Skandinavientour 2016 – Tag 15 – 324km – Ottadalen

Highlights, heute gibts Höhepunkte. Atlantikstraße, Trollstiegen und Geirangerfjord warten auf uns. Wir sollten aus dem Bett springen und losflitzen. Unmöglich! Die Erschöpfung ist zu groß. Wir überlegen, die Hütte für eine Nacht länger zu nehmen und einen Pausentag einzulegen. Ein Blick auf die Wetterapp sagt uns, dass wir nichts davon hätten, außer noch mehr Regen. Also doch aufstehen, frühstücken und packen. Je mehr wir ausgepackt haben desto schneller sind wir beim zusammenpacken und desto früher kommen wir los – komische Logik, ist aber so. Bei Regen werden die Moppeds beladen. Als wir dann um kurz vor 10 Uhr in Regenklamotten startbereit sind hört es auf.

Zur Atlantikstraße ist es nicht weit, aber vorher entdecken wir noch einen Wegweiser zu einer Stabkirche. Also schnell die Route im Kopf geändert und links abgebogen. Der kleine Umweg führt dazu, dass wir die Insel Averoya auf einer kleinen Straße entlang der Küste quasi umfahren, statt den schnellen Weg über die 64 zu nehmen. Egal, wir haben heute dicke Zeit. Zahlreiche Fotostopps und kleine Ausreißer sind heute auch ok. Als wir dann auf den vielen Brücken der Atlantikstraße angekommen sind, regnet es wieder. Trotzdem wird ein Stopp eingelegt und ein Norweger bekommt auf Englisch eine Kaufberatung zur V-Strom. Fast hätte ich noch das Motorrad von Anja während ihrer Abwesenheit verkauft *g*. Ich muss gestehen, ich hatte mir die vielen Brücken imposanter vorgestellt. Ich glaube wir stumpfen hier ab. Fährüberfahrten sind nichts besonderes mehr. Unterseetunnel gibts täglich. Letztens war noch der alte Elbtunnel in Hamburg eine Attraktion. Jetzt ist er nur noch ein mickriges Ding. Und Brücken bauen das können die Norweger auch. Vielleicht ist es aber auch das schlechte Wetter, das schon wieder auf die Laune drückt. Wir kriegen fast jeden Tag ordentlich Regen ab.

Naja es gibt ja noch mehr Highlights heute. Der Trollstiegen steht als nächstes an. Wasserfälle, eine tolle Serpentinenstraße und es geht endlich mal richtig in die Höhe! Erstmal geht es nochmal mit einer Fähre über einen Fjord. Wir bekommen zusammen mit 4 Schweden einen Platz unter Dach zugewiesen und das Personal lässt das kassieren bei uns bleiben. Ob aus Mitleid, weil wir so nass sind oder weil sie uns schlicht vergessen haben bleibt offen. Nach der Fähre gibt sich das Wetter Mühe und wir kommen trocken am unteren Ende des Trollstiegen an. Ein heftig winkender Mann mit Fahne und Warnweste macht uns aufmerksam. Willkommen im heutigen Alptraum! Auf dem Trollstiegen ist ein Triathlon. Er ist aber nicht etwa gesperrt. Nein das wäre zu einfach. Reisebusse, Wohnmobile, Autos mit Wohnwagen, LKW, normale PKW und Motorradfahrer teilen sich die Serpentinen mit den im Wettbewerb befindlichen Radfahrern. Die Hölle bricht über uns herein. Mit schleifender Kupplung im 1. Gang geht es den Berg hoch. Von hinten drängeln Triathleten die sich ihre Zeit nicht versauen wollen. Die Straße ist völlig verstopft. Die Emotionen kochen hoch. Anfeuernde Leute die am Fahrbahnrand parken machen das Ganze nicht besser. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Endlich oben angekommen kochen die Motorräder und unsere Gemüter. Lust auf ein Foto vom Trollstiegen haben wir keine mehr, da am Aussichtspunkt auch noch die Wechselzone von den Fahrrädern zum Laufen ist. Ich kann mich nicht mehr zusammenreißen und blaffe die Ordner an uns durchzulassen damit wir von diesem „fucking mountain“ wieder runterkommen. Das was der Veranstalter hier fabriziert hat ist lebensgefährlich für alle Beteiligten.

Einige km weiter stoppen wir und zwingen uns zur inneren Ruhe. Emotionsgeladen Mopped zu fahren, in einer Kurvenlandschaft wie hier, ist nicht gut. Anja hat ihren inneren Pessimisten wiedergefunden und möchte am liebsten alle Fahrradfahrer der Welt anbrennen. Nach dieser Beruhigungspause geht es weiter zur nächsten Fähre. Den Norddalsfjorden überqueren wir gemeinsam mit einem deutschen Motorradfahrer, der sich wundert wie man mehr als 300km an einem Tag fahren kann. Ich glaube, er ist hier im falschen Land. Die Distanzen hier überwindet man nicht wenn man pro Tag nur 150km schafft. Soviel Urlaub haben wir leider nicht zur Verfügung, um so zu trödeln. Er verbringt 11 Tage hier. Weit kommt er da nicht.
Der Geiranger soll es nun also richten. Er muss den Tag retten. Nichtmal das Nordkapp und die Lofoten sind so touristisch überlaufen wie dieser Fjord. Sofort werden wir angequatscht ob wir ein Gruppenfoto von ein paar Deutschen machen können. Imposant ist der Fjord mit seinen steilen Wänden ja schon. Die Aida Sol liegt vor Anker und wirkt richtig mickrig wenn man so von oben in den Fjord hinabblickt. Wir kommen kurz auf den wahnwitzigen Gedanken hier zu übernachten, lassen diesen aber sofort wieder fallen als wir den ersten Campingplatz sehen.

Am Ende des Fjordes quälen wir uns hinter Reisebussen und mit den Handys aus dem Fenster knippsenden Japanern die Serpentinen hoch. Es geht auf über 1000m in die Höhe. Wir sind umringt von großen Schneefeldern, die Temperatur sackt ab und es schüttet. Es gibt tatsächlich angenehmere Momente als diesen. Die Highlights sind irgendwie alle nicht so toll, wie erwartet oder haben einen riesen Haken und dann noch das: Ewig kommt kein Campingplatz in Sicht und auch keine Einkaufsmöglichkeit. Als wir endlich einen Platz finden, hat dieser zwar eine Ferienwohnung frei, aber die nächste Shopping Möglichkeit ist erst in 25km. Wir beschließen weiterzufahren und diese Entscheidung war endlich mal gut. Wir kommen an einem Coop vorbei und einen km weiter ist eine Hütte für uns frei. Der Regen hat aufgehört. Und kaum sitzen wir bei unseren Nudeln im Warmen, kommt tatsächlich die Sonne raus als möchte sie uns nochmal foppen.

Morgen geht es in die alpinste Landschaft Norwegens mit den höchsten Bergen (bis 2468m über Null) Skandinaviens. Mal sehen wie es uns da ergeht.

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Über Tobias Seidel

Tobias Seidel wurde 1981 geboren und hat sein Hobby IT zum Beruf gemacht. In seiner Freizeit beschäftigt er sich viel mit den Themen Android, Motorräder, Geocaching, Fotografie und Tanzen (Standard).

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