Slowenien 2020 – Tag 05 – 241km – Rundtour wieder zur Vina Kauran irgendwo in den Weinbergen

Warum stellt Mann (Frau bleibt liegen) sich im Urlaub nen Wecker auf 6 Uhr? Richtig weil um 7 Uhr die Sonne aufgeht und man nichts verpassen will. Wir sind auf einem Hügel in den Weinbergen und wollen den Sonnenaufgang genießen und fotografieren. Schwer fällt es mir trotzdem aufzustehen. Heute beginnt hier auf dem Weingut außerdem die Weinlese und wir wollen den Anfang komplett miterleben. Also sitzen wir um 7:30 bereits vor dem Haus und warten auf die angekündigten Arbeiter.

Um 7:33 beginnt es, der erste kommt und es wird laut hier. Ein Geschnatter und lauter freudestrahlende Gesichter. Man hat den Eindruck die Leute hätten sich seit Jahren nicht gesehen und müssten sich ihre ganze Lebensgeschichte erzählen. Eine Ziehharmonika wird ausgepackt und zur Musik tanzen sogar einige. Während wir unser Frühstück inmitten der Arbeiter bekommen gibt es für diese Schnaps und Nussstrudel. Auch wir bekommen Schnaps angeboten, versuchen diesen abzulehnen mit dem Argument wir wollen ja dann noch Motorradfahren, dieses wird aber mit dem deftigen Frühstück entkräftet. Wir genießen die Zeit und lauschen als der Chef eine Ansprache macht. Dann spielt der Quetschenspieler die Arbeiter in den Weinberg und hier herrscht auf einmal wieder Stille. Wann ist diese Stimmung in Deutschland verloren gegangen? Sich zu treffen und zusammen Arbeit zu erledigen. Das ganze mit Freude zu tun. Daraus ein Fest zu machen? Bei uns muss alles immer 100% effektiv sein und die Kennzahlen müssen stimmen. Hier ist eines klar, wenn am Abend der Traubensaft in den Tanks ist und die Leute ein Fest hatten dann war der Tag gut. Ob das jetzt ein Liter mehr oder weniger ist spielt keine Rolle. Und wann ist in Deutschland die Offenheit gegenüber Fremden verloren gegangen? Wir fühlten uns zuerst wie zwei Fremdkörper inmitten der feiernden Arbeiter. Aber diese haben uns herzlich aufgenommen. Viele erkundigten sich woher wir kommen, wohin wir fahren, ob es uns hier gefällt und natürlich ob der Wein schmeckt den sie hier produzieren. In Deutschland würdest du früh vor der Arbeit höchstens ein „Geh weg“, „Lass mich in Ruhe“ oder ein „Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß“ bekommen. Es muss sich wirklich etwas ändern an der Einstellung der Menschen!

 

Wir haben gestern spontan beschlossen noch eine Nacht hier zu verbringen und heute eine Rundtour zu fahren. Der Hausherr hat sich während dem Frühstück noch unsere Route angesehen und uns Tipps mit auf den Weg gegeben. Um kurz nach 10 Uhr fahren wir los durch die hügeligen Weinberge. Unser erster Halt führt uns ins Schloss Grad. Dieses soll so viele Zimmer haben wie das Jahr Tage hat. Einige davon kann man besichtigen und dank Audioguide müssen wir nicht einmal die Infotafeln lesen. Es ist fast nichts los und so sind wir in weniger als einer Stunde durch. Wir haben viele alte Handwerksgeräte gesehen und einiges über die Natur in der Umgebung gelernt. Unter anderem dass es hier viele Otter gibt. Das erklärt später auch ein Strassenschild „Warnung vor dem Otter“ welches Anja erst kurz als Minidino betitelt *g* bevor die Erinnerung an die Otter wieder kommt.

Die Landwirtschaft hier wird geprägt von Wein und Mais. Auf den Maisäckern ist auch gerade die Ernte in vollem Gange. Teilweise wird gedroschen, teilweise gehäckselt. Wir sehen nur einen Bauern der ganze Maiskolben erntet. In Dobrovnik fahren wir den ersten Tipp von Zlatko an: „Ocean Orchids“. Hier ist ein Tropenhaus und ein Orchideengroßhändler. Wir beschließen dann allerdings doch dies auszulassen. Bei dem guten Wetter wollen wir lieber noch mehr draußen unternehmen als uns unter Dach zu bewegen. Unser nächster Stopp liegt in Lendava. Das Vinarium ist ein Aussichtsturm im Vier-Ländereck. Das Wetter ist der Hammer und so haben wir auch den entsprechenden Weitblick von der Spitze. Ungarn, Kroatien, Österreich und Slowenien liegt uns hier zu Füssen. Außerdem gibt es am Fusse des Turmes Essensspezialitäten aus eben diesen Ländern. Der Kürtöskalacs-Stand hat leider geschlossen. Wir gönnen uns zwei ungarische Langos für mich mit Schmand, Knoblauch und Käse, für Anja mit Schmand, Kürbiskernen und Kürbiskernöl.

Die restliche Fahrstrecke wird nun etwas „langweiliger“ weil größere Strassen und weniger Kurven und Hügel. Aber so kommen wir auch etwas flotter voran. Ein letzter Sightseeingstop an einem alten schwimmend gelagerten Wasserrad welches eine Werkstatt angetrieben hat. Dann kaufen wir an einer Pekarna noch Burek und andere Leckereien für unser Abendessen. Der Verkäufer hier ist Kosovare (er stammt aus Prizren) und wir unterhalten uns ein wenig mit ihm über die Veränderung in den Ländern. Er hat aufgrund des Krieges in Albanien und in Deutschland (Berlin) gelebt. Nun ist seine neue Heimat Slowenien. Er freut sich als wir erzählen dass wir 2018 den Kosovo bereist haben und das Land toll fanden. Viel später als erwartet rollen wir um 17:45 wieder aufs Weingut. Die meisten Arbeiter sind für heute schon weg. Die Familie ist noch mit Aufräum- und Reinigungsarbeiten beschäftigt.

Wir genießen die Ruhe, sitzen noch ein bisschen draußen und schauen über die Weinberge. Um 19 Uhr sind die Arbeiten dann beendet und der Chef spendiert uns noch eine Flasche grünen Silvaner. Aber nicht ohne uns eine Führung durch die Weinkeller zu geben. Man sieht dass hier aktuell kein kommerzieller Betrieb stattfindet sondern Weinlese ist. Der Chef brennt für seine Arbeit und erzählt uns voll stolz von seinen Erfolgen mit den Weinen. Er sagt aber auch deutlich dass Weinbau sehr viel mit Glück zu tun hat und dass er sehr dankbar für dieses Glück ist. Wir probieren noch zwei verschiedene Traubensäfte welche heute erst frisch gepresst wurden. Die sind mal der Hammer!!! Am liebsten würden wir so einen Tank voll mitnehmen. Nach der Führung fahren dann auch Zlatko und seine Frau Zora nach Hause und das Weingut gehört uns wieder ganz alleine. Die Stille hier ist einfach fabelhaft. Wir genießen den Wein und essen zu Abend. Der perfekte Ausklang für diesen Tag.

Slowenien 2020 – Tag 04 – 250km – Vina Kauran irgendwo in den Weinbergen der Untersteiermark

Um kurz nach 8 Uhr saßen wir wieder vor der Speisekarte fürs Frühstück. Cappuccino, Tee, Orangensaft, eine Wurstplatte, pochierte Eier auf Bacon und Toast, ein Omelett, Käsekuchen, Müsli und eine Obstplatte haben wir verdrückt. War vielleicht ein bisschen viel, aber es war sooo lecker. Auf Moppedfahren hatten wir danach keine Lust… wir hätten uns lieber nochmal hingelegt. Aber die Unterkunft für heute Nacht war ausgesucht, die Route auf dem Navi und hier hätten wir jetzt erstmal zur Rezeption gehen müssen um die Buchung zu verlängern. Da es von der Rezeption bis zu den Moppeds nicht mehr weit war haben wir beschlossen doch einfach die Taschen zu ebenjenen zu tragen und weiter zu fahren.

 

Wir drehten nochmal eine Runde um den See, legten noch einen Fotostopp ein und verließen dann den Kessel um das Gewässer in Richtung Osten. Die DWD Wetterapp sagte voraus dass wir im Nordöstlichen Bereich von Slowenien bis Donnerstag trockenes Wetter haben. Erst am Freitag soll es dort auch mal regnen. Wir nutzen quasi wieder Max (Maxmoto aus dem Mimoto Reiseforum) sein Blue Sky Navi und „flüchten“ vor dem kommenden Regen. Weil wir grad beim Forum sind. Auf Facebook kommentiert Klaus Hübner (https://www.erlebnis-motorradreisen.com / https://www.klausmotorreise.com/) noch dass er auf nen Kaffee in Bled war… da hätte man sich ja mal treffen können. Aktuell ist er jetzt beim Bärenwirth in Masun. Diese Unterkunft wollten wir vielleicht wenn es sich ergibt auf dem Heimwärtsweg noch anfahren. Bis dahin ist Klaus allerdings auch schon wieder weiter.

Die Strecke ist heute kürzer, dafür sind die Strassen auch kleiner. Wir lassen fliegen und genießen die Kurven. Zuweilen geht es durch Hopfenanbaugebiet oder es säumen Maisäcker den Weg. Überhaupt ist der Herbst eine tolle Zeit um Unterwegs zu sein. Überall nimmt man tolle Gerüche auf. Die Erntemaschinen sind am werkeln und brechen den Boden auf. Die Natur lässt nochmal alle Farben raus und reizt unsere Sinne wo es nur geht. In Kamnik drehen wir eine kleine Runde durch den Ort und hätten fast an einem Cafè halt gemacht, aber unsere Mägen sind noch prall gefüllt vom Frühstück. So siegt die Vernunft und wir fahren nach der kleinen Sightseeingrunde wieder weiter.

In Gornij Grad schauen wir uns die Kirche an und nutzen die kostenlosen öffentlichen Toiletten. Ein imposanter Kirchenbau steht hier quasi im Nirgendwo. Wir kommen gut voran und die vielen Kurven lassen das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht verschwinden. In Velenje wird das Grinsen dann an der Tankstelle noch breiter. Könnt ihr euch erinnern wann ihr zuletzt Super E5 für 1,000 EUR getankt habt? Wir uns ehrlich gesagt nicht! Beim Diesel kam das ja durchaus mal noch vor, aber Super Benzin… das ist sehr lange her. Nach Velenje ging es wieder etwas näher an die Grenze und wir kamen zurück zur Drau (Drava) dem viertlängsten Nebenfluss der Donau. Wir hatten die Drau ja schon in Österreich ein Stück begleitet, dort ist sie aber noch ein „Flüsschen“ im Vergleich zum Zustand hier. Der Fluss hat deutlich an Volumen gewonnen. Immer wieder wird er durch Staustufen für die Elektrizitätsgewinnung genutzt.

Wir sind nun im heutigen Zielgebiet der Spodnja Štajerska (Untersteiermark) angekommen, aber bis zum Ziel ist es trotzdem noch ein gutes Stück. Kurz vor Maribor wenden wir uns wieder nach Norden um noch ein bisschen Näher an die Grenze heranzufahren und in die Weinberge vorzudringen. Es sieht fast ein bisschen aus wie in der Toskana – naja die Bäume sind anders… aber es ist total hügelig und es wird einem beim Fahren fast schwindelig. Rechts, Links, Auf, Nieder, im steten Wechsel geht es so. Gegen Mittag haben wir Marko (unserem Gastgeber heute Abend) eine SMS geschrieben dass wir wohl so gegen 16:30 – 17:00 Uhr auf dem Weingut ankommen werden. Hier in den Weinbergen kommen wir aber immer langsamer voran. Die Straßen sind einspurig und teilweise in schlechtem Zustand, was uns sehr gut gefällt, aber halt auch die Fahrgeschwindigkeit senkt. In Sentilj halten wir noch an einer Bäckerei und einem Lebensmittelladen. Einen Burek, Käse, Wasser , Oliven und Brot kaufen wir fürs Abendessen ein, dann erreihen wir mit 10 Minuten Verspätung das Weingut Kauran (www.kauran.com).

Hier werden seit August diesen Jahres drei Zimmer vermietet (Zwei Doppel- und ein Viererzimmer). Marko empfängt uns mit einer Flasche Chardonnay und zeigt uns unser Zimmer. Er ist sehr beschäftigt da morgen die Weinlese beginnt und er, sein Vater und sein Bruder alles dafür vorbereiten. Scherzhalber bieten sie uns an dass wir bleiben und mithelfen können. Nachdem ich einmal mit dem Foto den Weinberg ein Stück hinab und wieder hinauf gelaufen bin lehne ich ab. Wir sind zum Urlaub machen hier, nicht zum arbeiten. Den Wein und unser Vesper lassen wir uns bei einem wundervollen Ausblick über die Hügellandschaft schmecken und genießen die Stille welche einkehrt als alle verschwunden sind. Wir sind ganz alleine hier auf dem Weingut. Erst morgen früh ab 7 Uhr kommen dann die Arbeiter um loszulegen. Wir ziehen uns bald auch zurück in unser Zimmer und planen noch den morgigen Tag. Spontan beschließen wir eine Rundtour zu fahren und noch eine Nacht hier zu verbringen. Morgen wird die Nordost Ecke Sloweniens erkundet, bevor es dann am Donnerstag in den Südosten geht.