Schottland 2019 – Tag 16-18 – 182km, 21km, 704km – Sunderland, Fähre, daheim

Nur weil man mit dem Zelt Campen ist muss man auf nichts verzichten. Immer wieder gucken uns Wohnmobilisten an und sind erstaunt wie bequem wir es mit unseren Helinox Stühlen und dem Benzinkocher haben. Wenn dann der Laptop rauskommt und Anja in Ihrer Hängematte abhängt sind die Leute endgültig verblüfft. Heute hatte uns beim Frühstück zwar keiner zugeschaut, aber wenn dann hätten wir wahrscheinlich mal wieder einige offene Münder gesehen. Wir hatten Räucherlachs gekauft, diesen angebraten und darüber dann die Rühreier. Dazu gab’s Gurke, Tomate, Paprika und Avocado. Den Abschluss des Frühstücks bildete dann der restliche Kuchen der Teatime von gestern. Und dann mussten wir so vollgefressen zusammenpacken und Moppedfahren…

Nachdem wir in Melrose auf dem Campingplatz nicht mehr untergekommen waren fuhren wir erstmal zurück bis in eben diesen Ort. Die Melrose Abbey sollte uns mit dem Thema Sightseeing versöhnen. Wir haben uns den Eintritt gegönnt und den ganzen Audioguide mit allen extra Kapiteln angehört. Über zwei Stunden waren wir in der Melrose Abbey total entschleunigt unterwegs. Hier war aber auch echt wenig los, so dass man entspannt auf dem Gelände des ehemaligen Klosters herumspazieren konnte. Die wichtigste Info aus dem Audioguide war dass die Mönche schon sehr früh sehr reinlich waren und man deshalb eine „Spühltoilette“ über eine Umleitung des Flusses gebaut hatte.

Die Dryburgh Abbey ließen wir dann wieder links liegen. Nochmal 2 Stunden Kultur wäre einfach zuviel gewesen für einen Tag. Die Jedburgh Abbey konnte man dann ganz gut von außen umrunden und so haben wir uns hier eine kleine Pause gegönnt um dies auch zu tun. Wir waren leider eine Woche zu früh in Jedburgh… am nächsten Wochenende wären Highlandgames gewesen. Martialische Schotten in Röcken die Baumstämme werfen hätten wir uns schon ganz gerne mal angeguckt. 

Nun endet unser Aufenthalt in Schottland. Über einen Pass geht es zurück nach England. Exakt auf der Grenze schlägt das Wetter um. Hinter uns in Schottland bewölkt mit Fetzen blauen Himmels und vor uns in England dunkelgrau, windig und Regen. Griffheizung an, Lüftungen an den Klamotten zu und los geht es.

Bis Sunderland ist eigentlich nichts besonderes mehr passiert. Der Verkehr wurde wieder dichter als es um Newcastle ging, das war es auch schon. Das Abingdon & St. George’s Guest House liegt in wenigen Metern Distanz zum Strand und bietet für Motorräder Parkplätze auf einem umzäunten Grundstück. Die Eigner wollten uns sogar Ihre Garage überlassen was wir aber dankend ablehnten. Weggesperrt waren die Moppeds ja und unter freiem Himmel stehen sie auf Reisen eh meistens. Nach dem Check-in nutzten wir den Abend um noch zum Strand zu laufen und uns ein letztes Mal Fish and Chips zu gönnen. Danach hab ich mich im Zimmer über die Bilderflut der Reise hergemacht und diese grob vorsortiert. Im TV lief dabei ein Sender der den ganzen Tag nur Hits der 90er spielt. 

Um 9 Uhr gibt es heute endlich ein Full English Breakfast. Das hatte uns bisher noch gefehlt. Vorher spazieren wir nochmal mit den Kameras an den Strand und auf die Mole zum Leuchtturm. 

Dann gab es endlich gebackene Bohnen, Spiegelei, warme Tomaten, Kartoffelrösti, gebratene Champignons, Speck, ein Würstchen, dazu Toast und schwarzen Tee mit Milch. Mir sagt das ja voll zu. Anja ist eher der Meinung dass man das schon einmal machen kann… aber nicht muss. Bis 11 Uhr machten wir uns dann gemütlich fertig und dümpelten noch ein wenig auf dem Zimmer. Auf dem Weg zur Fähre gingen wir nochmal fürs Abendessen einkaufen. Dann ging es durch gefühlte 100 Kreisverkehre zur Fähre. Wir durften ewig in der prallen Sonne warten weil diesmal die Motorräder als letzte auf die Fähre durften. Dafür klappte das Boarding tadellos und zügig. Wieder hatten wir einen Satz nagelneue Spanngurte bekommen die wir behalten durften. 

Die Zeit bis zum Ablegen vertrieben wir uns mit Eis essen, Chai Latte vom Starbucks trinken und auf Deck in der Sonne sitzen. Sobald wir auf See waren begaben wir uns wieder in die Kabine wie auch schon auf der Anreise. Zum Abendessen gab es Brot, Salami und Fischdosen. Die Fähre schwankte diesmal ganz schön und wir brauchten ein bisschen bis wir uns drangewöhnt hatten und einschlafen konnten.

Um 6 Uhr (lokale Zeit (Amsterdam) klingelte der Wecker. Unser Körper war noch der Meinung dass 5 Uhr war. Wir plünderten das umfangreiche Frühstücksbuffet und tankten nochmal Energie für die heutige lange Autobahnfahrt. Pünktlich legten wir an und fuhren von der Fähre. Anja nutzte erstmal die linke Fahrbahnseite korrigierte aber gleich wieder. Ab der Deutschen Grenze fuhr dann Anja voraus und gab das Tempo vor. Zumindest so lange bis wir im Stau standen. Mit vollem Gepäck ist das mit dem durchschlängeln auch nicht so einfach deshalb waren wir einfach geduldig und legten erstmal noch eine Pause ein. Die letzten Kilometer in der fränkischen Heimat waren ein Genuss bei bestem Wetter. Es war warm und sonnig, das Getreide leuchtete golden und wir genossen die Kurven nach der langen Autobahnetappe.

Sonntag Abends zuhause ankommen bedeutet am nächsten Tag wieder auf die Arbeit zu müssen. Aber wir wollten jeden Tag dieses „kurzen“ Urlaubs ausnutzen was uns auch sehr gut gelungen war. 

Wie immer brauchten die Eindrücke ein wenig sich zu setzen und zu „entwickeln“ und beim Schreiben der Berichte, dem Sichten der Bilder und Entwickeln erlebt man die Reise noch ein zweites Mal. Es rücken plötzlich ganz andere Dinge in den Fokus welche man während der eigentlichen Reise unter Umständen gar nicht richtig wahrgenommen hat. Anja schreibt ja parallel zu meinen Berichten ein eigenes Reisetagebuch (in Papierform) welches mir auch immer wieder andere Aspekte aufzeigt und neue Blickwinkel auf die selbst erlebte Reise bietet. 

In diesem Sinne:

„When we travel, we are like a film at the moment of exposure. It is memory that will develop it.“ (Max Frisch)

Schottland ist definitv eine (oder auch mehrere Reisen wert). Man sollte Schottland allerdings vor Norwegen oder Island besuchen. Wenn man anfängt zu vergleichen sind die Superlativen in den beiden genannten Ländern einfach mehr WOW.

Und hier noch die letzten Tracks:

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Schottland 2019 – Tag 15 – Ancrum – 239 km

Hier in Schottland hat es irgendwie nur ruhige Campingplätze. Zumindest haben wir noch keinen lauten hektischen gefunden. Kinder sind Mangelware auf den Plätzen. Heute hatten wir tatsächlich mal eine Familie im Nachbarszelt, aber der kleine (ca. 2-3 Jahre alt) hat einfach direkt nach dem Aufwachen ein Wassereis, Coca Cola in der Schnabeltasse und ein IPad in die Hand bekommen, dann war er auch ruhig und zufrieden in seinem Stuhl gesessen während die Mama sich bei einer Zigarette die Haare machen konnte… OHNE WORTE!!!
Wir haben heute nicht viel km vor uns also chillen wir schon beim aufstehen. Es gibt wieder Rührei mit Paprika, Tomate und Avocado – das müssen wir nochmal wiederholen! Wir haben eine Morgenroutine entwickelt und die läuft inzwischen wie von selbst ab. Um 11 Uhr geht es dann runter vom Platz und auf den unspektakulären Weg in Richtung Stirling. Es gibt heute tatsächlich nicht viel zu erzählen. Zum einen ist der Kopf voll mit den Erinnerungen der letzten Tage und zum anderen schaut es hier in den Lowlands aus wie daheim in Franken. Ackerbau, Viehhaltung, Ortschaften – alles ziemlich ähnlich zu daheim. Dass wir schon fast in Stirling sind bemerken wir eigentlich erst als ich einen komischen Turm auf einem Hügel sehe. Wir halten an um diesen zu fotografieren und stellen fest dass es das Wallace Monument ist.

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Ab Stirling ist nun deutlich mehr Verkehr angesagt, wir bewegen uns auf größeren Straßen und die Gegend ist echt einschläfernd. In Bathgate sehen wir das Bridge Cafe und machen spomtan halt. Eine gute Stunde sitzen wir hier und gönnen uns eine Tea-time Etagere. Kaffee für mich, Tee für Anja, zwei Sorten Sandwiches, 2 Cones und auf der dritten Etage 3 Sorten Kuchen. Pappsatt sind wir danach und packen noch die Reste ein zum mitnehmen. Während wir hier saßen hat es angefangen zu regnen. Nicht viel aber als so zu. Die Fahrtstrecke wird noch öder weil wir irgendwie um Edinburgh rum müssen. Die Stadt wollen wir mal bei einem Wochenendtrip angucken. Mit den Moppeds sind große Städte immer bissl doof weil man einen vernünftigen Stellplatz für die Dinger braucht.

In Galashiels halten wir bei einem Tesco Extra (das is vergleichbar mit einem Real oder Marktkauf in Deutschland). Wir haben nicht so recht Hunger, deshalb kaufen wir Zutaten für einen „leichten“ Salat zum Abendessen – Gurke, Tomate, Paprika, Oliven, Limette und Avocado. Dazu noch eine Dose Thunfisch die wir noch haben, das sollte reichen. Falls wir doch noch Hunger entwickeln kommt noch Couscous mit rein. Am Abotsford House, dem kreativen Wohnsitz des Schreiberlings Walter Scott fahren wir locker vorbei mit dem Gedanken morgen evtl. nochmal vorbeizukommen. Der Campingplatz in Melrose welchen wir angepeilt hatten ist voll. Das wundert mich auch nicht als ich sehe wie klein der ist und dass er wirklich mitten in Melrose liegt. Wir bemühen Archies Campingplatz Pois auf dem Navi und gucken was noch in der Nähe liegt. Ich telefoniere kurz mit zwei Plätzen und schon haben wir einen in 18 km Entfernung gefunden der noch Platz hat.
Die Fahrtstrecke von Melrose bis nach Ancrum zum Ashieview Stud Camping. Ein ganz einfacher Platz bei einer allein gelegenen Schaffarm. Es gibt zwei Duschen und drei Toiletten. Dazu eine Wiese mit ein paar Steckdosen, das war es. Außer uns ist noch ein Wohnmobil, ein Zelt und ein Wohnwagen da. Ein perfekter Platz für die letzte Nacht im Zelt. Nach dem Aufbau geht es ans Salat machen – wir lassen den Couscous weg, unser Nachmittagstee hält noch nach. Dann noch schnell unter die Dusche, den Sonnenuntergang bestaunt und ab ins Zelt.

Schottland 2019 – Tag 14 – St. Andrews – 291 km

Puhhh wars heute Nacht kalt. Ich hab tatsächlich den Schlafsack zugemacht und bei einem nächtlichen Toilettengang die lange Unterwäsche angezogen. Das waren höchstens 5° C. Da schmeckt der heisse Tee beim Frühstück doch gleich viel besser. Das Frühstück heute ist eh super weil wir noch eine Avocado haben und ich liebe Avocado! Also gibt es Avocado, Paprika und Tomaten zum Rührei. So kann der Tag beginnen. Wir sind heute eine halbe Stunde später aufgestanden und genau diese halbe Stunde später verlassen wir auch den Campingplatz. Um 10:45 Uhr geht es heute los.

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Wir ziehen durch den östlichen Teil des Caingorms National Park. Hier geht es ein wenig in die Höhe und wir durchqueren Skigebiete. Die Landschaft ist grün und von niederen Sträuchern geprägt. Das Grün ist total fleckig an den sanften Hängen. Außerdem hat es hier eine sehr hohe dichte an Destillerien. Ich konnte mir garnicht merken an welchen wir vorbeigefahren sind. Glenlivet, Tomnavoulin und Edradour waren auf jeden Fall dabei.
Auch heute kommen wir wieder an einigen Schlössern, sowohl aktiv genutzten als auch Ruinen vorbei. Die Zeit um eines von innen zu besichtigen haben wir nicht eingeplant. Schade finden wir dass es uns oftmals nicht einmal möglich ist einen Blick von außen aufs Gebäude zu bekommen ohne Eintritt zu bezahlen. Dieser rechnet sich aber ohne die komplette Besichtigung nicht. Am Blair Castle z.B. kostet der Eintritt Pro Person 12 Pfund – das sind umgerechnet 13,50 EUR was für zwei Personen 27 EUR bedeutet. Dafür will ich dann schon das ganze Schloss angucken und nicht nur einen Blick von außen drauf werfen. Den Sommersitz der Queen – Balmoral Castle haben wir so leider auch ohne einen Blick darauf links liegen lassen müssen.

Nachdem wir den Cairngorms National Park verlassen haben verändert sich die Landschaft. War bisher immer Viehwirtschaft (Schafe und Rinder) vorherrschend so beherrscht nun deutlich mehr Ackerbau die Landschaft. Weite Getreidefelder und auch immer wieder Gewächshäuser zeichnen ein ganz anderes Bild. Irgendwie haben wir uns heute zeitlich ein wenig vertan. Dann sind wir spontan am Tagesbeginn noch einen kleinen Umweg gefahren und so ist es schon relativ spät als wir Dundee ansteuern. Wir kommen voll in den Feierabendverkehr und kämpfen mal wieder mit dem Linksfahrgebot. Wir sind froh als wir die Stadt hinter uns lassen und auf den Campingplatz einrollen. Die Rezeption ist um 17:45 bereits geschlossen und wir bekommen nur schnell nen Platz zugewiesen. Die Bürokratie und das bezahlen sollen wir morgen erledigen.
Nachdem wir etwas gegessen haben machen wir uns mit den Kameras bewaffnet auf um noch einen Blick auf die Ruine der St. Andrews Kathedrale und des Castles zu werfen. Wir wissen dass beides bereits seit 17:30 geschlossen hat, hoffen aber dass man trotzdem halbwegs an die Gebäude(reste) von außen rankommt. Glücklicherweise werden wir nicht enttäuscht. Die Kathedrale muss einmal ein beachtliches Bauwerk gewesen sein. Nachdem wir uns heute zum zweiten mal zeitlich vertan haben beschließen wir für den Weg zurück zum Campingplatz ein Taxi zu nehmen. Die erste Taxifahrt in meinem Leben war eigentlich garnix besonderes, außer dass der Fahrer auf der falschen Seite saß 😉

Die letzten Tage lassen wir es jetzt langsam angehen. Wir hatten ein wenig Puffer mit eingeplant und diesen können wir nun vertrödeln. Für morgen sind knapp 220 km geplant und für freitag sogar nur 150 km. Wir lassen die Reise so langsam ausklingen.

Schottland 2019 – Tag 10 – John O‘ Groats – 317km

Wir wachen bei blauem Himmel auf, aber es ist wieder merklich kühler geworden. Nach dem Frühstück verräumen wir nicht gleich alle Sachen wieder in den Koffern was eine Möwe freut die sich unsere Packung Brioche schnappt und mit ein paar Krähen teilen muss. Irgendwie kommen wir wenn sich das packen mal eingespielt hat immer um 10:15 Uhr los. Egal ob wir uns beeilen oder trödeln.

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Erstmal verlassen wir heute die Küste um eine Schleife ins Landesinnere zu fahren. Die Straßen heute sind wieder von der Kategorie single track road with passing places. Wenn also viel Verkehr ist dann ist das ein ständiges stop and go. Gott sei dank ist heute nicht viel Verkehr. Was super funktioniert ist dass man von langsameren Fahrzeugen vorbeigelassen wird. Nach relativ kurzer Fahrt sehe ich einen Wegweiser zu einem Leuchtturm. Der liegt zwar nicht auf der geplanten Route, aber was soll es. Wir biegen also ab und fahren die Stichstraße bis ans Ende der Landzunge. Eine kurze Runde mit dem Foto und dann geht es wieder weiter.

Die Strecke heute ist der Hammer. Es ist wie Achterbahn fahren, also so eine alte Holzachterbahn. Es geht rauf, runter, links und rechts bis einem schwindelig wird. Lediglich Loopings und Pirouetten fehlen. Die Landschaft ist unbeeindruckend beeindruckend. Komische Formulierung, aber genau das geht in mir vor. Norwegen war superlativer. Die Küstenlinien dort sind extremer. Andere Länder sind vielseitiger. Wir haben hier ein Luxusproblem. Wir haben schon ein bisschen was von der Welt gesehen und wenn man das hat dann fängt man an zu vergleichen. Wir sind z.B. an Wasserfällen vorbeigefahren da hätte ich vor 2 Jahren eine Stunde angehalten um zu fotografieren. Nach unserem Island Trip denke ich aber nur noch: „Och wie niedlich ein Wasserfällchen“. Man darf das jetzt nicht falsch verstehen. Es ist hier beeindrucken und schön, ich fühle mich wohl, aber die richtig großen WOW Effekte bleiben bei mir einfach aus.

Wir wechseln von der kleinen Single Track Road auf eine größere gut ausgebaute Straße und können mal etwas an Fahrt aufnehmen. Für ca. 50km fühlt es sich an wie dahinfliegen bevor es wieder auf eine Single Track Road geht.
Auf schmalen Straße fährt ein Slowakisches Auto vor uns. Die Fahrerin hat einen super „Flow“ drauf und ich lass mich mitziehen. Wir haben keinen Gegenverkehr und es sind auch keine langsameren Fahrzeuge vor uns. Kurz habe ich mal den Gedanken dass ich fast ein wenig dicht auffahre und dann passiert es… Ein Schaf läuft vor dem Auto auf die Straße, die Fahrerin steigt voll in die Eisen, ich hau die Anker in die Bremscheiben aber bin zu nahe dran an dem Auto. Ich touchiere die linke hintere Ecke des alten Toyotas und schon liege ich auf dem Boden, den rechten Fuß unter dem Motorrad.

Prio 1: Fuß rausziehen – Prio 2: Checken ob alles an mir ok is – Prio 3: Anja mitteilen dass alles ok ist. Und ja, es ist alles okay! Wir heben erstmal Elli auf und bewegen alle Fahrzeuge zum nächsten passing place damit wir kein Hindernis sind. Die Fahrerin des slowakischen Toyota spricht perfekt Englisch und macht sich eigentlich nur Sorgen darum ob es mir gut geht. Ich mache mir inzwischen mehr Sorgen um die Bürokratie – Deutsches Motorrad trifft auf slowakisches Auto in Schottland – das wird kein Spass. Die junge Dame erklärt uns dann aber dass Ihr Auto eh rundrum verdellt ist und die Stoßstange vorher schon total im Eimer war und eigentlich nur wichtig ist dass es allen gut geht. Wir können unser Glück garnicht fassen. Nachdem wir ihr nochmals versichert haben dass es mir gut geht fährt sie weiter.
Jetzt ist es Zeit Elli nochmal durchzuchecken – Blinker vorne rechts ist ab, Stürzbügel hat getan was er soll ist verkratzt, Verkleidung hat neue Kratzer und der rechte Alukoffer ist an einer Schweißnaht ein Stück gerissen. Alles verschmerzbar. Ich selbst werde am linken Knie einen Bluterguss bekommen aber das war es. Wir schnaufen nochmal durch und fahren weiter. Das ganze aber einen Gang langsamer und mit viel mehr Sicherheitsabstand zu anderen Fahrzeugen.

Den Rest des Tages bekomme ich den Kopf nicht mehr so richtig frei. Das fahren macht mir kein Problem, aber ich nehme die Landschaft um mich herum nicht so wirklich war. Wir sind an der nördlichen Küste entlang unterwegs. Es geht viel ebener dahin und wir kommen relativ gut voran. Das Tagesziel John O‘ Groats („Trostlosester Ort des Jahres 2010“) ist absolut machbar wir müssen nicht an einem früheren Campingplatz stoppen was wir schon befürchtet hatten. Was mir noch in den Sinn kommt ist dass wir an diesem Tag immer wieder weiße Strände – wie in der Karibik – gesehen haben. Allerdings halt bei 15 Grad Außentemperatur. Da kommt jetzt nicht so das Bedürfnis auf Baden zu gehen 😉

Kurz vorm Tagesziel fängt es dann an zu Nieseln – war ja auch ab 17 Uhr gemeldet. Wir stoppen noch an einem Coop und kaufen ein. Statt Brioche gibt es jetzt Croissants. An der Tankstelle fällt mir noch auf dass die Halterung meines SW-Motech Tankrucksacks auch einen Treffer abbekommen hat bei dem Sturz, dieser wird ab morgen zusätzlich durch einen Spanngurt gesichert.
Am Campingplatz in John O’Groats freue ich mich über die gerade durchbrechende Sonne und teile das dem Besitzer gleich freudig mit. Er lächelt mich milde an und setzt mich in Kenntniss dass das Wetter heute „very changeable“ ist. Dass ich mich zu früh gefreut habe erfahren wir dann beim Zeltaufbau. Es fängt an zu regnen und wir kommen gerade noch vor dem richtigen Duscher ins Zelt. Gut, das lag auch ein wenig an dem ausgedehnten Schwätzchen mit Peter und Simone die uns am Eingang noch ein wenig aufgehalten hatten. Die beiden sind uns auf der Tour immer mal wieder begegnet. Nachdem wir die Regenphase im Zelt ausgesessen hatten wanderten wir zum Seaview Hotel um Abend zu essen. Das große Fenster des Gastraumes geht genau in die dem Meer abgewandte Richtung – soviel zum Thema Seaview.
Wir probierten nochmal Haggis, diesmal etwas traditioneller mit mashed potatoes und einer Soße, für Anja gab es noch geräucherten Lachs mit Gemüse und für mich einen Burger mit den obligatorischen Chips. Mit der Hoffnung dass wir das Zelt morgen früh im trockenen abbauen können sind wir dann erschöpft eingeschlafen.

Schottland 2019 – Tag 9 – km – Ullapool

Der kleine Campingplatz war genau die richtige Wahl. Fast nix los und extrem ruhig war unsere Nacht. Das Wetter ist für Schottland eigentlich viel zu gut, aber wir wollen uns ja mal nicht beklagen. Beim Frühstück schwitzen wir schon bei über 20 Grad und die Sonne brennt runter. Wir haben beide trotz der kühlen letzten Tage Sonnenbrand im Gesicht. Man nimmt die Sonneneinstrahlung nicht so wahr wenn immer ein kühlender Wind bläst. Heute nehmen wir die Sonne deutlich wahr!