Wir hatten trotz der harten Matratzen sehr gut geschlafen. Die Pension mitten in der Stadt ist sehr ruhig gelegen. Noch vor dem Frühstück packten wir die ersten Sachen und brachten sie zu den Motorrädern. Um Punkt 8 Uhr gingen wir dann zum übersichtlichen Buffet. Auch wenn die Auswahl nur klein war wurden wir locker satt und fuhren um 9:10 Uhr vom Hof. Der morgendliche Nebel hatte schonmal dem blauen Himmel Platz gemacht, war aber bis zu unserer Abfahrt zurückgekehrt. Die ersten Kilometer hatten wir daher nur einen begrenzten Ausblick.
An der Kathedrale des heiligen Martin (Spišská Kapitula) legten wir einen ersten Sightseeing Stopp ein – und es sollte für heute auch schon fast der Letzte sein. Jeder drehte eine Runde mit der Kamera um die Kathedrale bevor es weiter ging. Das Ziel für heute war es Kilometer zu machen. Schließlich war unser Zielgebiet Rumänien! Und davon waren wir noch ziemlich weit entfernt.
Im weiteren Streckenverlauf in der Slowakei kamen wir an einer Ortschaft vorbei die wir nicht wirklich einordnen konnten. Gestern hatten wir auch schon so eine Siedlung gesehen. Völlig heruntergekommen, teilweise Wellblechhütten, Gestank lag in der Luft und es lungerten unmengen an Menschen herum. Wir fragen uns immer noch was das für eine Siedlung war. „Flüchtlinge“ die sich hier niedergelassen hatten?
Die Strecke bis zur ungarischen Grenze ließ den Fahrspass so langsam ausklingen. Erst noch bewaldet und kurvenreich durch Täler und über Hügel wurde es auf Ungarn zu immer flacher und der Strassenverlauf immer geradliniger. Direkt an der Grenze legten wir dann einen Tankstopp ein und Anja aß noch ein Eis bevor es endgültig öde wurde. Ja wir waren vorbelastet von letztem Jahr. Der Ungarn Anteil der Anreise nach Serbien letztes Jahr war einfach nur öde und langweilig. Wir waren aber auch ein bisschen gespannt ob es hier auch so aussehen würde. Und wir können diese Frage nun leider mit Ja benatworten. Ungarn kann ja nichts dafür dass die Geografie hier so ist wie sie ist. Das Land ist (zumindest in den Teilen die wir bereits erfahren durften) geprägt von Ackerbau und „brettleben“. Die Landwirtschaft ist effektiv aufgeteilt, sprich die Äcker sind riesig groß. Die Straßen gehen dazwischen dahin und gehen ewig gerade aus und dann biegt man mal wieder um 90° Grad ab um wieder ewig geradeaus zu fahren. Ungarn ist einfach kein Land zum Moppedfahren, liegt aber mitten im Weg wenn man nach Rumänien will.
Wir legten nochmal einen Stopp an einer Tankstelle ein um unsere Trinkrucksäcke zu füllen und das getrunkene Wasser wieder abzugeben. Ich entdeckte neben einer Pepsi auch noch Pasteis de Nata (Portugiesische Blätterteigtörtchen mit Puddingfüllung) welche leider nicht wirklich gut waren. Weitere 40km später war es dann endlich soweit. Wir fuhren nach Rumänien rein, aber erst nachdem wir kurz unsere Personalausweise an der Grenze vorgezeigt hatten. Das ist man so nicht mehr gewohnt und wäre hier auch eigentlich nicht nötig. Die Temperatur ist inzwischen deutlich über 25° Grad angestiegen und mir ist warm.
Kaum in Rumänien eingereist schon kamen uns die ersten Pferdefuhrwerke entgegen. Die ersten Kilometer im neuen Land waren geprägt von Baustellen. Satu Mare umfuhren wir großzügig. Unser Tagesziel war immerhin noch ca. 80km entfernt und mit dem Grenzübertritt hatten wir spontan dank Zeitzonenwechsel eine Stunde verloren. Mit Rumänien verbindet man gedanklich das Thema Armut. Was wir dann allerdings in Certeze zu sehen bekamen war verblüffend. Eine Villa reihte sich an die nächste und es werden noch viele weitere gebaut. Wie kommt das? Laut unserem Reiseführer leben hier vorrangig völlig zerissene Familien deren Angehörige Ihr Geld im Ausland verdienen. So müssen die Kinder teilweise ohne Ihre Eltern aufwachsen oder Frauen ohne ihre Männer leben. Dafür haben sie schicke Häuser. Laut dem Bericht führt dies zu anderen Problemen z.b. sehr hoher Drogensucht. Vordergründig sieht die Stadt aus als ob die Welt hier noch in Ordnung wäre, guckt man allerdings hinter die Fassade so trügt der Schein. Ergänzung: Ich habe mich später noch mit einem ausgewanderten Rumänen unterhalten welcher mir auch sagte dass Certeze quasi 11 Monate im Jahr leer steht und im Sommer machen die Leute dann hier 1 Monat Urlaub.
„5763 Menschen wohnen in dem Ort im äußersten Norden Rumäniens, die Ausläufer der Karpaten schimmern am Horizont. Offiziell verdienen 2300 Einwohner des Dorfes ihr Geld im Ausland. Inoffiziell sind es vermutlich mehr.“
Quelle
Ab Certeze war die Fahrtstrecke nochmal Zucker! Kurven ohne Ende und quasi ein kleiner Pass der überquert wird. Auf dem Weg nach Oben fiel uns ein Kloster auf und wir fuhren kurzerhand direkt bis vor die Kirche der Anlage. Zwei Glaubensschwestern saßen in der Sonne neben der Kirche und schienen ein ernstes Gespräch zu führen, wir wollten sie nicht stören und machten nur schnell ein paar Fotos der Gebäude aus der Distanz. Dann nahmen wir die letzten paar Kilometer unter die Reifen.Am Grenzfluss zur Ukraine entlang fuhren wir bis nach Săpânța dem heutigen Tagesziel. Unsere heutige Pension lag direkt gegenüber des fröhlichen Friedhofes welchen wir morgen vor dem Frühstück besichtigen wollen.
Die ganze Familie erwartete uns schon und begrüsste uns gemeinsam. Wir brachten zügig unsere Sachen ins ebenerdige Zimmer und versorgten uns noch mit Wasser für morgen in einem kleinen Laden ein paar Häuser weiter. Dann ließen wir den Abend auf der überdachten Terasse ausklingen. Während wir auf das 3-gängige Abendessen warteten planten wir den morgigen Tag und sicherten die heute entstandenen Bilder. Zu Essen gab es typische rumänische Hausmannskost.
Ciorba de perisoare (Gemüsesuppe mit Hackfleischklösschen), Sarmale mit einer Art Sauerkraut und Polenta (Krautwickel) und als Nachspeise Biskuitsalami (bei uns besser bekannt als kalter Hund). Dazu bekamen wir frisches Quellwasser und ein Kännchen zweimal gebrannten Zwetschgenschnaps (Palincă) mit 52% Alkoholgehalt. Das knallt!!!