Route des Grandes Alpes – Tag 03 – 274km – Samoens

Oh wie schön doch so ein trockenes Hotelzimmer ist. Und so kuschelig warm. Und das Sena Headset hat die Nacht auch kuschelig verbracht, in einer Tüte mit Couscous. Das hat die Feuchtigkeit rausgezogen und es erkennt die SD Karte wieder. (Nachtrag: Das Headset hat den Rest der Tour tadellos funktioniert) Wir haben das Zimmer ohne Frühstück gebucht da wir uns ja bereits mit Essen eingedeckt hatten. Ich schüre den Kocher an und fackle beim vorheizen fast den ganzen Tisch ab. Ich bin ein wenig aus der Übung. Und der Kocher zickt auch mal wieder. Also Düse und Spindel rausgebaut und gereinigt und ein neuer Versuch. Er brennt wenn auch net ideal. Da muss ich nochmal in Ruhe ran. Wir kommen natürlich nicht so früh los wie gedacht…es wird 10:30 Uhr bis wir auf den Moppeds sitzen. Das macht aber nichts. Das Regenradar sagt dass es zwischen 13 und 14 aufhören dürfte. Also ist später starten besser für uns.

Nachdem wir den Speckgürtel von Bern verlassen haben geht es auf wunderbar kleinen Straßen durch saftig grüne Landschaften… von denen wir relativ wenig sehen. Sobald wir ein paar Höhenmeter machen sind wir in vor Nässe triefenden Wolken. Wenn wir unter den Wolken fahren regnet es. Aber heute haben wir die Aussicht auf einen schönen Nachmittag bei blauem Himmel. Den Nässe Höhepunkt haben wir auf dem Col des Mosses mit 1445 Höhenmeter, hier hat es ca. 5 Grad und die nassen Füsse werden empfindlich kalt. Es zieht sich aber ganz schön bis es soweit ist.

Erst kurz vor dem Genfer See als wir das letzte Tal verlassen reisst langsam der Himmel auf und erste Blaue Fetzen zeigen sich. Als wir dann endlich am See ankommen sind die Klamotten schon fast trocken geblasen. Nur in meinen Stiefeln hält sich hartnäckig ein feuchtes Klima. Die werden nächsten Winter dringend mal zu Daytona zwecks Überholung geschickt. Der Genfer See liegt schön ruhig unter dem blauen Himmel und man merkt deutlich dass man in einer Touri Region angekommen ist. Der Verkehr und die Menschen werden mehr. Als dann die Strandpromenanden beginnen halten wir Ausschau nach einem Cafè. Die Französische Seite des Sees scheint nicht ganz so dicht bebaut zu sein wie die Schweizer Seite. Und so fahren wir tatsächlich einige Kilometer bis wir eine ansprechende Patisserie gefunden haben.

Hier decken wir uns mit mehreren Tartelettes, Tee und Kaffee ein, ziehen die mittlere Klamottenschicht aus und setzen uns in die Sonne. Jetzt sind wir angekommen auf dieser Reise. Das Wetter ist gut, es riecht angenehm, wir verstehen die Sprache nicht mehr. Alles ist gut! Wir nehmen noch einen überdimensionalen Cookie mit fürs Abendessen, dann starten wir auf die Route des Grandes Alpes.

Sagenhafte Kurven gleich zu Beginn! Der Verkehr ist dicht, das ermöglicht es uns mitzuschwimmen und uns an die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zu gewöhnen. Bis wir den ersten Pass der RDGA (Route des Grandes Alpes) erreichen sind wir voll im Kurvenflow angekommen. Kurz vor dem Col des Gets (1172 m) stoppen wir an einer Fromagerie/Boulangerie und kaufen Reblochon und noch einen Käse aus dem Nachbartal dessen Namen ich wieder vergessen habe. Auch eine luftgetrocknete Salami wandert mit in die Einkaufstüte. Nachdem wir den Pass dann überquert haben geht Anja noch in einem Sherpa Supermarche einkaufen und holt frisches Baguette, eine Gurke und Wasser. Nachdem wir den Pass hinter uns gelassen haben biegen wir nach links ab in ein Tal welches für uns eine Sackgasse darstellt. Wir wollen noch zur Cascade du Rouget, einem imposanten Wasserfall. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit beschließen wir zuerst zum Campingplatz am Ende des Talkessels zu fahren und den Wasserfall morgen früh anzuschauen. Dieser Plan geht leider nicht auf.

We are fully booked ist die Aussage die wir auf dem idyllisch gelegenen Platz nicht hören wollten. Also heisst es für uns wieder zurückfahren. Da es keinen Sinn macht morgen nochmals in die Sackgasse zu fahren beschließen wir gleich noch bei der Cascade vorbeizuschauen. Hier ist die Hölle los. Man kann direkt bis an den Wasserfall heranfahren, was sehr viele Besucher auch tun, wir eingeschlossen. Schnell ein paar Bilder gemacht. Für Stativ und ND-Filter ist die Gischt viel zu stark. So schnell kann man garnicht wischen. Also muss es der Stabi vom Objektiv richten.

Wir fahren den Weg zurück welchen wir gekommen sind und halten die Augen offen nach dem nächsten Campingplatz. In der Hoffnung noch ein freies Plätzchen zu bekommen steuern wir den Platz Camping Caravaneige Le Giffre in Samoens an. Wir haben Glück und es gibt hier sogar free Wifi. Gemütlich bauen wir das Zelt auf und richten unser Essen an. Käse schmeckt immer dort am Besten wo er auch produziert wird. Reblochon kommt aus Hochsavoyen und so genießen wir eben diesen hier. Der zweite Käse – Abondance (ich hatte ein Bild vom Schild gemacht) schmeckt auch hervorragend und die La Tournee des Alpes genannte Wurst ergänzt die Geschmacksexplosion perfekt. So kann es weitergehen! Morgen wollen wir dann einen Beaufort testen.
Heute ist es spät geworden. Um 23 Uhr sitzen wir immer noch wach im Zelt und sind über Routenplanung und Niederschrift der Erinnerungen. Draußen ist es kalt geworden und so freuen wir uns über die kuscheligen Temperaturen im Zelt.

Route des Grandes Alpes – Tag 02 – 206km – Belp

Wir haben gefühlt ewig geschlafen… um kurz nach 8 Uhr mache ich die Augen auf. Erster Check – es regnet nicht. Das ist gut. Ich mache mich gleich mal an die Vorbereitungen für das Frühstück. Anja kommt wenig später dazu und wir lassen es uns schmecken. Wir sind völlig gechillt unterwegs und unser Packfengshui passt auch noch nicht wirklich. So brauchen wir ewig bis wir endlich los kommen. Um kurz nach 11 Uhr verlassen wir den Platz. Aber noch geht es nicht richtig los. Wir wollen erst noch einkaufen. Da wir uns bei so Dingen wie Brot, Obst, Gemüse und Wasser die Schweizer Preise sparen wollen machen wir noch kurz halt an einem Penny. Nachdem die Einkäufe verstaut sind geht es dann endlich richtig los.

Irgendwie bin ich heute ein wenig träumerisch unterwegs und verpasse eine Abzweigung nach der anderen. Bis wir an der Grenze sind musste ich schon dreimal wieder zurück zur Route suchen. Über die Grenze sind wir noch trocken gekommen, dann fängt es an zu tröpfeln. Wir waren uns ja bewusst dass Regen angesagt war, aber was heute noch kommen sollte stellte uns dennoch auf die Probe. Erstmal folgten nun aber die ersten „kleinen“ Pässe. Wenige Hundert Höhenmeter aber doch schon mit ein paar schönen Kurven gesegnet fuhren wir kleine und kleinste Strässchen durch die grünen Hügel. Weinberge und Kuhweiden säumten den Weg und wir legten den einen oder anderen kurzen Stopp für ein Foto ein. Die meiste Zeit quasselten wir auch entspannt über die Headsets und ich verpasste wieder eine Abzweigung nach der anderen.

Der Regen wurde mehr und mehr. Und hier hört auch die Beschreibung des weiteren Weges auf. Anja wollte nicht durch die Schweiz fahren da wir in der Schweiz bisher immer schlechtes Wetter hatten. Ich dagegen wollte durch die Schweiz fahren weil wir hier immer schlechtes Wetter hatten. Wir hatten nur beide unterschiedliche Gedanken wie dieser Aufenthalt laufen könnte. Anja behielt recht. Den Rest des Tages regnete es in Strömen. Die Schweiz hat echt schöne Strassen und Landschaften zu bieten, nur wenn man sie nicht sieht vor lauter Wolken und Wasser das vom Himmel fällt, dann hilft das nicht viel. Nach mehreren Stunden im Regen und in den Wolken fassten wir den Entschluss uns noch in einer Käserei mit lokalem Käse zu versorgen und dann ein Hotel anzusteuern. Die Lust aufs Zelten war im wahrsten Sinne des Wortes weggeschwemmt worden. Die Route wurde ein wenig korrigiert und im Speckgürtel von Bern fanden wir in Belp den QCM-Campus. Eigentlich ein Qualitätsmanagement Betrieb für die Flugbranche. Aber im Campus gibt es auch ein paar Zimmer für Tagungsteilnehmer oder eben spontane Gäste wie uns. Die Dame am Empfang sah mich ein wenig mitleidig an als ich so triefend nass vor ihr stand. Mir tat es leid dass ich eine Pfütze vor Ihren Tresen machte. Schnell waren die Details geklärt, die Kreditkarte machte den Rest und schon waren wir in einem warmen Zimmer mit großzügigem Balkon und bestem Ausblick auf das Regenwetter.

Zwei heisse Schokoladen und ein bisschen Tee später hatten wir uns dann auch akklimatisiert und ich versuchte die Kamera im Sena 10C Evo wieder zum Leben zu erwecken – „Keine SD-Karte gefunden“ ist die einzige Meldung die dem Gerät noch zu entlocken ist. Na toll, gerade erst gekauft und schon kaputt. Ich bin gespannt was Sena dazu sagt. Bilder und Videos während der Fahrt sind dann ab jetzt mal gestorben. Ein super Start in 2 Wochen Motorradreise.

Zum Abendessen gönnen wir uns Käse, Brot, Paprika, Gurke und Tomaten. Dann gibt es noch eine heisse Dusche und ich veröffentliche endlich den Bericht unserer Tour durch den Bayerischen Wald. Kurz vor 21 Uhr kommt dann doch noch ein bisschen die Sonne raus und der Ausblick vom Balkon ist sehenswert. Wir sind allerdings schon dabei uns fürs Bett fertig zu machen und lassen den Abend ausklingen. Morgen solle es dann endlich nach Frankreich gehen und wir wollen den ersten Pass der Route des Grandes Alpes erklimmen.

Tessintour 2014 – Tag 4 – Heimweg – 585 km

Aufrgund der Wetterlage in den Bergen haben wir gestern beschlossen heute bereits den Heimweg anzutreten. Wenn man zum Fenster rausschaut kann man schwer glauben dass in wenigen Kilometern Distanz bereits Schnee liegen soll. Stahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Kaum geht man um die Hausecke und schaut in Richtung Norden sieht man Schneebedeckte Berge, und die Schneegrenze ist erschreckend tief. Wir haben uns den Wecker auf 6:30 gestellt um möglichst bald los zu kommen. Wir wollen unterwegs entscheiden ob wir in einem Rutsch durchfahren oder noch eine Übernachtung einlegen. Soviel vorweg, wir sind durchgefahren.

Für den Anfang starten wir in Richtung Süden am Lago di Como entlang. Der Weg heute führt uns wieder nach Lugano, allerdings queren wir weiter nördlich als gestern. Wir fahren den Lago di Lugano von oben an. Der Plan ist in Lugano zu tanken und Vignetten zu erwerben und dann auf die Autobahn zu fahren. Der San Bernardino und der Gotthard Pass sind aufgrund des Schneefalls geschlossen. Die Tunnel allerdings sind offen. Wir entscheiden uns für den Bernardino. Die Anfahrt gestaltet sich äußerst windig. Die Schneegrenze nähert sich unausweichlich, so langsam sieht es neben der Straße aus wie gezuckert. Nur der Bernardino Tunnel verbirgt noch vor uns wie es wohl auf der Nordseite aussehen mag?

Wir durchqueren ihn und genießen das warme Klima im Tunnel in dem Wissen dass es am Ende der Röhre deutlich kühler sein wird. Am Tunnelausgang angekommen tauchen wir ein ins Winterwonderland. Die Bäume ächzen unter der Schneelast. Eine Traumumgebung für Weihnachten. Aber was tun wir gleich nochmal hier? Motorradfahren!!! Gott sei dank sind die Strassen frei. Wir cruisen lässig die Autobahn hinab. Wobei Autobahn hier nicht mit einer 6-spurigen Deutschen Autobahn verwechselt werden darf. Wir bewegen uns auf einer eher mit einer Bundesstraße vergleichbaren Route. Dementsprechend hoch ist eigentlich der Fahrspass. Die Höhenmeter purzeln und der Schnee lässt langsam, ganz langsam nach. Nachdem wir unterhalb der Schneegrenze sind legen wir einen Stopp ein und ich darf mir erstmal anhören dass wir nie mehr in die Berge fahren! Und dass die Schweiz wettermäßig (wir erinnern uns an unseren Kurztrip 2013) einfach nicht für Aufenthalte mit dem Motorrad geeignet wäre.

Eine Tasse Tee und ein wenig Nougat später fahren wir gen Grenze. Um in Österreich die Autobahnmaut zu vermeiden quälen wir uns mal wieder durch Bregenz, nehmen noch eine günstige Tankstelle in Anspruch und fahren in Lindau auf die Deutsche Autobahn. Es regnet gerade was runtergeht, lässt aber erfreulicherweise nach. Ein paar Kilometer weiter wird es endlich trocken und wir beschließen keine Übernachtung mehr einzulegen. Wir ziehen es durch, noch ein kleiner Stopp an einem Subway um den knurrenden Magen zu besänftigen. Einige Baustellen später zieht Anja vor mir in Aurach von der Autobahn runter. Wir drehen noch eine kleine Abschlussrunde um die eckigen Reifen wieder ein wenig in Form zu bringen. Ein wundervoller Sonnenuntergang schließt diesen Tag und damit den Ausflug ins Tessin (ohne längeren Aufenthalt im Tessin) ab.

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Fazit der Tour: Wir wohnen auf der falschen Seite der Alpen! Macht aber nix in 1,5 Wochen sind wir wieder im Süden, dann allerdings ohne Motorräder.

Daten zur Tour: 1.520km in 4 Tagen, Tiefster Punkt: 188m, Höchster Punkt: 2.737m, Anstieg/Abstieg je 15.890m

P.S. Anja findet meine Sicht des heutigen Tages sehr beschönigend, sie fand die Wetterlage am Bernardino eher nervenaufreibend und wollte mich kurzzeitig für diese Tour auf einem Scheiterhaufen abfackeln!

Tessintour 2014 – Tag 3 – Drei Seen Tour – 276 km

Der Tag heute begann am Laptop. Wetter checken, Webcams checken. Der San Bernardino ist schneebedeckt, damit fällt die Tour nach Bellinzona flach und wir fahren die Tour über die Seen Lago di Como, Lago di Lugano und Lago Maggiore. Die Gedanken an den Heimweg lassen sich auch nicht mehr verdrängen, einen Pass wie den Flüelapass bei Schnee fahren, ob das so eine gute Idee ist? Naja erstmal ist heute wieder blauer Himmel angesagt. Zumindest wenn man gen Süden schaut. Im Norden sieht das ganz anders aus. Gestern Abend wütete hier noch ein Sturm dessen Spuren zu sehen sind. Die Bäume haben alle Blätter verloren.

Wir gehen erstmal frühstücken und freuen uns über reginalen Käse und luftgetrocknete Salami. Nach dem Frühstück ab in die Klamotten und auf die Moppeds. Wir fahren am Ufer des Lago die Como entlang nach Süden. Wie erwartet ist der Weg geprägt von vielen Ortschaften und Begrenzungen auf 50 km/h. Ein paar Fotostopps und einige Tunnel (um das vorankommen etwas zu beschleunigen, man könnte auch komplett am Ufer entlangfahren) später geht es schon nach rechts weg in Richtung Lugano.

Auf dem Weg in die Schweiz erreichen wir den heutigen höchsten Punkt mit fast 900 Höhenmetern. Einige Kehren versüßen uns den Weg. Die Grenzer sind entspannt und winken uns durch. Der Abstieg zum See gestaltet sich als wahre Freude, wird aber jäh eingebremst durch eine Vollsperrung welche von zwei Polizisten durchgesetzt wird. Wir müssen einen anderen Weg wählen, was sich allerdings nicht als Nachteil herausstellt. Kleinste Gassen und einige Serpentinen später kommt der Lago Lugano in Sicht. Schnell überquert und in die Großstadt gestürzt. Unsere Tanks verlangen zwar noch nicht nach Füllung, aber in der Schweiz ist das Benzin deutlich günstiger als in Italien. Wir legen einen kurzen Stop ein um dies auszunutzen.

Hier ein erster Versuch eines Videos:

Beim verlassen von Lugano biege ich falsch ab und wir drehen eine Ehrenrunde um den Laghetto di Muzzano. Nachdem wir den richtigen Weg wieder gefunden haben bewegen wir uns an der Landesgrenze entlang in Richtung Lago Maggiore. Das Ufer des selbigen lässt unseren Weg gen Süden schwenken und das Drama nimmt seinen Lauf. Was heisst Drama, schlimm ist es eigentlich nicht, aber unsere Vorstellung war ein wenig anders. Wir hatten viele bewohnte Gebiete erwartet, und somit ein langsames vorankommen, aber nicht soviele! Es ist eher eine Plage als eine Freude am Lago Maggiore entlang zu schleichen. Die Verkehrsdichte ist relativ hoch und das höchste der Gefühle sind einige wenige Passagen mit 70km/h für wenige hundert Meter. Den Weg um den Lago di Garda habe ich da wesentlich schöner in Erinnerung. Es zieht sich auf jeden Fall ewiglich bis wir am Südende des Lago Maggiore endlich wieder abdrehen und zurück zum Lago di Como streben.

Aber auch dieser Weg hat es in sich. Haben wir letztes Jahr noch über die Schweiz geflucht, so schlägt diese Gegend Italiens die Erinnerungen haushoch. Eine einzige nicht enden wollende Ortschaft. Wir halten Ausschau nach etwas essbarem und werden endlich auch in einer Gelateria fündig. Hier essen wir zwei Panini mit Schinken, Mozarella und Feldsalat – ein Genuss. Durch den Feierabendverkehr der Stadt Como kämpfen wir uns wieder ans Seeufer zurück. Ums mit Obelix worten zu sagen: Die spinnen die Italiener! Zweispurige Kreisverkehre welche vierspurig befahren werden. Jeder fährt wie er will. Rote Ampeln werden komplett ignoriert. Wir Deutschen sind da sehr verwöhnt von unseren strikten Regeln und Ihrer akribischen Einhaltung (bis auf wenige Ausnahmen).

Das Ostufer des linken Ausläufers des Sees hingegen erfreut uns mit einer anspruchsvollen und sehenswerten Straßenführung. Wir wollen nach Bellagio um per Fähre nach Varenna überzusetzen. Die Straße ist schmal und kurvenreich. Der Verkehr ist quasi plötzlich versiegt und wir stoßen nur hin und wieder auf ein Auto. 50km/h sind eine angenehme Geschwindigkeit, die V2 Motoren ziehen im dritten Gang sauber aus den Kurven raus und wir genießen die Strahlen der untergehenden Sonne. In Bellagio an der Fähre sprechen uns zwei ältere Kölner Pärchen an. Die Frauen sind begeistert dass Anja so ein schweres Motorrad so weit durch die Gegend bugsiert. Die Herren interessieren sich für den Touratech GPS Halter und die LED Tagfahrlichter. Um 17:30 befahren wir die Fähre und starten mit der 15 minütigen Überfahrt. Es war den ganzen Tag schon sehr windig, aber hier auf dem See erreicht die Brise ihren Höhepunkt. Wir stehen mit Helm auf dem Kopf und geschlossenem Visier neben den Motorrädern um sie zu sichern.

In Varenna angekommen sind es nicht mehr ganz 30km bis zum Hotel Maloia. Wir erfahren die letzten Kurven des Tages und blicken Sorgenvoll gen Norden in die Berge. Die dunklen Wolken haben sich noch nicht verzogen. So schön das Wetter auf der heutigen Tour war, so schlecht ist das Wetter auf den Pässen. Direkt nach der Ankunft im Hotel und kurzer Recherche der aktuellen Webcambilder und des Wetterberichtes im Internet beschließen wir morgen den Heimweg anzutreten. Wir wollen versuchen von Lugano aus per Autobahn durch die Berge zu kommen. Ob wir dann direkt durch fahren oder nochmal einen Zwischenstop einlegen, werden wir spontan entscheiden.

Tessintour 2014 – Tag 2 – Lago di Como – 235 km

Nach einer ruhigen Nacht freuten wir uns beim ersten Blick aus dem Fenster über den blauen Himmel. Wir trödelten ein wenig herum da wir im Hinterkopf hatten dass heute nur gute 200 km geplant sind.

Das Frühstück begeisterte uns mit geräuchertem Schinken und frischen Vinschgauern. Der erneute Blick aus dem Fenster offenbarte uns dicke Regentropfen. Egal wir trödelten weiter und so kam es dass der Regen über uns hinweg war als wir endlich die Motorräder beluden um zu starten. Ich wollte nochmal einen kurzen Stop am Kirchturm einlegen um den dortigen Cache zu heben. Nach diesem Stop ging es dann endlich richtig los. Den Reschenpass runter und ab in Richtung Passo di Stelvio (Stilfserjoch).

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Die Nordrampe des Stilfserjochs ist bekannt für Ihre engen Kehren und so kommen wir auch nicht sonderlich schnell vorwärts. Ein Erlebnis ist die Auffahrt allerdings definitiv und dies nicht nur aufgrund des gesichteten Erlkönigs auf Testfahrt. Am Pass angekommen folgt der obligatorische Fotostopp und ein Tässchen Tee. Hier oben sind wir ziemlich froh unsere Mützen mitgenommen zu haben. Ohne Helm ist es ganz schön kalt an den Ohren.

Die Südseite hinab ist wesentlich flüssiger und vor lauter Fahrfreude verpasse ich den Abzweig in Richtung Passo di Foscagno. Mir war bei der Planung gar nicht bewusst dass die Gegend um Livigno ein Zollfreies Gebiet ist. An der ersten Tankstelle haue ich dementsprechend kurzfristig den Blocker rein – Super 1,09 EUR!!! Erstmal Volltanken, wenn nicht der rein italienische Kassenautomat wäre. Dank der Hilfe einer Italienerin konnte auch dieses Problem gelöst werden. Es folgt der Passo Eira und dann gehts ab nach Livigno. Über den Forcola di Livigno machen wir nochmal einen Abstecher in die Schweiz. Hier begleitet uns beim konstanten Höhenmeter Verlust der Bernina Express,eine der Rhätischen Bahnen. Irgendwann müssen wir diese auch einmal in Anspruch nehmen und diese andere Art des Reisens testen. Ein besonderer Augenschmauß ist das Kreisviadukt Brusio. Wir ziehen langsam vorbei und nähern uns dem nächsten Länderwechsel um endgültig in den Süden einzutauchen. Der Verkehr wird dichter, die Temperaturen steigen (26° Grad um 17 Uhr).

Das Tagesziel rückt in greifbare Nähe, ein Highlight sollte aber noch kommen. In Sondrio verlassen wir die Hauptstrasse und folgen Serpentinen den Berg hinauf um auf der Höhe ein wenig parallel zur Hauptstrasse zu fahren. Aber nur ein wenig, der Abstieg folgt sehr schnell wieder und führt uns durch typische Italienische Gassen mit engen Kehren. Ein Genuss ist diese Straßenführung. Allerdings ist sie nicht geeignet um zügig voranzukommen.

Trotz der kilometertechnisch relativ kurzen Tagesstrecke ist es inzwischen kurz nach 16 Uhr und wir müssen uns noch eine Unterkunft als Basislager für die nächsten Tage suchen. Der Anspruch ist also ein wenig höher als bei einer einzelnen Übernachtung. Enige vorab im Internet recherchierte Adressen sollen uns dies erleichtern. Das auffinden des ersten Hotels gestaltet sich nicht ganz trivial, dafür ist dieses bereits ein Volltreffer. Wir checken im Hotel Maloia in Dubino für die nächsten Tage ein. Ein kleiner Pizzaimbiss nebenan sorgt mit Holzofen für unser Abendessen.

Noch sind wir unentschlossen wie es weitergehen soll. Der Wetterbericht sieht nicht wirklich gut aus. Eine Tour um die oberitalienischen Seen wollen wir drehen und einen Abstecher ins Tessin (das eigentliche Ziel unserer Reise) nach Bellinzona steht auch noch auf dem Programm. Der Weg dorthin ist eigentlich über den San Bernadino angedacht, dort aber soll es morgen schneien. Nunja erstmal eine Nacht drüber schlafen, dann sehen wir was wir machen.

Kurztrip – 1228 km Schweiz mit dem Motorrad

Zum Ausgleich nach unserer Tour auf der Ostroute der Motorradstrasse Deutschland haben wir noch drei Tage Schweiz hinten dran gehangen. Nach unserer Heimkehr am Freitag Abend war noch ein wenig Wartung am Motorrad nötig. Die Bremsbeläge mussten noch gewechselt werden (jetzt sind EBC Goldstuff Sintermetall Beläge verbaut), der Hauptständer musste vor dem Pässefahren noch weg und die Kette brauchte ein wenig Zuwendung. Am Samstag morgen klingelte der Wecker um 6:30 Uhr. Irgendwie hatte sich eine Zeitspanne von 2 Stunden zwischen Aufstehen und Abfahrt in den letzten Tagen eingependelt. Auch heute sollte dies so sein. Um 9:30 Uhr starteten wir in Richtung Schweiz. Die Anfahrt war komplett über Landstrassen geplant. Die ersten Kilometer absolvierten wir auf wohlbekanntem Terrain bei tadellosem Wetter. In Nördlingen war dann der erste Tankstop fällig. So schön das Wetter startete so schnell lies es nach. Nebel zog auf es fing an zu nieseln und die Temperatur ging runter. Zwei langwierige Parts hatten wir heute vor uns. Der eine war Ulm. Liegt mitten im Weg und irgendwie muss man durch oder drumherum. Wir wählten den Weg hindurch. Sollten wir mal wieder hier vorbeikommen werden wir mal außen herum probieren.

Der weitere Weg war leider beherrscht vom schlechten Wetter. So dass wir uns sogar dazu entschlossen eine Pause bei MC Donalds zu machen. Warme Pommes, eine Toilette und bequem sitzen. Wir hielten Zielstrebig auf die Grenze zu. Hier begann der zweite langwierige Part. Dank dem Motorrad konnten wir uns ein wenig in der Warteschlange an der Grenze nach vorne mogeln. Mögen die Autofahrer uns verzeihen. Endlich in der Schweiz angekommen mussten wir feststellen dass die geplante Route durch unendliche Orte und Geschwindigkeitsbegrenzungen führte. Das Motto lautete inzwischen nur noch „endlich ankommen“. Die letzten 9 Tage steckten und noch in den Knochen und dies merkten wir heute deutlich. Gegen 17 Uhr kamen wir dann in Menzberg im Haus Donnerhof an und konnten unser Zimmer beziehen. Das letzte Stück nach Menzberg entschädigte nochmal für die langwierige Anfahrt heute. Kleine Strasse, viele Kurven und einige Höhenmeter. Menzberg ist mit 1023 Metern über Null der höchstgelegene Ort am Napf. Wir haben leider am Samstag keine Bilder vom grandiosen Ausblick von unserer Unterkunft aus gemacht. Sonntag und Montag sollte uns dieser nicht mehr vergönnt sein. Ich verweise daher auf einen Beitrag des unterwegsblog.de. Hier gibt es ein paar Infos zu Menzberg. An diesem Abend machten wir uns nochmal auf um Regina zu Ihrem Geburtstag zu besuchen. Gegen 2 Uhr legten wir uns ab da wir ja für den Sonntag ein paar Pässe geplant hatten.

Der Sonntag morgen begrüsste uns so wie der Samstag geendet hatte mit Nebel und maximalen Sichtweiten von 40-50 Metern. Der Wetterbericht war allerdings etwas positiver. Nachdem wir ein paar Webcams konsultiert hatten entschlossen wir uns loszufahren. Angedacht waren heute insgesamt neun Pässe und gute 300km. Um ca. 11 Uhr starteten wir dann den Weg ins Tal zu einer Tankstelle um für den ersten Pass des Tages gerüstet zu sein, den Glaubenbielen.

Auf dem Pass konnten wir den Nebel unter uns lassen. Dieses Spielchen sollten wir heute noch häufiger mitmachen. Durch den Nebel hoch. Oben dann Regen oder grauer Himmel, dann wieder durch den Nebel runter. Am Lungerer See machten wir einen kurzen Fotostop. Diese sollte sich im Laufe des Tages in Grenzen halten da es im Nebel nicht viel zu sehen gab und es ansonsten sehr Nass war.

Es folgte der Brünigpass und der Chirchen. Auf dem Weg zum Grimselpass machten wir einen kurzen Stop an dem Tradi Bi dr Gelmerebahn. Der Weg auf den Grimsel war Wettertechnisch okay, auf der anderen Seite des Passes sah es dann wieder ganz anders aus. Mal wieder Regen. Zwischen Furka und Grimsel trafen an wir an der Haltestelle Gletsch nicht nur die Dampfbahn sondern auch noch zwei Spanier mit Ihren Motorrädern. Wir durften live dabei sein als die Dampflok den Zug in Fahrt brachte.

Auf dem Furka war es dann wirklich kalt und es wehte auch noch ein garstiger Wind. So dass wir zügig weiterfuhren. In Hospental stellte sich dann die Frage ob wir den Gotthard fahren oder nicht. Wenn wir schonmal hier sind… Leider mussten wir nach ca. 10 km wieder umkehren da das Wetter vor uns immer schlechter wurde. Wir wollten den Gotthard auf der alten Straße hin und zurück fahren, aber manchmal ist es besser abzubrechen. Wir wendeten also und beeilten uns vor der schlecht Wetterfront zu fliehen. Im Nachhinein betrachtet kam nun der Pass welcher uns heute den meisten Spass bereitet hat – der Sustenpass. Der Weg hinauf zog sich in langen zügigen Kurven war die wohl am flüssigsten zu fahrende Strecke heute. Auf dem Abwährtsweg stoppten wir noch an dem Earthcache Der Stei(n)gletscher.

Um den Nachhauseweg nicht zu 100% mit dem Weg des Vormittags zu überschneiden fuhren wir nach dem Chirchen und Brünigpass in Richtung Glaubenbergpass. Dieser sollte uns aufgrund des wiederkehrenden Nebels allerdings keinen Spass bereiten und auch immens viel Zeit kosten.

Kurz nach 19 Uhr trafen wir völlig erschöpft wieder in Menzberg ein. Der heutige Tage hatte enorm viel Energie gekostet. Wir hatten in 8 Stunden 323km unter widrigsten Bedingungen zurückgelegt. Wir bereiteten uns noch eine warme Mahlzeit auf dem Gaskocher und fielen schnell in einen tiefen Schlaf.

Montag war nun der letzte Tag unserer Tour. Wir spürten deutlich die Anstrengungen der letzten beiden Tage und entschieden uns den Heimweg übers Vierländereck anzugehen und in Deutschland die restliche Strecke auf der Autobahn zurückzulegen um zügig nach Hause zu kommen. Der Schweizer Anteil der Strecke zog sich noch ganz schön in die Länge. Erfreulicherweise ist der Shimmy des Continental Trail Attack 2 deutlich weniger geworden. Verschwunden ist er nicht, aber erträglich. Wir werden als nächsten Reifen trotzdem wieder den Michelin Pilot Road 3 montieren. Oder vielleicht doch den Heidenau Scout K60? Mal sehen wie das Anforderungsprofil der nächsten längeren Tour aussieht.

Nach der Tour ist vor der Tour!