Griechenland 2024 – Tag14 – 239 km – Evia

Ich komm heute so garnet aus dem Bett – alles nur Kopfsache. Aber ich leg mich um 7:15 nochmal bis 8 Uhr hin. Die Folge davon ist dass wir (wie irgendwie immer) Sau spät loskommen. Dann brauchen wir noch einen Briefkasten und einen Supermarkt. Als wir endlich Nafplio verlassen ist es 10:45 Uhr. What the fuck??? Wir haben heute nur einen POI (Point of Interest) auf der Liste, den Kanal von Korinth. Somit sollte der Tag heute auch flott zu schaffen sein – sollte…

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Erstmal biege ich falsch ab und wir schauen uns dadurch noch eine kleine Kirche von außen an. Ein Hund vertreibt uns allerdings zügig. Hier sind wir wieder in einem Gebiet mit Citrusfrüchteplantagen. Also halten wir direkt am nächsten Strassenstand und kaufen wieder ca. 1kg Orangen für 1 EUR. Jetzt reichts aber mit anhalten. Die Griechen fahren mal wieder wie die Irren! Beschränkung auf 60 km/h – wir fahren 90 km/h und Anja wird auf einer einspurigen Strasse mit einem schmalen Seitenstreifen – rechts überholt. Warum? Aber immerhin, jetzt wo wir mal im Rollen sind geht es auch voran. Der Verkehr ist heute sehr von LKWs geprägt. Je weiter wir vom Finger runter fahren desto weniger Ortschaften sehen wir. So langsam kommt ein bisschen Hunger durch und Elli bräuchte was in den Tank. Aber der Kanal von Korinth ist nah und so beschließe ich diese beiden Themen erst am Kanal anzugehen.

Wo kann man sich den Kanal am besten ansehen – das könnte man im Vorfeld recherchieren oder man fährt einfach drauf los, so wie wir. Ich folge der Garmin Karte durch wilde schmale Gassen und dann über einen Schotterweg. Wir stehen direkt am Kanal. Um den Zaun welcher Leute davon abhalten soll an den Kanal zu gehen können wir einfach rumlaufen, also tun wir das auch. Gerade als wir runtergucken in dieses Meisterwerk der Ingenieurskunst (die haben halt nen Graben geschaufelt) kommt ein Segler vorbei. Ich seh das ja eher als immense Muskelkraftleistung. Dann fahren wir am nördlichen Ende über die Absenkbare Brücke. Nicht ohne vorher ein paar Bilder gemacht zu haben. Wir wollen noch über die große Brücke in der Mitte fahren, bzw dort in den Kanal gucken. Vorher gibt es jetzt aber Sprit für die Moppeds.

An der großen Brücke überlegt Anja kurz ob sie das Angebot zum Bungeejumping nutzen soll – 100 EUR sind uns dann aber doch zuviel. Nachdem die geplante Route gesperrt ist muss ich mal wieder improvisieren und wir gurken noch ein bisschen um den Kanal. Dabei sehen wir einen Bäcker und der Hunger bricht wieder durch. Also essen wir, unter schärfster Beobachtung durch eine Katze, ein paar herzhafte Teile. Nix mit Feta und nix mit Blätterteig! Aber danach noch nen Keks! Um nun wieder in die geplante Richtung zu kommen müssen wir über die südliche Absenkbare Brücke. Kurz überlege ich ob wir jetzt auch noch irgendwie die Autobahnbrücke eingebaut bekommen, dann hätten wir alle Brücken über den Kanal mal befahren.

Im weiteren Verlauf muss ich noch ein bisschen mehr improvisieren da auch die Ausweichroute wieder gesperrt ist. Wir fahren an der Küste entlang und der Ausblick ist mal wieder wunderschön. Wir sind aber ein bisschen blind dafür. Als wir bei Elefsina nach links von der Küste abbiegen blicken wir auf die Werft mit Ihren Trockendocks und das Wrack der Mediterranean Sky welche hier im Uferbereich gesunken ist. An riesigen verbrannten Flächen entlang geht es nun in Richtung Norden. Ortschaften hat es hier auch wenige. Dafür sind wir völlig überrascht als wir einen der vielen Hügel überqueren und sich die Landschaft völlig verändert. Von dem Immergleich der Olivenbäume wechselt das Bild hier zu lauter verschiedenen braunen Vierecken. Hier ist Ackerbau angesagt. Unter anderem fahren wir an Baumwollfeldern entlang. Dann kommt eine riesige Kabelfabrik – woher kommen die Arbeiter für die Fabrik? Hier hat es quasi keine Dörfer.

In Thiva ist die Luft raus – nicht aus den Reifen, aber aus uns. Wir brauchen dringend ne Pause. An einem Kreisverkehr halten wir und gehen in ein kleines Cafe. Zwei Cola und einen Cappuccino und 200ml Öl für Elli gibt es. Ich schau mir die Restroute nochmal an und wir beschließen ein bisschen Mautpflichtige E75 zu fahren. Die Autobahn welche auf Euböa führt ist dann entgegen unserem Erwarten mautfrei. Das Konzept begreife ich auch noch net so ganz. Vor allem mussten wir bei Auffahrt auf die E75 pauschal 1,70 EUR bezahlen. Das ist schonmal nicht Kilometerabhängig. Aber egal, heute wollen wir einfach nur noch ankommen.

Anja wir müssen reden. Ich habe Austauschbedarf über diesen Urlaub und über meine Erwartungshaltungen. Anja geht es genauso. Nachdem wir die Ferienwohnung bezogen haben (Schlüsselsafe sei dank ziemlich flott), die Moppeds neben dem Haus abgestellt sind und die Waschmaschine mit unseren stinkenden Sachen läuft setzen wir uns und lassen mal ein bisschen Griechenland Revue passieren. Es ist anders als wir es erwartet haben. Woran liegt das? Wenn Leute von Ihrem Griechenland Urlaub erzählen, dann erzählen sie von Strandurlaub auf einer Griechischen Insel (Korfu, Kreta, usw…). Diese Erzählungen prägen unser Bild eines Landes. Und das Bild welches wir im Vorfeld haben prägt unsere Erwartungen. Unbewusst – wir können das nur ganz bewusst aktiv angehen und uns im Vorfeld massiv informieren. Genau das haben wir in den letzten Jahren immer mehr zurückgefahren und uns mehr treiben lassen. Frankreich und Spanien haben uns auf diese Art vollkommen gefangen. Hier harmonierte diese Art des treiben lassens mit dem was wir vorgefunden haben. In Griechenland ist das nicht ganz so. Irgendwie fehlt uns die Leichtigkeit und der Flow. Wir lieben griechisches Essen… aber nach 10 Tagen griechischem Essen können wir es nicht mehr sehen. Das ging uns bisher auch noch in keinem Land so. Die Bilder im Whatsapp Status lösen immer wieder Reaktionen aus. Man weiß wie man den Bildwinkel setzen muss, man weiß was die Leute, welche zuhause und auf der Arbeit sind triggert. Der Eindruck den man erzeugt spiegelt nicht immer das eigene Gefühl wieder. Wir pausieren unser Gespräch und gehen griechisch Essen. Auf dem Weg und beim Essen geht es weiter. Heute gibt es Fisch, weil wir sind schließlich am Meer. Die Kellner sind lustlos und mögen nix erklären. Wir bestellen viel zu viel. Tzaziki (heute Knoblauchscharf), bekommen Brot dazu (6 Scheiben), einen griechischen Salat (keinen Bock mehr auf Pommes), Sardinen (salzig) für mich, panierten und frittierten Kabeljau für Anja, als Beilage zweimal grilled potatoes (Salzkartoffeln). Das Essen ist geschmacklich gut, allerdings löst es in uns keine Begeisterung aus. Und es ist zuviel. Wir essen trotzdem fast alles auf und laufen dann zurück zur Wohnung.

Die philosophischen Gedanken beenden wir für heute und machen uns an die Planung der nächsten Tage. Zuerst noch Wäsche aufhängen, dann ab an den Laptop. Wenn man nichts vorgeplant hat sitzt man jeden Abend noch am Laptop und muss sich Gedanken machen wo man hin möchte. Die Gedanken sind bei uns jetzt einfach – wir müssen in Richtung Heimat. 10 Tage – knapp 2400 km. Man kann das auch Eisenarsch mäßig auf der Autobahn abreißen. Das wollen wir aber (noch) nicht. Länder wie Albanien und Montenegro liegen noch zwischen uns und daheim. Da wollen wir nicht nur durchhetzen. Und wieder stolpern wir über unsere Erwartungshaltungen. In Griechenland gibt es große Flecken ohne Unterkünfte auf Booking.com. Auch andere Quellen bestätigen dass hier einfach kein Tourismus stattfindet. Wir müssen auch heute unsere Route an diese Gegebenheiten anpassen. Grobe Schlagdistanz + grobe Richtung + verfügbare Unterkünfte = Route -> der Eindruck welcher von außen entsteht ist: „guck mal wie frei sie sich ausgesucht haben wo sie heute sind und was für tolle Unterkunft sie gefunden haben.“ Alles eine Frage des Blickwinkels und des Gefühls welches aus der eigenen Ausgangslage resultiert.

Bitte versteht mich heute nicht falsch. Uns geht es gut, wir sind in einer absoluten Luxussituation – im Urlaub – auf Reise. Trotzdem entstehen hier auch Gefühle welche nicht immer nur Rosarot sind. Mit diesen Gedanken geht es heute ins Bett. Wir erschlagen noch drei Moskitos und für morgen steht der Wecker auf 6 Uhr.

Unterkunft: Garden Lefkanti, 4season Plaza Room Chalkida

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Über Tobias Seidel

Tobias Seidel wurde 1981 geboren und hat sein Hobby IT zum Beruf gemacht. In seiner Freizeit beschäftigt er sich viel mit den Themen Reisen, Triathlon, Motorräder, Fotografie und Tanzen (Standard).

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