Balkantour 2018 – Tag 10 – 257 km – Nestorio

Ich wache auf und schwitze nicht! Ein Zustand den ich von den letzten Tagen nicht gewohnt bin. Es ist so kuschelig hier im Bett dass ich einfach nicht raus will. Anja sitzt schon seit ner Ewigkeit auf dem Balkon und beschäftigt sich still um mich nicht zu wecken. Wir sind auf 950 Meter Höhe in einem Tal neben einem Fluss und hier hat es echt angenehme Temperaturen. Zum Frühstück bestellen wir eine Portion Wurst und Käse und einen „Pie“. Der Cheesecake outet sich sehr zu unserer Freude als Burek mit Käse. bevor wir losfahren noch kurz ein Basischeck an den Moppeds – beide brauchen Öl. Nachdem das erledigt ist können wir starten – huch schon 10:15 Uhr.

Die Schlucht zieht sich sehr zu unserer Freude ewig hin. Überhaupt ist heute das Thema Wasser irgendwie immer in unserer Nähe. Am Ende der Schlucht wird der Fluss zu einem riesigen See aufgestaut, dem Debarsko Ezero. Immer wieder geht es ein paar Meter in die Höhe, nur um dann in das nächste Tal hinab zu fahren. Urwald zu beiden Seiten und immer einen Fluss neben uns sind Kurven garantiert. Mazedonien ist perfekt zum Motorradfahren! Unser nächster Halt liegt am Ohridsee der zu den ältesten Seen der Welt gehört. Sein Alter wird auf 2 bis 5 Millionen Jahre geschätzt, das Vorkommen bestimmter Fischarten lässt auf eine Entstehung vor mehr als 2,6 Millionen Jahren, schließen. Der See entstand durch einen Grabenbruch. Die auch heute auftretenden tektonischen Aktivitäten bedingen wahrscheinlich auch die Existenz eines etwa 100 Meter hohen subaquatischen Berges. Wir hatten von vielen den Hinweis bekommen dass es hier besonders schön sein soll. Wir finden erstmal aber nur viel Tourismus und Hotelbunker um den See vor. Das ist nicht unser Verständnis von Schön. Als wir den See dann nach links in einen Naturpark verlassen erschließt sich uns die Schönheit.

Der Naturpark liegt zwischen dem Ohridsee und dem Prespansko See und führt einen über 1500 Meter in die Höhe. Der Ausblick von hier oben auf den Ohridsee ist gigantisch. Paraglider nutzen die Aufwinde an den Hängen und starten in kleinen Gruppen. Wir stehen da und staunen. Auch hier blühen wieder Unmengen an Blumen und die Natur scheint mit sich im Reinen zu sein. Am Prepansko See überschreiten wir dann die Grenze nach Albanien. Man ist sofort in einer anderen Welt. Überall sind Menschen auf Eselskarren unterwegs. Neben der Straße pflügt ein Bauer sein Feld. Der Pflug wird hierzu von seinem Pferd gezogen. Andererseits begegnen einem auf den Straßen auch nageleue große Mercedes oder Porsche Cayenne. Welch ein Kontrast zwischen Arm und Reich. Die Straßen hier sind übrigens in einem perfekten Zustand. Und Kurven hat es hier, eine wahre Pracht. Alle paar km halten wir an um Fotos zu machen da die Landschaft uns einfach vom Hocker haut. Wir bleiben heute aber nicht lange in Albanien. Griechenland ruft nach uns.

Der Grenzübertritt ist wieder völlig unspektakulär, nur der Kreisverkehr direkt nach der Grenze verwirrt mich und so landen wir auf der neuen Autobahn. Umdrehen sollte man hier nicht, also Augen zu und durch und umplanen. Wir zahlen erstmal 1,50 € pro Motorrad Maut und nehmen direkt danach die Abfahrt um uns weiter auf kleinen Straßen in Richtung Nestorio durchzuschlagen. Unfreiwillig haben wir damit unsere geplante Route abgekürzt, was allerdings gar nicht so schlecht ist da es schon ziemlich spät ist. Um kurz nach 18 Uhr (Griechischer Zeit – mit Grenzübertritt hatten wir ja +1 Stunde) erreichen wir die heutige Unterkunft.

Mike der Eigentümer des Guesthouse Alexandros spricht nur spärlich Englisch und ruft erstmal per Telefon Verstärkung. Das Zimmer zeigt er uns derweil schonmal. Als der Übersetzer da ist klären wir die grundlegenden Dinge: 20 Uhr Abendessen, 8 Uhr Frühstück, Wifi Key. Das Abendessen kocht der Eigentümer selbst. Das hätten wir nicht erwartet besitzt er doch zwei Gästehäuser in Nestorio – was bei mir zu einem kurzen Schreckmoment geführt hat als ich die Booking.com Email nochmal ansehe und die Bilder unserer gebuchten Unterkunft zum Nachbarhaus passen… HABEN WIR IM FALSCHEN HAUS EINGECHECKT? Don’t panic! Dieses Motto vergesse ich kurz und spreche den Wirt auf das Problem an. Er muss lachen und erklärt mir auf Griechisch dass beide Häuser ihm gehören. Irgendwie verstehe ich es und wir können beruhigt essen. Vorneweg gibt es noch einen Tsipouro, dann Bifteki, selbstgemachte Pommes, griechischen Salat und geröstetes Brot, danach noch eine Torta mit Schokocreme. Wir sind mal wieder im Fresskoma. Ich liebe diese Region für Ihre Küche! Das Bett ruft und wir folgen diesem Ruf nur zu gerne.

Balkantour 2018 – Tag 9 – 321 km – Trnica

Zum Frühstück heute gab es mal was neues. Breaded Pancakes. Was das wohl ist? Pfannkuchen mit Schinken und Käse aufgerollt und dann paniert und frittiert. Mega! Leider hat sich Anja dafür entschieden. Ich hatte ein schnödes Omelett mit Käse. Schnell gepackt und ab auf die Moppeds, wir brauchen noch nen Laden da unsere Trinkrucksäcke leer sind. Kumanovo zieht sich ganz schön. An den kleinen Shops bieten sich keine Parkmöglichkeiten und so kaufen wir unser Wasser an einer Tankstelle. Wieder einmal wird Anja auf dem großen Mopped angeglotzt wie ein Alien. Das ist hier nicht so üblich dass eine Frau selber Motorrad fährt…und dann erst rechht kein soooo großes!

Skopje umfahren wir auf der Schnellstraße. Eine zweite große Stadt um diese Uhrzeit ist uns einfach zuviel des guten. Außerdem wollen wir zügig in den Kosovo kommen. An der Grenze müssen wir erstmal eine Versicherung abschließen (10 EUR pro Motorrad für 14 Tage), da der Kosovo nicht in den grünen Versicherungskarten enthalten ist. Der eigentliche Grenzübertritt war dann ein Klacks. Aber dann beginnt das Elend. Hier wird gerade Autobahn gebaut. Und zwar auf Pfeilern. Gefühlt bauen die 1000 Brückenpfeiler. Die staubige Baustelle geht dann direkt wieder über in eine Stadt. Der Hammer wie hier alles boomt. Nichts steht leer. Massig Läden, viele Autos und noch viel mehr Menschen. Unglaublich viele junge Erwachsene und Jugendliche. Hier geht es aufwärts, das sieht, hört und fühlt man. Hoffentlich geht es auch nach dem Ende der Autobahnbaustelle, welche unmengen Arbeitsplätze mit sich bringt, so weiter.

Wir verlassen die Stadt auf einer kleinen Straße welche in Basecamp als unbefestigte Straße gekennzeichnet ist. Perfekter nagelneuer Asphalt und auf eben diesem geht es jetzt ab in die Berge. Hier ist er dann wieder, der Urwald.Der Ausblick entschädigt so dermaßen für die lange staubige Baustelle. Kurven vom feinsten und immer wieder neue visuelle Eindrücke. Die Wiesen hier sind kunterbunt und es duftet nach Blumen wie ich es noch nirgends vorher erlebt habe. Immer wieder treiben Jungen Kuhherden über diese Wiesen. So muss es vor 50 Jahren im Allgäu auch ausgesehen haben.

Von Suhareke nach Prizren geht es eine etwas größere Strasse auf der wir zügig voran kommen. Prizren zu durchqueren wird dann wieder zur Qual. Anja beschreibt es so: Es ist als ob man einfach in ein Wimmelbild geworfen wird. Ich fühle mich wie in einem Ameisenhaufen. Unglaubliches Chaos herrscht hier in der Stadt. Dann will man neben dem Verkehr auch noch ein wenig Sightseeing machen und navigieren soll man ja auch. Wir sind froh als wir die Stadt hinter uns lassen, ärgern uns aber auch dass wir nicht am einen oder anderen Gebäude angehalten haben um es zu fotografieren. Hierbei sind die Motorräder aber in einer großen Stadt eher hinderlich. In diesem Urlaub vermisse ich auch zum erstenmal die Möglichkeit direkt mit Anja zu kommunizieren. Wir haben keine Interkoms da wir bisher immer sehr gut ohne auskamen. Aktuell denke ich tatsächlich über eine Anschaffung nach.
Prizren ist quasi das Tor zu den Bergen. Es geht direkt in einen Nationalpark, der uns quasi wie ein Staubsauger durch eine Schlucht einsaugt. Alleine diese Schlucht ist schon der Wahnsinn! Dann geht es in die Höhe und nach jeder Kehre oder Kurve könnte man erneut anhalten um zu fotografieren. Wir haben uns heute aber ein strammes Pensum auferlegt und sollten so langsam aber sicher vorwärts kommen. Den einen oder anderen Stopp müssen wir aber doch einlegen.

Bei einem Stopp merkt Anja an dass sie immer wieder Rutscher mit dem Hinterrad hat und auch beim Bremsen ab und an merkt dass der Hinterreifen Grip vermissen lässt. Der Michelin Pilot Road 4 Trail mag scheinbar den Kosovarischen Asphalt (später auch den Mazedonischen) eher weniger. Die Mitas E07 auf welchen ich unterwegs bin kleben wie sie sollen. Bei ein zwei Bremstests auf Asphalt schaffe ich es fast nicht das Hinterrad zu blockieren.

Der erneute Wechsel nach Mazedonien fällt fast nicht auf, so schnell sind wir über der Grenze. Wir steuern über kleine Nebenstraßen auf Gostivar zu. Vor uns baut sich ein Gewitter auf und wir sehen immer wieder Blitze. Die Trinkrucksäcke sind auch mal wieder leer und so beschließe ich das Gewitter an einer Tankstelle auszusitzen und Wasser zu kaufen. Welche Freude, das erste Jana Wasser (kroatische Marke) auf diesem Trip. Nach 15 Minuten ist das Gewitter aus unserer Fahrtrichtung weggezogen und wir setzen an zum Endspurt. Ein paar Kilometer nach Gostivar biegen wir rechts ab zum Mavrosko Ezero (See). Dieser Stausee liegt wunderschön von Bergen eingebettet vor uns und die tief stehende Sonne lässt die Wogen des Sees glitzern. Wir haben aber keinen rechten Blick mehr dafür und wollen den heutigen Tag zum Ende bringen. An der bereits gebuchten Unterkunft Hotel Korab Trnica ist die erste Frage ob wir eine Reservierung haben da sie komplett voll sind. Ein Ja als Antwort später sind wir auch schon in unserem Apartment und duschen.

Danach direkt ab ins Restaurant und lokale Köstlichkeiten (Lamm, Kartoffeln und Salat / Eintopf aus Rind und Geflügel mit Käse überbacken dazu Brot und Salat) in uns reingeschaufelt bis wir platzen könnten. Trotzdem musste noch ein Palacinke mit Banane und Sahne sein. Am Nebentisch feiert eine Familie (ca. 25 Leute von Kleinkind bis Oma). Den Anlass erfahren wir leider nicht. Es ist Interessant z.B. die Sitzordnung zu beobachten. Strikt nach Geschlecht getrennt und dann nach Alter sortiert. Nach dem Essen noch schnell Routenplanung und direkt ab ins Bett. Für einen Bericht bleibt keine Zeit da es schon zu spät ist. Der muss noch einen Tag warten. (getippt am Tag darauf in Griechenland)