich und in den Tälern und Wäldern wird es zunehmend düster. Anja zieht ihre Daunenjacke drunter und ich mach die Lüftungen an der Kombi zu.

Joel der Hausherr der Datcha Anastasia erkennt uns gleich wieder und freut sich dass wir nochmal vorbeikommen. Er entschuldigt sich gleich nochmal dass es mit dem Abendessen heute leider nicht klappt. Achja es ist 18:30 als wir nach 346km angekommen sind. Wir packen ab, stellen die Moppeds in die Scheune zu einem 50 Jahre alten Opel Kadett und setzen uns aufs Sofa im Aufenthaltsbereich um zu vespern. Wir haben diesmal das russische Zimmer. Beim ersten Aufenthalt hier hatten wir das japanische. Nach dem Essen noch schnell die Route bis zur deutschen Grenze und die zwei letzten Unterkünfte rausgesucht. Dann geht es ins Bett und wir schlafen augenblicklich ein.

Unterkunft: Datcha Anastasia

Spanien Herbst 2021 – Tag 14 – 325km – Saint Vite

Theoretisch hätten wir ja früh schlafen können – Anja hat das auch getan – ich mal wieder nicht. Also schlafe ich heute früh bis um 8 Uhr. Frühstück haben wir für 9 Uhr ausgemacht und da sitzen wir dann auch alleine zu zweit im Essensbereich der Unterkunft. Es gibt ganz viele hausgemachte Sachen: Marmeladen, Muffins, Kekse, Apfelsaft dazu bekommen wir getoastetes Brot, eine Platte mit Jamon, Queso und zweierlei Wurst, pürierte Tomate, Kaffee und Tee. Wir könnten auch noch Rühreier haben, wir glauben aber das andere Zeugs reicht uns. Die Entscheidung war absolut richtig, wir sind pappsatt nachdem alles vernichtet ist und würden uns am liebsten wieder hinlegen. Beim Aufpacken der Moppeds widmet Anja mehr Zeit dem Esel der im Nachbarsgarten steht als dem Packen. Der schaut dann ganz unglaublich doof als sie aufhört ihn zu kraulen und einfach davonfährt.

Nach ein paar Kilometern tanken wir noch bevor wir nach Frankreich zurück fahren. Der Sprit war dort ca. 20cent pro Liter teurer. Das Tanken an der Repsol ist allerdings äußerst gewöhnungsbedürftig… der Tankwart fordert uns auf von den Moppeds abzusteigen und wir dürfen die Tanks nicht selbst befüllen. Bei mir passiert das noch mit Respekt – bei Anja arrogant von oben herab und bevormundend. Sowas geht garnet. Als wir weiterfahren regnet es Blätter vom Himmel. Wie ganz dicke Schneeflocken die langsam zur Erde schweben. Total fancy der Anblick während man durch die Blätter fährt. Jetzt kommt der schöne Teil des heutigen Tages, der Col de Ispeguy. Auf der spanischen Seite geht es relativ schnell mit engen Kehren in die Höhe – wobei Höhe, was bedeutet eigentlich Höhe? Der Col de Ispeguy hat „nur“ 672 Höhenmeter. Man fühlt sich aber irgendwie wie auf 1600 Höhenmeter. Die französische Nordrampe geht dann in flüssig zu fahrenden Kurven über einige Kilometer im Tal hinab. Viel schöner als diese Spitzkehren hatz.

Das Wetter heute ist der Hammer. Blauer Himmel, Sonne und warme Temperaturen. In Frankreich wird es dann noch deutlich spürbar wärmer. Die Ausläufer der Pyrenees Atlantiques sind einfach genial zum fahren. Wir fliegen förmlich durch die Kurven – im Rückspiegel immer die schattierten Bergketten. Ein Traum der nie enden sollte. Wir beginnen die Augen nach einer Fromagerie aufzuhalten da wir uns noch mit Käse für heute Abend eindecken wollen. In Zyrax finden wir dann nicht nur einen Laden, sondern wirklich direkt eine Käserei (Fromagerie Lauburu). Sie sieht ziemlich geschlossen aus, da ich aber unbedingt Zwiebelschichten loswerden muss (Isolationsjacke) stehen wir ein wenig im Hof rum und es kommt doch jemand und sperrt den Laden auf. Mit Händen und Füssen kommunizieren wir,  probieren Käse und kaufen zwei Brocken. Einen Brebis und einen Vache nature.

Ein paar Kreisverkehre weiter halten wir an einer Boulangerie, Patisserie & Tarterie an um eine kurze Pause zu machen und Baguette für heute Abend zu kaufen. Wir verdrücken zwei Tartlettes und zwei Croissants. Es ist so warm dass ich den Platz im Schatten vorziehe. Anja steht in der Sonne und saugt die wärme der Sonnenstrahlen förmlich auf. Nun beginnt der üble Teil des Tages. Das Navi sagt 48km bis zum nächsten Kreisverkehr voraus… dass bis dahin nur eine leichte Kurve mit ca. 3° Grad Winkel kommt hatte ich gestern bei der Planung schon geahnt. Drei Planunsgtools haben als kurvenreichste Strecke in der Gegend einfach eine Schnurgerade Linie gemalt. Tja, das war es dann mit Fahrspass. Es gibt wahrlich schlimmeres und so überstehen wir auch das. 150km mit ca. 10 Kreisverkehren und ungefähr 5 Kurven später fällt mir beim anfahren auf dass Elli komische Geräusche macht. Dazu ruckeln beim konstanten dahingleiten. Wir müssen eh tanken, von dem her nutzen wir das gleich mal um die Ketten an beiden Moppeds zu spannen. Sie hatten es definitiv nötig. Bei Elli is etz wieder alles ruhig und sie schnurrt wieder wie eine junge.

An einem Intermarche decken wir uns dann noch mit Wasser und Oliven ein bevor die letzten 20 km wieder kurvig und schön werden. Im goldenen Licht des schwindenden Tages geht es an einem Fluss entlang in dem sich die Ufer spiegeln. Die heutige Unterkunft, das Caday Rouge, wird von Trevor und Patsy geführt, zwei Briten die hier auch BMW Motorräder verleihen und geführte Touren unter dem Namen Caday Rouge Motorcycle Tours anbieten. Das hatten wir beim Buchen nicht gewusst. Trevor würde morgen gerne mit uns eine Tagestour fahren, ich muss allerdings mit britischer politeness (I’m afraid to tell you…) ablehnen da wir weiter in Richtung Heimat müssen. Die Unterkunft ist warm und total kuschelig. Um 19 Uhr geht die Sonne unter und wir sitzen im Zimmer und vespern unseren Käse, das Baguette und die Oliven. Life is good! Morgen gibt es dann wieder mehr Kurven und ein wiedersehen mit einer tollen Unterkunft.

Unterkunft: Caday Rouge