Sardinien 2017 – Tag 6 – Bari Sardo – 181 km

Heute konnten wir ziemlich lange schlafen da unser Frühstück erst um 9 Uhr parat stand. In der Küche des B&B Orgosolo haben nur 4 Personen platz, daher kriegt jeder sein eigenes Zeitfenster. Die Hausherrin spricht kein Wort Englisch – Wir sprechen kein Wort italienisch – aber händisch und füßisch sprechen wir alle und ein Handy mit Google Translate half uns für den Rest. Es war witzig und es war kommunikativ. Fast schon langweilig wurde es als zwei andere Gäste dazu kamen von denen einer Englisch sprach und anfing zu übersetzen.

Um ca. 10:30 starteten wir um die kleinen, steilen und verwinkelten Gassen von Orgosolo zu verlassen. Noch einmal waren wir verblüfft über den riesigen Parkplatz inmitten der engen Gassen. Wir blieben erstmal fern der Küste und bewegten uns heute immer wieder um die 1000 Höhenmeter. Eine Hochebene erfreute uns mit vielen Kurven und nahezu keinem Verkehr. So muss das sein. Hier hat Sardinien mich abgeholt! Hier macht Mopped fahren Spass und die Landschaft war auch schön anzuschauen. Viele Fotostopps zeugen davon dass es was zu sehen gab. Ein nahezu leerer Stausee zeigt deutlich dass es in 8 Monaten nur einen Tag geregnet hat. Auf den Straßen begegnen uns erst wilde Schweine, dann Esel, Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen. Allesamt überhaupt nicht scheu. Die Straßenverhältnisse werden schlechter und unsere Laune besser. Warum auch immer, aber wenn die Schlaglochdichte zunimmt und die Strasse fast schon zu schmal für ein Auto wird, dann fühlen wir uns am wohlsten. Der Ausblick in die Täler ist im Wechsel geprägt von Wäldern und von kargem Ackerbau. Ein Wunder dass hier überhaupt etwas wächst. Die Wälder sehen allerdings richtig schön grün aus, das liegt wahrscheinlich an dem ausgiebigen Regen vorgestern.

Ein besonderes Ziel haben wir heute auf der Liste – bzw. hab ich auf meinen kleinen Zettel für den Tankrucksack bekommen. In dem Örtchen Tonara gibt es eine süße Spezialität die sich Torrones nennt. Ein Eiweißgebäck mit Nüssen und Honig. Bretthart und echt schwer zu kauen, aber schmeckt nichtmal schlecht. Wir irrten durch den Ort und fanden mehr durch Zufall einen Wegweiser zu einem Laden. Dieser sah allerdings nicht nach Laden aus sondern nach Privathaus. Anja klingelte einfach und verschwand im Haus. 5 Minuten später kam sie lächelnd und mampfend zurück. Wieder eine Frau glücklich gemacht *g*

Unser Tagesziel heute ist ein Campingplatz direkt am Meer. Kurz bevor wir auf den Platz rollten stoppten wir noch an einem Supermarkt um uns mit Abendessen, Getränken und Frühstück einzudecken. Die Parzelle für unser Zelt wählten wir anhand des Bodenbelages aus. Der Platz welcher am wenigstens steinig aussah wurde unserer. In vierter Reihe zum Meer. Schnell das Zelt hingestellt und in die Badeklamotten gestiegen. Das Erlebnis Schwimmen wurde durch die Stärke der Strömung und der Wellen schnell gedämpft. So ließen wir uns ziemlich zügig wieder ans Ufer spülen und machten uns nach dem Duschen direkt über die frisch gekauften Köstlichkeiten. Salsicia und irgendein lokaler Käse mit Ciabatta, dazu Salat aus Gurken, Tomaten, Paprika und Mozzarella. Anja hatte es mit der Menge leicht übertrieben, aber was solls, es war saulecker!

Nach dem Essen nochmal ein kurzer Gang zum Meer und das Rauschen der Brandung genießen, dann ging es auch schon ab in die Schlafsäcke. Morgen wollen wir den Süden Sardiniens erkunden. Mal sehen wie die Strände dort so aussehen.

Sardinien 2017 – Tag 5 – Orgosolo – 176 km

Ausgeschlafen aufwachen ist toll. So soll Urlaub sein. Wir sehen durchs Fenster schon den blauen Himmel und springen förmlich aus dem Bett – NEIN! Wir sind natürlich müde wie immer und wer will früh schon aufstehen? Erst recht wenn er in einem saubequemen Bett mit Panoramafenster und Blick aufs Meer aufwacht. Naja wir haben ja keinen Stress die Tagesdistanzen sind eher kurz. Wir machen uns erstmal Rühreier und frühstücken gemütlich – irgendwie hab ich beim einkaufen gestern Pompelmo Saft erwischt statt Orangensaft… Grapefruitsaft am Morgen, das ist echt übel!!! Dann wird gepackt, die Moppeds aus der Garage geholt und verzurrt. Um 10:25 starten wir dann endlich das Abenteuer Sardinien.

Die SS125 an der Küste entlang soll sehr schön sein und bei Motorradfahrern beliebt… soll? Naja der Funke springt nicht so recht über. Die SS125 ist auf jeden Fall viel befahren und die Kurven sind überschaubar. Besser wird das heute erst als wir sie verlassen und die SS129 ins Landesinnere nehmen. Hier herrscht weniger Verkehr und die Kurven machen schon mehr Laune. Landschaftlich merkt man deutlich dass es bis gestern 8 Monate lang keinen Regen gab. Alles ist vertrocknet und staubig. Wir verlassen die SS129 um zu einer besonderen Quelle zu fahren. Die Quelle liegt am Nordhang des bis zu 1463 m hohen Supramontemassivs. Sie ist der Ausgang eines riesigen, bis zu einer Tiefe von 135 Metern erforschten Karsthöhlensystems. Das Wasser entspringt einem bläulich schimmernden Quelltopf, an dessen Grund sich die Austrittstelle, eine Spalte im Kalkfelsen, befindet. Der dort entspringende Bach mündet schon nach wenigen Metern in den Fluss Cedrino, der in das Mittelmeer fließt. Die Karstquelle ist mit einer mittleren Schüttung von 300 Liter pro Sekunde die wichtigste Quelle Sardiniens und wurde als Naturdenkmal ausgewiesen. Die Schüttung kann in Spitzenzeiten auf über 50.000 l/s ansteigen. Hier begegnen wir einem anderen Pärchen aus Würzburg (die Franken sind aber auch überall) welche Sardinien mit dem Mietwagen erkunden.

Der Nächste Stopp ist auf dem Monte Ortobene, dem Hausberg von Nuoro, geplant. Der Weg dorthin zaubert ein Lächeln auf unsere Gesichter und wir genießen die Kurven und den nicht vorhandenen Verkehr. Der Ausblick vom 900 Meter hohen Berg kann sich sehen lassen. Wir beobachten ein wenig die Wolken beim ziehen bevor wir die letzten km des Tages unter die Räder nehmen. Wieder erfreut uns die kurvige Strecke, allerdings ist sehr viel Sand durch den gestrigen Regen auf die Fahrbahn geschwemmt worden, was unseren Fluss beim Fahren etwas einschränkt. In Orgosolo angekommen suchen wir das Bed and Breakfast welches wir gestern auf Booking.com reserviert haben. Ohne Navi wäre das echt knifflig geworden. Kleinste Gässchen, nahezu alle Einbahnstrassen und das ganze an einem Hang gelegen. Als wir es endlich gefunden haben wird uns sofort der Privatparkplatz aufgesperrt. Inmitten der eng an eng stehenden Häuser tut sich ein Innenhof von der Größe eines halben Fussballplatzes auf. Wir staunen nicht schlecht und stauchen die Moppeds rein und verschließen nach dem Abpacken das Tor hinter uns.

Mit den Kameras bewaffnet ziehen wir los um Orgosolo zu Fuss zu erkunden. Die Stadt ist berühmt für ihre „Murales“ genannten Wandgemälde.

Die Wandmalereien in Orgosolo drückten zunächst den Protest gegen den geplanten NATO-Truppenübungsplatz auf dem Pratobello aus. Auch gegen die Mailänder Konzern-Chefs, die Gelder des Aufbauplans für Sardinien veruntreut haben, richtet sich der Protest. Neuere Bildnisse kommentieren z. B. die Weltpolitik – so wird Helmut Schmidt wegen Stammheim als „Experte in Sachen Staatsmord“ bezeichnet, ein Sieg der kambodschanischen und vietnamesischen Kämpfer gegen die USA am 25. April 1978 gefeiert und die Zahl der unschuldigen Opfer für den Sturz Saddam Husseins wird hinterfragt. Andere Bilder stellen das einfache Hirten- und Dorfleben dar, setzen sich für die Erhaltung der Sardischen Sprache ein. Viele der ca. 120 Murales orientieren sich stilistisch am Kubismus in der Art von Picassos Guernica, aber auch realistischere Gemälde sind darunter. Trotz einiger Beschädigungen etwa durch Umbauten von Häusern oder Witterung sind alle Murales weitgehend sehr gut erhalten. Leider verstehen wir aufgrund der Sprachbarriere viele der Murales nicht. Andere sind aufgrund der Bilder eindeutig. Nachdem wir gute 2 Stunden durch die Stadt gewandert sind suchen wir uns ein Restaurant um Abend zu essen. Ausschließlich lokale Gerichte lassen wir uns servieren und sind begeistert. Vor allem von der Nachspeise: Seadas mit warmem Honig. So gestärkt treten wir den Rückweg zu unserer Unterkunft an und lassen den Tag bei der Routenplanung für morgen und dem Sichern der Bilder ausklingen.