Israel – Jerusalem – Tag 6 & 7

Unser Start in den ersten Tag in Jerusalem wurde noch besser, als wir bei Sam´s Bagels waren. Läuft ab wie bei uns Subways nur mit Bagels und Hammer-Auswahl.
Wir betraten die Altstadt durch das Jaffa-Tor und Tobis Vorstellung war dahin. Keine Menschen in Sandalen und langen Gewändern, kein Dreck und Staub, keine Eselskarren… Tja wir sind halt nicht mehr im 1. Jh.

Gleich rechts befindet sich die Davidszitadelle, man kann durch die Ruine streifen, die Museumsräume begutachten und auf den Aussichtsturm hinauf. Wir nutzten diese Gelegenheit um uns einen Überblick über die Altstadt von Jerusalem zu verschaffen.

Danach schlenderten wir durch das Armenische Viertel, hier ist es relativ ruhig. In die St. James Cathedral kann man leider nur mit Führung rein und so standen wir unverhofft schnell schon am Zionstor. Als wir noch am Beraten waren, ob wir gleich den Berg Zion noch mitnehmen wollen oder wieder in die Stadt gehen, quatschte uns einer dieser nervigen Taxifahrer an. Zuerst auf hebräisch, weil er Tobi für einen Landsmann hielt und dann auf Englisch und wild irgendwelche Ziele vorschlagend, wo er uns hinfahren könnte. Es dauerte ein wenig, bis wir ihm begreiflich machen konnten, dass wir genau da sind, wo wir hin wollten und gerade weder auf den Ölberg, noch nach Bethlehem gefahren werden wollten.

Mir taten die Füße weh, ich wollte mich setzen und ich wollte Baklava. Beides fanden wir in einer Art Selbstbedienungsbäckerei… Böser Fehler, mich mit einer Gebäckzange und einer Schüssel da allein rein zu lassen. Nachdem ich eskaliert bin und Unmengen Gebäck, Kekse und Baklava in mich gestopft hatte, hatte ich extrem gute Laune und es konnte weitergehen.

Wir waren mitten im Jüdischen Viertel und standen direkt am Eingang der Sefardischen Synagogen. Schon hatte Tobi ne Leihkippa am Kopf und es ging los. Die vier Synagogen sind miteinander verbunden, ursprünglich war es eine, wurde aber auf Grund der wachsenden Gemeinde immer wieder erweitert. So Synagogen sind eigentlich recht angenehm, sie vermitteln nicht so das Gefühl Flüstern zu müssen und andächtig das Haupt zu neigen, vielmehr fühlt man sich wie in einem Wohnzimmer. In die Ramban und Hurva Synagoge warfen wir nur einen kurzen Blick, wir wollten die Anwesenden nicht stören.

Dann waren wir am/auf/ im Cardo und dem umliegenden Basar. Die Nord-Süd-Verbindungsstraße aus dem römischen Jerusalem wurde freigelegt und restauriert. Wir irrten fast planlos durch die Stände, beim ersten Mal durchlaufen verliert man leicht die Orientierung, wo man sich eigentlich gerade befindet. Aus jedem noch so kleinen Raum wird irgendetwas verkauft, Ramsch für die Touris, Herrenanzüge, Farben/Lacke, Drogerieartikel, Unterwäsche, Gewürze, Fleisch, Süßes.

Ausversehen standen wir schon an den Sicherheitskontrollen zur Klagemauer und waren auch schnell durch. Wir trennten uns, Tobi mit Leihkippa auf die Männerseite, ich auf die Frauenseite. Das Bedürfnis mich selbst an diese Wand zu stellen, oder wie viele andere einen Zettel in die Steinritzen zu stecken und dabei ein Selfie zu machen kam bei mir nicht auf. Das ist weder mein Glaube, noch möchte ich jemanden stören, der sich hier zum Beten einfindet. Tobi kam mit ähnlichen Erfahrungen von der Männerseite. Wir schauten uns das ganze Treiben aus einiger Entfernung noch ein bisschen an, bevor wir quer durch die Altstadt zum Neuen Tor schlenderten. An Essenslokalitäten in der Nähe unseres Hotels mangelte es nicht und nachdem ich es nachmittags mit dem Baklava so übertrieben hatte, gönnten wir uns bei Mr. Green Salate zum Abendessen.

Der Mittwoch startete auf dem Machane Yehuda Bazar. Hier findet das normale Leben statt, die Leute erledigen hier ihre täglichen Einkäufe – Brot, Gemüse, Fisch, Nüsse, Obst.
Wir sammelten uns beim Durchschlendern unser Frühstück zusammen. 2 Pitas hier, Labaneh und irgendwelchen anderen Käse da, ein paar Falafel und einen frisch gepressten Orangensaft.

Danach wollten wir ins Stadtviertel Mea Shearim in dem die ultraorthodoxen Juden wohnen. Hier geht es definitiv anders zu, Fremde sieht man gar nicht, eigentlich alle sind mit Samthut, Bart, Schläfenlocken und schwarzem Mantel bekleidet, Frauen alle mit Rock und hochgeschlossen, die Kinder wie Orgelpfeifen aufgereiht im Schlepptau. Es ist relativ dreckig auf den Straßen und obwohl uns niemand angesprochen hat, lässt uns das Gefühl hier nur geduldet zu sein, auch schnell wieder weiterziehen.

Mit der Tram fahren wir zum Mount Herzl. Was in den Bussen funktioniert – nämlich die RavKav Card einfach zweimal zum Abbuchen des Fahrtpreises an den Kartenleser zu halten, funktioniert leider nicht in der Tram, jede Person braucht so eine RavKav oder aber man löst vorneweg an der Haltestelle ein Papierticket.

Unser Ziel am Mount Herzl: Yad Vashem – nationale israelische Gedenkstätte.

Der Eintritt ist frei, Spenden werden angenommen. Der Aufstieg der Nationalsozialisten, Verfolgung und Ermordung der Juden, bis hin zu Berichten von Überlebenden ist dokumentiert mit unzähligen Bildern, Briefen, Videos, Plakaten, Zeitungen, Kleidung, persönlichen Gegenständen. Die Ausstellung ist riesig. Nach drei Stunden waren wir wieder draußen und hatten bei weitem nicht alles angeschaut. Mein Kopf fühlte sich an wie ein Ballon kurz vor dem Platzen und ich wünschte, niemand würde mich mehr fragen wo ich herkomme. Unsere Generation kann nichts mehr dafür, was damals geschah, trotzdem fühlte ich mich elend und erschlagen.

Umso mehr war ich erstaunt und auch dankbar, dass sich jeder mit dem wir uns unterhalten hatten, gefreut hat, dass wir dieses Land besuchen, sich für uns interessiert hat und wir nie verurteilt wurden, weil wir aus Deutschland waren.

Wir beendeten diesen Tag früh und lagen nach Falafel und Schawarma vom Imbiss um 21 Uhr im Bett. Die Rucksäcke waren für den nächsten Tag schon gepackt und der Wecker auf 6 Uhr gestellt.

Israel – Tel Aviv – Tag 1 & 2

Unser diesjähriger Frühjahrstrip führte uns nach Israel. Jedem, dem wir von unserer Idee erzählten schaute uns ein bisschen fassungslos an “Da wollt ihr hin?” “Bei der aktuell unsicheren Lage?” “Muss das denn sein?” und ja, es musste sein! Ein paar Leute die bereits dort waren bestärkten uns, dass es dieses Land in sich hat und man auf der Stelle wieder hinwollen würde – sie sollten recht behalten.

Nachdem die Direktflüge ab Nürnberg über Germania nicht mehr möglich waren, starteten wir mit Swiss in Nürnberg über Zürich Richtung Israel. Unser erster Kontakt fand bereits am Gate in Zürich statt. Eine Gruppe von vielleicht 15 jüdischen Männern mit Gebetsteppich um die Schultern, Tefillin und Tora in der Hand beteten und wiegten sich in ihrem Singsang. Ein für uns fremdes Bild, aber mit der Aussicht, die nächsten Tage noch mehr von dieser Kultur und dem Leben dieser Religion zu sehen, musste ich hier schon immer wieder neugierig hinlinsen.

So eine Boing 777 hat schon was… Mit Filmen, Kissen und Decke und einem gar nicht mal knauserigen Personal hätte ich es da drin auch länger als 4 Stunden ausgehalten 🙂

In Israel am Flughafen steht man dann erst mal an der Passkontrolle… und da steht man lange… man kriegt nicht nur einfach seinen Stempel, nachdem der Pass gescannt wurde. Das Fragespiel welches uns aus Serbien schon ein bisschen bekannt ist folgte: Wer sind wir, wo wollen wir hin, warum sind wir in Israel, wie lange bleiben wir… Einen richtigen Stempel erhält man auch gar nicht mehr, da die Einreise in andere Länder wiederum problematisch werden kann, wenn im Pass israelische Stempel drin sind. Man bekommt einen Ausdruck, wann man eingereist ist und dieses Zettelchen muss man mit dem Pass bei sich lassen.

Als wir endlich unseren Koffer hatten und “drin” waren, machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Wir hatten geplant ohne Mietwagen durchzukommen und uns auf die Öffentlichen Verkehrsmittel zu verlassen. Ein Ticket bekamen wir nach Bezahlung mit Visa am Automaten und mit dem Ticket kommt man auch durch die Drehkreuze in den Bahnhof. Die Anzeigetafeln springen von hebräischer Schrift auf die von uns lesbaren lateinischen Buchstaben und es ist ein Klacks den richtigen Zug zu finden.
Nach guten 10 Minuten Fahrt waren wir in Tel Aviv am HaHagana Bahnhof, beflügelt von dieser unkomplizierten Zugfahrt stürmten wir auf die Straße und wollten zum Bus, dabei landeten wir auf dem Boden der Tatsachen. Die Zahlen sind im hebräischen genauso wie bei uns, alles andere jedoch ist hebräisch und bleibt es auch… wir haben also einen Abfahrtspunkt für unsere Busnummer gefunden, jedoch wussten wir nicht in welche Richtung der Bus fahren würde oder wann. Die Busfahrpläne waren für uns unmöglich zu verstehen.
Nachdem man im Bahnhof, am Gleis und im Zug überall freies WLAN hat, wurde Google Maps unser Freund und Helfer. Wir suchten uns eine Busnummer und stellten uns auf die richtige Straßenseite. Mit Google Maps konnten wir uns auch soweit orientieren, dass wir den Bus rechtzeitig wieder verließen, um ungefähr in der Nähe unserer Unterkunft zu landen. Wichtig für diese Vorgehensweise: Das Kartenmaterial muss offline zur Verfügung stehen, da sonst ein Internetzugang notwendig ist.

Die Bezahlung einer Busfahrt läuft eigentlich Bargeldlos. Der Busfahrer erklärte uns, dass wir eine sogenannte RavKav Card brauchen und diese mit Geld aufgeladen sein muss, wenn wir mit dem Bus fahren wollen. Wir können jedoch eine für uns beide benutzen und schon hatten wir so ein Ding, keine Ahnung wie viel wir jetzt dafür bezahlt hatten und ob noch Geld auf der Karte drauf war.

Wir bezogen unser Apartment im Zentrum von Tel Aviv – Jaffa und schnauften erst mal durch. Wir waren seit Verlassen des Flugzeuges knappe 4 Stunden unterwegs. Den Abend ließen wir mit einem kleinen Spaziergang zum Meer und Schawarma sowie Falafel ausklingen. Wir waren da und fühlten uns prompt wohl.

Der Freitag startete mit einer Busfahrt Richtung Carmelmarkt. Unsere RavKav haben wir mit 50 Schekel aufladen lassen, das geht in allen möglichen Kiosks oder manchen Drogeriemärkten. Wir stürzten uns direkt ins Getümmel. Auf dem Markt findet sich alles. Neben Obst und Gemüse, bekommt man Bettwäsche, Gewürze, Tee,Touri-Ramsch, Tücher, Unterwäsche, Fische, Fleisch, Brot, Töpfe, frisches Essen, Baklava und Halva, Nüsse, Blumen und viel frisch gepressten Saft. Ohne Sortierung reiht sich Verkäufer an Verkäufer, manch einer preist lautstark seine Ware an, aufdringlich wurde aber niemand.
Der Markt ist für alle Sinne eine Herausforderung, nach jedem zurückgelegten Meter sieht man wieder etwas neues, die Obst und Gemüsestände leuchten farbenfroh, die aufgetürmten Gewürze kitzeln in der Nase, der frisch gepresste Orangensaft will probiert werden, es riecht nach aufgeschnittenen Melonen und Falafel die im Fett backen. Mit einer ordentlichen Portion Baklava waren wir fast für den ganzen Tag satt und Tobi hatte Angst sein Magen würde dem Haufen Nüsse und Zucker niemals Herr werden.

Fast nahtlos schlenderten wir noch über eine Art Künstler-Markt, Getöpfertes, Fotografien, Schmuck, bemalte Holzbretter… Danach ging es in Richtung Rothschild-Boulevard: Schicke Hochhäuser aus Glas, zwischen den Fahrbahnen ein breit angelegter Fußgänger und Fahrradweg, dem man kilometerlang folgen kann.

Wir liefen und schauten Leuten beim Yoga auf dem bisschen Gras zu und liefen und sahen eine kleine Gruppe Artisten und liefen und sahen Kinderspielplätze und liefen und sahen Boule-Felder. Wir liefen viel und sahen noch viel mehr. Die Tel Aviver sind unglaublich aktiv. Das gleiche Bild bot sich uns, als wir uns wieder Richtung Strand zogen. Zum Baden sind im April die wenigsten im Wasser, die Liegestühle sind noch sauber gestapelt, aber überall sind Jogger, Fahrradfahrer, Beachvolleyballspieler oder Leute die sich einfach zum Chillen am Strand treffen, dazwischen Straßenmusiker aller Art.
Wir sahen dem bunten Treiben lang zu, bevor wir uns am Strand entlang auf den Rückweg machten.

Am Freitagabend hat hier jeder Strandabschnitt sein ganz eigenes Klientel, zuerst noch die Aktiven, dann ein Abschnitt wo sich allerlei Leute mit Trommeln zum gemeinsamen musizieren treffen, dann die muslimischen Familien beim BBQ mit Blick aufs Meer.

Abendessen fanden wir heute im Puaa. Als Vorspeise ließen wir uns leckeren Labaneh schmecken, danach ein Mousaka und Hackfleisch mit Minze auf Reis mit Nüssen und Joghurt… Sehr genial und wärmstens weiterzuempfehlen.

Wenn bei uns die Akkus leerer werden und wir uns nach unserem Apartment sehnen, geht es in dieser Stadt erst richtig los. Mit der Dämmerung stürmen die Leute regelrecht auf die Straßen und man ist von verschiedenen Düften umgeben, die frischgebackenen Falafel und Fleisch welches sich am Spieß dreht, Tabakrauch aus den Shisha-Bars und dazwischen immer ein bisschen Meeresbrise.