Skandinavientour 2016 – Tag 11 – 302km – zurück auf dem Festland – Furoy

Eine kurze Nacht liegt hinter uns, als uns der Wecker um 7 Uhr aus dem Schlaf reißt. Es ist warm im Zelt. Kein Wunder, hat doch die ganze Nacht die Sonne aufs Zelt geschienen. Wir befreien uns vom Schlafsack und dösen nochmal 5 Minuten, aber dann geht es los. Anja geht duschen, ich packe zusammen. Wir müssen um 10:45 die Fähre von Moskenes nach Bodo erreichen, da wir bereits Tickets dafür haben. Frühstück lassen wir ausfallen, dafür haben wir auf der Fähre genügend Zeit. Die Sachen sind zügig gepackt, trotzdem schaffen wir es erst um 8:45 Uhr loszufahren. Man sollte meinen 2 Stunden sind für 30 km Puffer genug. Gestern wurden wir eines bessern belehrt, das passiert uns heute nicht nochmal. Außerdem haben wir noch einen kleinen Abstecher geplant. Wenn man schonmal auf den Lofoten ist muss man auch nach Å fahren.

Schnell noch zwei Postkarten geschrieben und eingeworfen und schon geht es los. Kurz nach dem Ort bereits der erste Fotostopp. Wenn das so weitergeht *g*. Die Straßen fahren sich flüssig und wir kommen planmäßig voran, bis wieder so gelbe Schilder mit Text auf uns warten. Diesmal ist es aber nur eine halbseitige Sperrung und mit 15 Minuten Verzögerung sind wir an den Asphaltierungsarbeiten vorbei. Für die 30 km haben wir dann gute 60 Minuten gebraucht. Wir lassen den Fährhafen allerdings links liegen und düsen weiter bis nach Å. Hier wollen wir uns in der Bakeri unser Frühstück für die Fähre kaufen. Die Bakeri muss man besucht haben, wenn man in der Gegend ist. Hier wird nach alten Rezepten, auf alte Art gebacken. Der Verkaufsraum ist zugleich auch die Backstube. Die Türen werden noch durch an Seilen hängende Steine geschlossen. Wir hatten den Tipp bekommen, dass es hier die besten kanelsnurer gibt, also mussten wir das auch testen. Einen sjokoladeboller, einen rosinerboller, eine Vollkornsemmel und zwei kanelsnurer lautet meine Bestellung. Schnell verpackt und zurück zur Fähre. Um Punkt 10 Uhr rollen wir an den Warteschlangen vorbei und stellen uns nicht ganz gentlemanlike von vorne an. Wir haben unsere Tickets ja schon. Beim Verladen kommen die Motorräder trotzdem zum Schluss dran. Erst wenn Busse, Wohnmobile und Autos gestapelt sind, werden die letzen Lücken mit den Zweirädern gefüllt. Schnell noch Alibiverzurren – Das Wetter ist Bombe und das Personal meint auch, dass die Spanngurte nur zur Sicherheit sind.

Die Fährüberfahrt nutze ich um den Bericht von gestern zu schreiben und Bilder zu kopieren und sichten. Ab jetzt hinke ich mit dem Veröffentlichen hinterher und werde es auch nicht mehr während der Reise aufholen. Aber mir ist es wichtiger die Reise zu genießen. Nur die Texte werde ich weiterhin jeden Abend schreiben, damit die Erinnerungen noch frisch sind. Die Überfahrt ist unspektakulär, ich gehe zwei-, dreimal an Deck um zu fotografieren, ansonsten lümmeln wir in den Sesseln. Die meisten Leute schlafen. Das Entladen geht flott von statten und so sind wir schneller als gedacht wieder auf der Strasse. Die Temperaturen haben deutlich angezogen. Ich schwitze in meinen Sachen. Anja fühlt sich gerade so wohl. Nach 20 km muss ich anhalten und das Futter aus meiner Jacke entfernen. Alle Lüftungen an den Klamotten sind schon offen. Norwegen versucht Pluspunkte zu sammeln und Murphy hat scheinbar ein anderes Opfer gefunden. Wir genießen das Wetter und die Fjorde, kommen an Gletschern vorbei, durchfahren einige Tunnel (der längste davon 7,6 km und eisigkalt!), sehen Leute in den Buchten beim Baden (wie kalt wohl das Wasser ist) und halten in Meloy an einem REMA1000 um uns für den Abend zu versorgen. Die letzten km vergehen heute auch wie im Fluge und so kommen wir um kurz nach 18 Uhr am Campingplatz Furoy an. Direkt am Holandsfjord gelegen und nur wenige 100 m von der nächsten Fähre entfernt wollen wir hier unser Nachtlager aufschlagen. Das Wetter verlangt nach Zelten und so bauen wir geschwind unser kleines Haus auf.

Der Platz hat hervorragendes Wlan und ist insgesamt in einem super Zustand. Kann man glatt weiterempfehlen. Nach einem ausgedehnten Mahl sitze ich nun wieder daran, meinen kleinen Tagesbericht zu verfassen, solange die Erinnerungen noch frisch sind. Morgen werden wir die Küstenstrasse 17 verlassen und etwas ins Landesinnere fahren. Mal sehen wie es da so wird.

Skandinavientour 2016 – Tag 10 – 514km – Lofoten

Unsere Entscheidung hier einen Tag Pause zu machen war definitiv richtig. Der erste Blick ging nach dem Öffnen der Augen wie immer nach dem Wetter. Es ist trocken. Zwar noch bewölkt, aber trocken. Das Feng Shui hilft uns das Chaos in der Hütte zu beseitigen. Auch wenn man während der Reise einmal alles ausgepackt hat, findet es viel leichter seinen Platz wieder als zu Hause beim ersten Packen. Um kurz nach 9 sind wir bereits fertig zur Abfahrt. Fast eine Stunde früher als geplant. Wir wollen um 12:15 die Fähre von Sorrollness nach Harstadt nehmen und je früher wir loskommen, desto mehr Zeit bleibt für Fotostopps. Das Tagesziel ist der Campingplatz Ramstadt auf den Lofoten.

Mit jedem km den wir heute fahren wird das Wetter besser. Murphy hat scheinbar verschlafen. Als wir das Meer erreichen ist der Himmel komplett blau. Wir überqueren eine dieser hügelförmigen Brücken, um auf die Insel Andorya zu kommen. Es ist schon irre was die Norweger hier für Bauten erhalten müssen, um den Verkehrsfluss sicherzustellen. Eine schier unendliche Anzahl an Brücken und Tunneln verbindet die ganzen Inseln und Fjorde miteinander. Heute läufts, die Straßen sind schön kurvig, der Ausblick führt immer wieder zu ungläubigem Staunen und wir kommen zeitlich super voran. Die Verbindung zwischen Andorya und Rolla ist mal wieder ein Tunnel unterhalb eines Fjordes. Als nächstes sticht mir im vorbeifliegen (so kommt uns das fahren heute nämlich vor) eine gelbe Warntafel mit viel Text ins Auge. Egal, ich würde sie sowieso nicht verstehen. Angenehm auf Rolla ist die Tatsache, dass hier quasi kein Verkehr herrscht. Und dann endet unser Lauf jäh. Ein Bauzaun versperrt die Straße und eine Tafel mit viel Text hängt daneben. Sinngemäß steht darauf (dank google Translate übersetzt): Die Straße ist von Montag bis Freitag von 7 bis 17 Uhr immer wieder für 15 Minuten gesperrt. Wir warten also.

Nach ca. 20 Minuten kommt ein Auto und wir machen uns bereit weiterzufahren. Das Prozedere der geführten Baustellendurchfahrt kennnen wir inzwischen schon. Allerdings steigt der Fahrer mit Thermoskanne und Vesperbeutel aus und macht Anstalten davonzulaufen. Ich spreche ihn schnell noch an, ob man hier durchfahren kann oder nicht. Es ist schließlich der einzige Weg zur Fähre nach Sorrollness. Er verneint dies. Die Straße ist nicht befahrbar. Wir sollen ein Stück zuruück fahren, da ist ein provisorischer Fähranlager und die Fähre startet während der Baustellenzeit von dort. In mir kommen ungute Gedanken auf. Ist Murphy aufgewacht? Am improvisierten Fähranleger angekommen bewahrheiten sich meine Befürchtungen. Es gibt auch einen stark ausgedünnten Notfahrplan. Deshalb ist hier auch so wenig Verkehr. Nur ich hab diese Info nicht gehabt. Soviel zum Thema Vorbereitung. Vielleicht hätte ich doch ein wenig mehr machen sollen. Die nächste Fähre geht erst um 14:30 Uhr. Wollen wir hier wirklich fast 3 Stunden warten? Wir holen den Laptop raus und verschaffen uns in Basecamp einen Überblick. Mal schnell die Alternative um die Fjorde herum berechnen lassen. 3 Stunden und ca. 175km. Immer noch besser als hier rumsitzen. Wir verlieren keine Zeit und sehen mehr. Also schnell die neue Route aufs Garmin kopiert und los. Wir lassen fliegen, so fühlt es sich zumindest an.

Bei einem kurzen Tankstop begegnet uns eine Motorradfahrschule. Wir kommen ins Gespräch. In Norwegen sitzt der Fahrlehrer als Sozius auf dem Motorrad und hat Gas, Kupplung und Bremse nach hinten verlegt. Für uns eine unvorstellbare Situation. Für den norwegischen Fahrlehrer ist es unvorstellbar mit dem Auto oder eigenem Motorrad hinter dem Fahrschüler herzufahren. Da hat er doch gar keine Eingriffsmöglichkeit. Wir unterhalten uns noch ein wenig und dann geht es wieder weiter. Unser Tiefflug wird nur durch kurze Fotostopps unterbrochen. Als wir kurz nach Harstadt wieder auf unsere ursprüngliche Route fahren, sehen wir wie gerade die Fähre kommt. Wir haben also sogar noch Zeit gut gemacht und hinken dem morgendlichen Start nur 1,5 Stunden hinterher. Trotz allem haben wir am Nachmittag noch 300km vor uns bis ans Tagesziel. Gut, dass es nicht dunkel wird. Wir befinden uns inzwischen auf Hinnoya der ersten Insel der Vesteralen. Wir fahren am südlichen Rand der Insel entlang, bevor es weitergeht auf Austvagoy. Um ca. 17 Uhr rufe ich kurz auf dem Campingplatz an, um uns einen Platz zu sichern da wir wohl erst so gegen 20 Uhr dort ankommen werden. Die Dame ist fast schon ein wenig amüsiert von meinem inzwischen dritten Anruf und sichert uns zu, dass sie uns einen Platz reserviert und dass es kein Problem ist einen Platz bei Ihnen zu bekommen.

Inzwischen könnte man im 2 Minuten Takt anhalten um Bilder zu machen. Das Wetter ist der Hammer, die Landschaft ebenso. Türkisfarbenes Meer, wunderschöne Buchten, immer wieder diese Idyllischen bunten Holzhäuschen, unberührte Blumenwiesen und dahinter steile Berghänge mit schneebedeckten Gipfeln. Teilweise gehen die schroffen Hänge auch direkt aus dem Meer hervor. Auf der landesinneren Seite immer wieder Seen. Der absolute Hammer!!! Und hab ich schon erwähnt? Wir haben strahlend blauen Himmel. So langsam aber sicher wird es aber in den schattenzonen der Berge emfindlich Kalt. Wir sind immer wieder froh, wenn es zurück in die Sonne geht. Wir stoppen noch an einem REMA1000 um uns mit Essen und Getränken einzudecken. Tanken wollen wir kurz vorm Campingplatz noch, um morgen sofort startklar zu sein. Eigentlich viel zu schnell endet der heutige, doch relativ lange Fahrtag, als wir den Campingplatz in Ramberg erreichen. Wir rollen auf den Parkplatz vor der Rezeption als uns zwei Moppedfahrer mit langen Gesichtern entgegenkommen. Sie weisen uns daraufhin, dass hier alles voll ist. Ein Schild vor dem Eingang tut ein „Camping fully booked“ kund. Wir lächeln sie an und antworten, wir haben reserviert. Hoffentlich bleibt Murphy liegen! Ich gehe zur Rezeption und begrüße die Dame mit einem Lächeln und den Worten: Hi, I am the paranoid guy who called three times to get a reservation for a tent.“ Sie fängt an zu Lachen und antwortet mir, dass wir alles richtig gemacht hätten.

Ein großes „Reserved“ Schild liegt auf dem uns zugewiesen Platz. Schnell das Zelt aufgestellt und den Kocher angeschürt. Tee aufgesetzt und das Essen vorbereitet. Leider liegt unser Platz im Schatten und hier ist es schon empfindlich kalt. Man kann seinen eigenen Atem sehen. Ein Thermometer haben wir nicht, so genau wollen wir es aber auch nicht wissen. Um 22:30 Uhr schaufeln wir glücklich unser heißes Würstchengulasch in unsere leeren brummenden Mägen (die letzte Mahlzeit ist immerhin über 14 Stunden her). Das Gute an unserer späten Ankunft ist die kurze Wartezeit bis zur Mitternachtssonne. Um kurz nach 23 Uhr begeben wir uns an den nur 50m entfernten Strand. Stativ, Graufilter, Objektive, Fernauslöser und das ganze Zeugs haben wir dabei und bauen in Ruhe auf. Erste Testfotos sehen schon ganz gut aus. Als wir uns umdrehen staunen wir nicht schlecht, der Strand füllt sich sehr schnell mit Leuten. Ein paar Jugendliche spielen Fussball. Es gehen sogar Leute baden – BRRRRRRRR!!!! Ich sag nur 2cm!

Die Mitternachtssonne muss man mal erlebt haben. Ein Sonnenuntergang der direkt in den Sonnenaufgang übergeht. Ein Farbspektakel das seinesgleichen sucht. Glücklich fallen wir in unsere Schlafsäcke. Mir ist warm, Anja ist kalt…gut dass man die Schlafsäcke verbinden kann. So hat jeder was vom Zustand des anderen. Jetzt schnell einschlafen. Der Wecker klingelt um 7 Uhr da wir zur Fähre nach Moskenes müssen. 6 Stunden Schlaf sind nach so einem Tag ziemlich wenig Zeit, um die Eindrücke des Tages zu verarbeiten. Wenn man die Lofoten richtig erleben will und in sich aufnehmen will muss man hier Wochen wenn nicht sogar Monate verbringen. Der kurze Einblick den wir uns gegönnt haben hinterlässt auf jeden Fall nur ein Gefühl: WOW!!!