Augen auf zum Klingeln des Weckers um 7 Uhr. Und was sehen die Augen? Regen… unendliche Mengen an Regen. Also rumdrehen und weiterschlafen. Es gibt so Tage, da will man nicht weiterfahren. Heute war so ein Tag. Gestern hat es uns ja schon ganz schön gewaschen da haben wir heute nicht schon wieder Lust drauf. Außerdem ist das ja eine psychologische Sache. Fängt es zehn Minuten nachdem man losgefahren ist, an zu regnen – naja, dann ist es halt so. Aber bei strömendem Regen losfahren ist da deutlich schwerer. Wir überlegen, was wir tun sollen. Den Tag, welchen wir rausgefahren haben im Bett verbringen? Oder einfach eine Stunde später starten und hoffen? Oder der Sprung ins kalte Wasser? Wir drehen uns erstmal nochmal rum. Dann packen wir lustlos die ersten Sachen zusammen, machen Frühstück aus den restlichen Champignons einer halben Zwiebel und vier Eiern und dann ringen wir uns zu einer Entscheidung durch. Wir fahren, aber ein bisschen später. Wir wollen heute bis Kautokeino in Norwegen kommen. Das wären ca. 400 km, da kann man schon mal ne Stunde später los.
11:11 Uhr die Motoren gehen an. Wir sitzen in voller Regenmontur auf den Bikes und die Dame an der Rezeption hat noch was von „lovely weather“ gebrabbelt. Sie muss wohl Engländerin sein, wenn sie den Regen so „lovely“ findet. Wir begeben uns auf die E10 und ziehen am Gas. Naja, soweit man das hier halt darf. Die Entscheidung loszufahren erweist sich als goldrichtig. Schon nach wenigen km lässt der Regen spürbar nach und es dauert nicht lange bis erste blaue Fetzen am Himmel auftauchen. Nun geht es recht flott und wir fahren unter leicht wolkigem blauen Himmel dahin. In Överkalix verlassen wir die E10 schon wieder und folgen erstmal der 392. Alsbald kommt auch einer meiner Waypoints auf dem Garmin in Sicht: der Polarkeis. Kurzer Stopp, den Selfiestick an die Actioncam montiert und ein Foto gemacht. Schon ging es wieder weiter. Immer das gute Wetter und die Reststrecke im Blick bemerkten wir, dass der Verkehr deutlich weniger wird. Weitestgehend darf man 100 km/h fahren und alle heilige Zeit überholt man mal einen LKW. Die 392 gefällt uns. In Pajala sehen wir den ersten Wegweiser nach Finnland. Ein deutliches Zeichen, dass die Grenze näher rückt. Finnland werden wir nur auf einem kurzen Stück durchqueren um nach Norwegen zu kommen. Die E21 geht entlang der Grenze in Richtung Norden und bringt uns damit dem Tagesziel zügig näher.
An der Grenze entledigen wir uns der Regenklamotten. So langsam wurde es ganz schön warm in dem Zeugs. Kaum in Finnland angekommen, haben wir auch gleich die ersten Rentiere gesehen. In völliger Gemütlichkeit laufen diese auf der Straße herum und lassen sich von den Fahrzeugen nicht mal Ansatzweise stören. Je weiter Nordwärts wir kommen, desto häufiger haben wir diese Begegnungen. Ich muss ehrlich sagen, diesem Teil Finnlands können wir nicht sonderlich viel abgewinnen. Immer niedriger gewachsene Bäume (vor allem Birken), eine lange Sumpflandschaft und unzählige Stechmücken. Wir können an dieser Gegend keinen Anreiz erkennen, nochmal wieder zu kommen. Wir sind froh als wir endlich die Grenze zu Norwegen passiert haben. Noch ca. 40 km bis Kautokeino, wo es drei Campingplätze gibt. Danach käme eine Strecke von 135 km ohne Campingplatz laut Archie Campings. Für uns heißt es also entweder einen der drei nehmen oder nochmal die Zähne zusammenbeißen. Wir decken uns in Kautokeino erstmal mit Norwegischen Kronen ein und gehen im lokalen Supermarkt shoppen. Dann nimmt uns das Wetter die Entscheidung ab. Der Himmel wird immer dunkler und es beginnt zu donnern. Wir entscheiden uns für den Arctic Camping Kautokeino. Schnell noch drei Hütten angeschaut und eine für uns ausgesucht, schon fängt es an zu regnen und wir bringen mit den ersten Tropfen unser Gepäck in unser Nachtquartier.
Heute siegt der Hunger über alle anderen Bedürfnisse und so machen wir uns schnell eine Suppe bevor es noch Gurke, Paprika, Tomaten, Käse und Brot gibt. Es gibt kostenloses WLAN, was wir auch gleich mit den Handys nutzen. Während dem Schreiben dieser Worte überkommt uns ein Schokoflash und wir müssen entsetzt feststellen, dass wir keine Schokolade dabei haben. Also zu Fuß nochmal zum Supermarkt und mit einem „kleinen“ Notfallvorrat eingedeckt. Der Rückweg wird allerdings zur Tortur, da Stechmücken über uns herfallen, als gäbe es außer uns zwei niemand anderen im Umkreis von 1000 km. Unser Plan war es, dass wir uns mit lokal erhältlichen Insektenschutzmitteln eindecken. Im Supermarkt gab es allerdings nur das gleiche Autan wie bei uns zu Hause. Kann uns jemand etwas Wirksames, was hier in der Finmark bekommen empfehlen?
Morgen geht es nun also endlich bis ans Nordkapp. Vorher werden wir aber eine heute gebuchte Hütte auf dem Midnattsol Skarsvag Campingplatz beziehen und Gepäck abwerfen.