Israel – Jerusalem – Tag 10 & 11

Und wieder ist Shabbat. An unserem letzten Tag wollten wir die noch “weißen Flecken” auf unserer Karte ausmerzen bzw. Dinge ansehen, die lt. Reiseführer sehenswert aber nicht die erste Wahl sind.

Wir begannen mit dem Armenischen Mosaik nahe des Damaskustors. Wir haben es nicht gefunden, dafür aber einen frisch gepressten Orangensaft. Damit war ich soweit zufrieden und trottete hinter Tobi Richtung Gartengrab. Der Garten wird von Briten verwaltet und gepflegt. Die mit britischer “politeness” aufgestellte Behauptung, welche das Gartengrab als wahrscheinlichere Grabesstätte Jesu bezeichnete, nahmen wir zur Kenntnis und machten uns wieder auf den Weg in die Altstadt.

Wir liefen durch ein paar Gassen, durch die für gewöhnlich keine Reisegruppen geführt werden, sondern in welchen einfach das normal Leben stattfindet. Mit zwei Hackfleisch-Hefefladen in der Hand ging es stetig weiter. Treppen runter, Berge wieder hoch und irgendwie landeten wir immer wieder auf der Via Dolorosa.

Im Österreichischen Hospiz gönnte ich mir eine Sachertorte während Tobi ein Schwätzchen mit Schwester Bernadette Schwarz der Leiterin des Betriebes hielt.

Der Tag heute war sehr entspannt, zum einen war unser Kopf schon voll mit Eindrücken und zum anderen hatte ich eine Sonnenallergie und tat gut daran die Sonne ein bisschen zu meiden.

Zwei Stunden später machten wir uns wieder auf den Weg. Wir wollten am Shabbat auch einen kurzen Blick auf die Klagemauer werfen. Fotografieren ist am Shabbat nicht erlaubt und es ist auch Personal vor Ort, welches akribisch auf die Einhaltung dieser Regel achtet. Beim Hinausgehen warfen wir am Einlass nochmal einen Kontrollblick auf die Aufgangszeiten für den Tempelberg, bevor wir die Altstadt durch das Misttor verließen.

Linker Hand ging es an der Stadtmauer entlang auf den Arabischen Friedhof, der vor dem zugemauerten Goldenen Tor angelegt wurde.

Der Friedhof scheint seit Jahren nicht mehr gepflegt zu werden, überall wuchert Unkraut und Klatschmohn.

Die Sonne brannte und wir waren erschöpft, aber noch nicht bereit einfach ins Hotel zu gehen. Wir liefen an der Stadtmauer entlang zurück und auf den Berg Zion. Auch hier hatte der Reiseführer wieder mal unrecht. Die Kirchen waren alle offen und konnten besichtigt werden.

Der Rückweg zum Hotel fühlte sich an wie an einem Sonntag Nachmittag durch die Stadt zu schlendern. Die Leute waren rausgeputzt und machten einen Spaziergang, man flanierte auf den Tramgleisen, da weder Bus noch Bahn fuhr. Das einzige was fehlte waren offene Cafes oder Eisdielen. Alles war verschlossen, nirgends war etwas zu kriegen.

Auch im Hotel hatte sich den ganzen Tag über niemand sehen lassen, weder Rezeption, noch Zimmerservice.

Über Tripadvisor machte ich mich auf die Suche nach Abendessen und fand das Jahnun – jemenitisches Essen. Zum einen hatten die am Shabbat offen und zum anderen klang das interessant. Tobi war auch schnell überzeugt und so zogen wir nochmals los.

Hier kriegt man Wrap-ähnliche Teile, sieht aus wie ein Pfannkuchen, der aber in der Pfanne aufgeht wie Blätterteig. Wir bestellten mit allem und bekamen Hummus, viele Gewürze, frittierte Zwiebeln und Blumenkohl, Tomaten, Ei und ich weiß nicht was in diesen Fladen gewickelt. Wie geil war das denn?!

Schade dass das unser letzter Abend war, sonst wären wir sicher nochmal gekommen.

 

Der Wecker klingelte am Sonntag um 05:30 Uhr, die Koffer waren schon gepackt und wir sprinteten nur mit den Kameras Richtung Altstadt los. Wir eilten durch die stillen und dunklen Gassen, ganz selten war um halb 7 schon einer der Läden offen. An der Klagemauer war dafür schon ganz schön was los. Viele Kinder waren da, aber auch Erwachsene beteten vor der Arbeit und die Stimmung war eine ganz andere als während des Tages, wo es von Touris nur so wimmelte.
Wir wollten wieder nicht stören und machten nur wenig Fotos, obwohl wir von jemandem angesprochen wurden, dass es kein Problem sei und wir uns frei bewegen könnten.

Mehr als eine halbe Stunde zu früh standen wir in der Schlange um auf den Tempelberg zu gelangen. Die Sicherheitskontrollen fanden zeitig statt und so waren wir ziemlich die Ersten auf dem vorerst noch menschenleeren Tempelberg.
Wir rannten fast wie von der Tarantel gestochen zum Felsendom, um möglichst viele Fotos machen zu können, ohne die hereinströmenden Reisegruppen vor unserem Motiv zu haben.
Nach einer guten Stunde war der Spuk vorbei, die Ruhe des Morgens verflogen. Immer mehr Menschen kamen auf das Areal und wir entschieden, dass wir genug gesehen hatten.

Mit einem frischen Orangensaft und noch genügend Zeit für den Rückweg liefen wir durch die Gassen in denen die Geschäfte langsam öffneten und die Marktstände befüllt wurden.

In der Nähe des Damaskustors durfte ich mir noch für die restlichen Schekel Baklava einpacken.

Wir checkten in Ruhe aus und machten uns mit der Tram auf den Weg zum Bahnhof.
Die ersten Sicherheitskontrollen an diesem Tag und es erwischte uns prompt.
Unser kleines Opinel Taschenmesser liegt meist im Koffer und wir haben auch nicht mehr daran gedacht, als der Koffer bei der Durchleuchtung hängen bleibt und wir gefragt werden, ob wir Waffen oder Messer dabei hätten. Voller Überzeugung verneinten wir… einmal, zweimal, dreimal… Als ich dann einlenkte war es schon zu spät. Koffer öffnen, Reisepässe zeigen, Fragen beantworten bevor wir weiter zum Zug durften.

Am Flughafen waren wir noch zu früh, wir konnten noch nicht mal das Gepäck aufgeben.
Wir vertrödelten noch 1,5 Stunden bevor 2 Stunden anstehen mit mehreren Kontrollen und Einsortieren erfolgte. So kann man die Zeit bis zum Boarding auch verbringen.

Im Flieger begann ich schon die vergangenen Tage Revue passieren zu lassen. Die Reise hat sich unheimlich lange angefühlt, wir haben entsprechend viel gesehen und erlebt. Das Militär und die Polizei sind allgegenwärtig und doch hatten wir in der ganzen Zeit nie das Gefühl Angst um uns oder unsere Sachen haben zu müssen. Die Menschen waren allesamt freundlich, offen, interessiert und unvoreingenommen. Ich war wehmütig jetzt schon gehen zu müssen, wo doch dieses interessante und abwechslungsreiche Land noch so viel zu bieten hat.

Aber so bleiben noch viele Gründe wieder zu kommen.

Israel – Jerusalem – Tag 6 & 7

Unser Start in den ersten Tag in Jerusalem wurde noch besser, als wir bei Sam´s Bagels waren. Läuft ab wie bei uns Subways nur mit Bagels und Hammer-Auswahl.
Wir betraten die Altstadt durch das Jaffa-Tor und Tobis Vorstellung war dahin. Keine Menschen in Sandalen und langen Gewändern, kein Dreck und Staub, keine Eselskarren… Tja wir sind halt nicht mehr im 1. Jh.

Gleich rechts befindet sich die Davidszitadelle, man kann durch die Ruine streifen, die Museumsräume begutachten und auf den Aussichtsturm hinauf. Wir nutzten diese Gelegenheit um uns einen Überblick über die Altstadt von Jerusalem zu verschaffen.

Danach schlenderten wir durch das Armenische Viertel, hier ist es relativ ruhig. In die St. James Cathedral kann man leider nur mit Führung rein und so standen wir unverhofft schnell schon am Zionstor. Als wir noch am Beraten waren, ob wir gleich den Berg Zion noch mitnehmen wollen oder wieder in die Stadt gehen, quatschte uns einer dieser nervigen Taxifahrer an. Zuerst auf hebräisch, weil er Tobi für einen Landsmann hielt und dann auf Englisch und wild irgendwelche Ziele vorschlagend, wo er uns hinfahren könnte. Es dauerte ein wenig, bis wir ihm begreiflich machen konnten, dass wir genau da sind, wo wir hin wollten und gerade weder auf den Ölberg, noch nach Bethlehem gefahren werden wollten.

Mir taten die Füße weh, ich wollte mich setzen und ich wollte Baklava. Beides fanden wir in einer Art Selbstbedienungsbäckerei… Böser Fehler, mich mit einer Gebäckzange und einer Schüssel da allein rein zu lassen. Nachdem ich eskaliert bin und Unmengen Gebäck, Kekse und Baklava in mich gestopft hatte, hatte ich extrem gute Laune und es konnte weitergehen.

Wir waren mitten im Jüdischen Viertel und standen direkt am Eingang der Sefardischen Synagogen. Schon hatte Tobi ne Leihkippa am Kopf und es ging los. Die vier Synagogen sind miteinander verbunden, ursprünglich war es eine, wurde aber auf Grund der wachsenden Gemeinde immer wieder erweitert. So Synagogen sind eigentlich recht angenehm, sie vermitteln nicht so das Gefühl Flüstern zu müssen und andächtig das Haupt zu neigen, vielmehr fühlt man sich wie in einem Wohnzimmer. In die Ramban und Hurva Synagoge warfen wir nur einen kurzen Blick, wir wollten die Anwesenden nicht stören.

Dann waren wir am/auf/ im Cardo und dem umliegenden Basar. Die Nord-Süd-Verbindungsstraße aus dem römischen Jerusalem wurde freigelegt und restauriert. Wir irrten fast planlos durch die Stände, beim ersten Mal durchlaufen verliert man leicht die Orientierung, wo man sich eigentlich gerade befindet. Aus jedem noch so kleinen Raum wird irgendetwas verkauft, Ramsch für die Touris, Herrenanzüge, Farben/Lacke, Drogerieartikel, Unterwäsche, Gewürze, Fleisch, Süßes.

Ausversehen standen wir schon an den Sicherheitskontrollen zur Klagemauer und waren auch schnell durch. Wir trennten uns, Tobi mit Leihkippa auf die Männerseite, ich auf die Frauenseite. Das Bedürfnis mich selbst an diese Wand zu stellen, oder wie viele andere einen Zettel in die Steinritzen zu stecken und dabei ein Selfie zu machen kam bei mir nicht auf. Das ist weder mein Glaube, noch möchte ich jemanden stören, der sich hier zum Beten einfindet. Tobi kam mit ähnlichen Erfahrungen von der Männerseite. Wir schauten uns das ganze Treiben aus einiger Entfernung noch ein bisschen an, bevor wir quer durch die Altstadt zum Neuen Tor schlenderten. An Essenslokalitäten in der Nähe unseres Hotels mangelte es nicht und nachdem ich es nachmittags mit dem Baklava so übertrieben hatte, gönnten wir uns bei Mr. Green Salate zum Abendessen.

Der Mittwoch startete auf dem Machane Yehuda Bazar. Hier findet das normale Leben statt, die Leute erledigen hier ihre täglichen Einkäufe – Brot, Gemüse, Fisch, Nüsse, Obst.
Wir sammelten uns beim Durchschlendern unser Frühstück zusammen. 2 Pitas hier, Labaneh und irgendwelchen anderen Käse da, ein paar Falafel und einen frisch gepressten Orangensaft.

Danach wollten wir ins Stadtviertel Mea Shearim in dem die ultraorthodoxen Juden wohnen. Hier geht es definitiv anders zu, Fremde sieht man gar nicht, eigentlich alle sind mit Samthut, Bart, Schläfenlocken und schwarzem Mantel bekleidet, Frauen alle mit Rock und hochgeschlossen, die Kinder wie Orgelpfeifen aufgereiht im Schlepptau. Es ist relativ dreckig auf den Straßen und obwohl uns niemand angesprochen hat, lässt uns das Gefühl hier nur geduldet zu sein, auch schnell wieder weiterziehen.

Mit der Tram fahren wir zum Mount Herzl. Was in den Bussen funktioniert – nämlich die RavKav Card einfach zweimal zum Abbuchen des Fahrtpreises an den Kartenleser zu halten, funktioniert leider nicht in der Tram, jede Person braucht so eine RavKav oder aber man löst vorneweg an der Haltestelle ein Papierticket.

Unser Ziel am Mount Herzl: Yad Vashem – nationale israelische Gedenkstätte.

Der Eintritt ist frei, Spenden werden angenommen. Der Aufstieg der Nationalsozialisten, Verfolgung und Ermordung der Juden, bis hin zu Berichten von Überlebenden ist dokumentiert mit unzähligen Bildern, Briefen, Videos, Plakaten, Zeitungen, Kleidung, persönlichen Gegenständen. Die Ausstellung ist riesig. Nach drei Stunden waren wir wieder draußen und hatten bei weitem nicht alles angeschaut. Mein Kopf fühlte sich an wie ein Ballon kurz vor dem Platzen und ich wünschte, niemand würde mich mehr fragen wo ich herkomme. Unsere Generation kann nichts mehr dafür, was damals geschah, trotzdem fühlte ich mich elend und erschlagen.

Umso mehr war ich erstaunt und auch dankbar, dass sich jeder mit dem wir uns unterhalten hatten, gefreut hat, dass wir dieses Land besuchen, sich für uns interessiert hat und wir nie verurteilt wurden, weil wir aus Deutschland waren.

Wir beendeten diesen Tag früh und lagen nach Falafel und Schawarma vom Imbiss um 21 Uhr im Bett. Die Rucksäcke waren für den nächsten Tag schon gepackt und der Wecker auf 6 Uhr gestellt.