Route des Grandes Alpes – Tag 07 – 199km – Sainte Croix du Verdon

Just als ich gestern schlafen wollte ereignete sich vor unserem Hotel ein Verkehrsunfall. Die Folge davon war das Eintreffen mehrerer Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge. Und die sind glaube ich genau so gestartet wie wir das gestern live erlebt hatten. Auf jeden Fall kam der letzte 20 Minuten nach dem ersten an. Das sind mal Reaktionszeiten. Als dann alle an der Unfallstelle versammelt waren und die Sirenen abgestellt waren konnte ich auch endlich einschlafen. Wir hatten aufs Frühstück im Hotel verzichtet da die Erfahrung bisher zeigte dass französisches Frühstück zwar teuer ist, aber eher spärlich ausfällt. So saßen wir heute (nachdem wir die Motorräder aus der 250m entfernten Garage geholt und bepackt hatten) um 9 Uhr bereits startklar im Sattel.

Erstmal raus aus Menton war die Devise. Menton und Nizza verbinden drei Panoramastrassen (Les Trois Corniches – Petite, Moyenne und Grande de Corniche) Wir fuhren die D2564 Grande de Corniche welche am höchsten an der Cote d’Azur entlang führt und einen wunderbaren Ausblick von oben auf die Küste und die Ortschaften entlang dieser bietet. Fast könnte man meinen man ist auf der Jadranska Magistrale unterwegs… aber auch nur fast. An die kroatische Küstenstrasse kommt (in unseren Augen) einfach nichts anderes ran. Wir haben uns entschlossen auf den Länderpunkt Monaco zu verzichten. Wir haben keine Lust gleich am Morgen in der Stadt im Stau zu stehen. Hinterher frage ich mich ob um diese Zeit am Samstag Morgen wirklich schon soviel los gewesen wäre. Aber die Panoramastrasse entschädigt mit einem grandiosen Ausblick auf Monte Carlo.

Durch Nizza fahren wir auf einer Schnellstrasse was erstaunlich flüssig geht. Gegen Ende der Durchquerung geht es dann noch kurz an der Promenade entlang bevor wir ins Landesinnere abbiegen. Wir haben beschlossen Cannes ebenso wie Monaco zu umfahren. Auf dem Weg aus dem Dunstkreis von Nizza machen wir noch halt bei einem Bäcker und lassen uns irgendwelche Blätterteigtaschen mit Fromage (Käse), Kuchen und ein Croissant schmecken. Die Temperatur ist jetzt schon unangenehm hoch und wir hoffen im Hinterland mit ein paar Höhenmetern mehr auf ein bisschen gnädigere Temperaturen. Dies stellte sich als hoffnungslos heraus. Auch heute fuhren wir wieder den ein oder anderen Col, diese haben wir aber eigentlich nur anhand der Schilder wahrgenommen. Wir bewegen uns eine ganze Zeit lang auf über 1000 Höhenmetern.

Eine Zeitlang „batteln“ wir uns mit einer Dreiergruppe – eine BMW GS und eine Harley überholen uns typisch französisch an unmöglichen Stellen, der dritte Fahrer (BMW GS) kann mit seinen Kumpels nicht mithalten und bleibt hinter uns. Ein paar Kilometer weiter stoppen die beiden vorderen mitten in einem Kreiverkehr und bremsen uns gnadenlos aus. Wir kommen gerade so vorbei. Dann sind wieder alle drei hinter uns und die zwei flotten drängeln wieder. Sie ziehen nochmal vorbei, der dritte kann wieder nicht mithalten. Es nervt… also schalt ich mal vom sightseeing Modus in den Fahrmodus und lass die zwei Kurzerhand hinter mir. Allerdings bremsen mich auch immer wieder Autos aus. So geht die muntere Fahrt einige Kilometer bis der Klügere halt nachgibt und das bin in diesem Fall ich. Ich lass die zwei passieren und warte geduldig auch noch auf den Dritten. Der wird vom Harley Fahrer in Gestenform zusammengestaucht. Wir beschließen einen Fotostopp einzulegen.

Als wir dann wieder aufgepackt hatten und weiterfahren sitzen sie 1 km weiter in einem Cafè. Naja Haken dran und weiter genießen. Die Temperaturen steigen unangenehm und wir kommen nach Castellane. 2 km Stau am Ortseingang…was gibt es hier umsonst? Benzin auf jeden Fall nicht. Die kleine Avia Tanke ist leer weil es keinen Sprit mehr gibt! Die Supermarkt Tanke voll mit Autos. Wir stellen uns an und beobachten das Chaos. Nachdem wir unsere Tanks voll haben verlassen wir Castellane schnellstmöglich wieder. Jetzt kommt das Tageshighlight: die Verdonschlucht. Kurvig geht es zwischen gigantischen Felswänden am Fluss entlang. Leider ist unsere Zeitplanung für diesen Trip nicht ganz optimal. Aber im Coronajahr 2020 muss man flexibel sein und tun was möglich ist. Also sind wir eben jetzt hier. An einem Samstag im August in der französischen Ferienzeit. Wir reihen uns in die Autos ein. Überholen macht keinen Sinn. Dafür genießen wir den Ausblick umso mehr.

Der Lac de Sante Croix ist der Hammer. Das Wasser hat eine geniale Farbe. Wir freuen uns schon auf den Campingplatz am Ende des Sees und hoffen noch einen Platz zu bekommen. Die Strasse um den See geht an Lavendelfeldern entlang. Diese hier finde ich fast schöner als die Gegend um Valensole. Leider sind sie bereits abgeerntet. Es geht nochmal ein paar Serpentinen hinab nach Sainte Croix du Verdon. Wir schleichen einmal der Einbahnstraßenregelung folgend durch den kompletten Ort bevor wir am Campingplatz angekommen sind. Die bange Frage nach einem freien Platz wird mit Ja beantwortet. Ich koche im eigenen Saft und wir fahren ins letzte Eck vom Platz und da ist tatsächlich eine freie Parzelle. Moppeds abgestellt und erstmal durchgeschnauft. Der Supermarkt ist oben am Berg. Also beschließen wir dass ich nochmal mit dem Motorrad ins Einkaufen fahre. Ich schwinge mich aufs Bike und sehe wie in Zeitlupe Anjas Mopped umfällt… Ari stand ein bisschen nahe an Elli und mit meinem schwungvollen Aufstieg habe ich ihr einen Schubs gegeben der genügte dass sie umkippt. Fazit: rechter Koffer total verdellt – man kann im geschlossenen Zustand die Hand reinstecken – Blinker, Handprotektor und Bremshebel kaputt. Der Zeltnachbar hat uns sofort beim aufheben geholfen.

Ich fahre erstmal zum Einkaufen. Dort hadere ich kurz vorm Weinregal ob heute nicht der Tag ist um zwei oder drei Flaschen Wein zu vernichten… und entscheide mich doch für den Sixpack Wasser. Es ist zu warm für Alkohol in Massen. Als ich zurück zum Zeltplatz komme ist bei Anja der Ärger schon verflogen. Wir bauen das Zelt auf und hauen Zeltnägel krumm weil der Boden so hart ist. Dann hauen wir den Koffer mit dem Hammer wieder ein bisschen gerade, so dass er wieder vernünftig hängt und der Deckel wieder halbwegs schliesst. Wir beschliessen uns für morgen Abend ein Hotel zu suchen und übermorgen einen Pausentag einzulegen. Die Hitze fordert ihren Tribut. Außerdem sind wir jetzt seit 7 Tagen am Stück unterwegs. Auf unseren bisherigen Reisen hatten wir nach der Zeit längst einen Pausentag.

Nach einer kleinen Runde zu Fuss an den See und ebendiese mal reinstellen kochen wir uns dann was aus Reis, Aubergine, Tomaten, Zucchini, Paprika und Knoblauch. Mit vollem Magen schaut dann alles schon wieder viel entspannter aus. Noch kurz unter die Dusche den Schweiss des Tages abwaschen und die Erinnerungsbilder aus der Verdonschlucht nochmal im Kopf durchschauen. In der Ortschaft spielt eine Liveband. Zu einem Culture Club Cover – „Do you really want to hurt me“ schlafe ich ein und muss an Ari denken… ich wollte ihr nicht weh tun. Achja – Handbremshebel hab ich getauscht, da haben wir immer Ersatz dabei, Blinker mit Gaffatape gefixt und der Handprotektor konnte mit Kabelbindern geflickt werden… sieht abenteuerlich aus, funktioniert aber.

Route des Grandes Alpes – Tag 06 – 217km – Menton

Heute gibt es Eier! Endlich mal wieder Rühreier vom Benzinkocher. Hatten wir schon ewig nicht mehr. Unsere Frühstücksnachbarn haben Müsli mit Wasser gegessen. Wir haben mal wieder groß aufgetischt mit Orangensaft, Eiern, Marmelade, Honig, Brotaufstrichen und Gemüse. Nur weil man mit dem Motorrad und dem Zelt unterwegs ist muss man nicht verzichten. Keine Ahnung was wir heute anders gemacht haben als an den vorherigen Tagen, aber um 10 Uhr rollen wir vom Platz und das obwohl wir eine halbe Stunde später aufgestanden sind als gestern. Das soll einer verstehen. Vielleicht bewegen wir uns einfach schneller wenn es wärmer ist.

Warm… ja warm ist es heute. Und es wird den ganzen Tag wärmer. Heute haben nicht mal die Pässe wirkliche Abkühlung gebracht. Mein Hirn ist quasi durchgebraten und dementsprechend wirr sind auch die Erinnerungen an den heutigen Tag. Der erste Pass (Col de la Cayolle 2326 Hm) war der tollste heute! Kleinste Strässchen, super Aussichten und ziemlich weit oben dann ein genialer Wasserfall. Hier hab ich mal das Stativ und die Filter ausgepackt. Wir lagen ja auch super in der Zeit 😉 Früh losgekommen und „nur“ knapp 220 km geplant. Da sollten wir doch am frühen Nachmittag in Menton ankommen und noch genügend Zeit für einen ausgiebigen Stadtbummel haben.

Die weiteren Pässe waren auch toll, aber mit den Superlativen der letzten paar konnten sie nicht mehr ganz mithalten. Insofern hier eine lose Aufreihung:
Col de Valberg (1672 Hm)
Col de la Couillole (1678 Hm)
Col Saint Martin (1500 Hm)
Col de Turini (1607 Hm)
Col de Castillon (706 Hm)

Die Erinnerungen daran vermischen sich heute irgendwie. Irgendwo zwischen den Pässen haben wir mal eine Pause eingelegt und jeder hat sich einen Crepe gegönnt und dazu ne eiskalte Cola. Auf einem anderen Pass waren wir gerade über die Kuppe als nach einer Kurve plötzlich frischer Rollsplit lag. In dem waren noch nichtmal wirklich Fahrspuren zu sehen. Das war kurz mal ziemlich abenteuerlich in Schräglage voll da rein zu fahren. Nach hinten raus war es heute einfach anstrengend. Die Hitze forderte ihren Tribut. Und die kleinsten Strässchen die wir heute fahren forderten ihre Zeit. So kamen wir statt am frühen erst am späten Nachmittag in Menton an.

Bis wir dann die Moppeds abgeladen und in der Garage des Hotels geparkt hatten war es kurz vor 18 Uhr. Schnell unter die Dusche und dann ab an die Cote d’Azur zum flanieren. Menton ist wirklich sehenswert. Die große Kirche trohnt ein wenig über der Stadt. Wir liefen erstmal ans Meer und staunten nicht schlecht wie voll die Stände um diese Zeit noch waren. Und das obwohl uns schon viele Leute mit Badesachen auf dem Heimweg entgegengekommen waren. Wir liefen ein wenig an der Promenade entlang bevor wir uns ins Stadtinnere ziehen liessen. Dort fanden wir dann ein etwas abseits gelegenes Restaurant wo wir uns den Magen mit Kalamari und Thunfisch voll schlugen. Dazu gab es dann auch ein wenig Wein. Der Rückweg zum Hotel war dann schon ein wenig beschwerlich und im Zimmer angekommen fiel Anja fast sofort in den Schlaf.

Ich sortierte nochmal kurz das „große Laden“ der ganzen Elektrogeräte und machte noch die Route für morgen fertig. Wir verlassen die Küste wieder und fahren auf einen Abstecher in die Verdon Schlucht. Jetzt versuche ich gerade noch die Erinnerungen ein klein wenig zu sortieren was mir nur mäßig gelingt.

Eine Kleinigkeit fällt mir noch ein. Während wir die Crepes genossen wurde die örtliche Feuerwehr alarmiert. So pö a pö trafen innerhalb von 5 Minuten alle ein und fuhren gemütlich das Auto raus. Dann standen sie mit Blaulicht erstmal ein paar Minuten rum und sammelten Klamotten ein (einer brachte ein zusätzliches Uniformshirt auf einem Kleiderbügel an). Dann wurde in aller Ruhe das Martinshorn angeworfen und sie fuhren nach rechts davon. 3 Minuten später kamen sie von rechts wieder und fuhren nach links… Wenn ich so an meine aktive Zeit bei der freiwilligen Feuerwehr zurückdenke… bei uns lief das deutlich organisierter und in einem Bruchteil der Zeit ab.