Griechenland 2024 – Tag21 – 299 km – Dravograd

Aufwachen wird immer schwieriger da es früh immer länger dunkel bleibt. Damit kämpfen wir echt. Heute kommt noch Regen dazu. Der motiviert net gerade zum Moppedfahren. Aber man muss das positive daran sehen, endlich können wir den Baustellenstaub von den Moppedklamotten waschen. Wir raffen uns also auf, machen Yoga, packen die erste Ladung Zeug – warum haben wir eigentlich soviel Zeug dabei – und dann geht es ab zum Frühstück. Spiegeleier mit Schinken für mich und Käseomelette für Anja, dazu Brot und Tee. Mein doppelter Espresso kostet extra. In einer Moppedhose finden wir noch ein 1 € Stück für den Kaffee, sonst hätten wir mit nem 5er bezahlen müssen und 8 Konvertible Mark zurückbekommen. Um 9:15 rollen wir dann bei Regen vom Hof.

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Wieder erwarten (ich kann mir doch die Route immer net merken und mein Orientierungssinn ist auch nicht sonderlich toll) fahren wir nicht in Novi Grad über die Grenze, sondern folgen ihr erstmal ein ganzes Stück. Anja zweifelt an meinen Orientierungskünsten und sollte Recht behalten. Ich hatte am Navi den GPS-Simulationsmodus an und folge ihm blind… das einzige was mich wundert ist warum es konstant 50 km/h anzeigt. Wir semmeln also erstmal um ca. 10km am Grenzübergang vorbei. Die Autos vor uns spritzen mannshohe Gischtfontänen auf, wenn sie durch die Schlaglöcher brettern. Nachdem wir zurück zum Grenzübergang gefahren sind, queren wir die Una und sind wieder in der EU in Kroatien. Anja hat endlich auch einen Stempel in den Reisepass bekommen. Die Bosnier haben als einzige auf dieser Reise die Ausreise quittiert. Auch wenn wir laut Stempeln nie eingereist sind.

Langsam wird der Regen weniger. Zu Fotostops lädt die Lichtstimmung und die Gegend trotzdem nicht ein. Wir kommen gut voran und auf Zagreb zu werden die Straßen größer und trocknen ab. Heute ist ziemlich unspektakulär. Außerdem fühlt es sich irgendwie net wie Moppedfahren an, nachdem wir den ganzen Tag das Visier geschlossen haben. 20 Tage lang sind wir quasi nur mit offenem Helm gefahren. Durch Zagreb wird es dann etwas zäher und wir halten die Augen nach einem Cafe und einem Konzum auf. Wir brauchen Wasser, unsere Trinkrucksäcke sind noch leer. Entlang der Schnellstraße findet sich aber kein Cafe und die Einkaufsmöglichkeiten gleichen großen Malls in den USA, das würde uns zu lange dauern da durch zu laufen für 4 Flaschen Wasser. Als wir Zagreb wieder verlassen finden wir in den Ausläufern einen kleinen Studenac und Anja geht einkaufen. Kurz darauf rollen wir an einem Cafe vorbei und wenden im nächsten Kreisverkehr für den lange ersehnten Cappuccino und einen Tee. Wir sind durchgefroren und pressen die kalten Hände an die heißen Tassen. Anja kann mit dem Tee beide Hände wärmen. Mein „großer“ Cappuccino reicht leider nur für eine Hand. Macht nix, dann gibt es einfach noch nen zweiten *g*

Der Himmel reißt auch nicht auf, als wir die Grenze nach Slowenien überqueren. Das Wetter bleibt heute einfach trübe. Achja Grenze… war da was? Einfach drüber gefahren. Nix mehr mit absteigen, zum Grenzer laufen, warten bis Reisepass, Zulassungsbescheinigung und Grüne Versicherungskarte geprüft sind. Welcome back to the European Union. Die Landschaft wird wieder hügeliger und bewaldeter. Das Fahren macht wieder mehr Spaß, auch wenn wir langsamer voran kommen. Die Dorfdichte ist allerdings sehr hoch was uns noch zusätzlich ausbremst. Die Erinnerung an die empfindliche Strafe bei Geschwindigkeitsüberschreitung bei einer vorhergehenden Slowenien Reise lässt uns auch die Beschränkungen einhalten. Krasser Gegensatz zu Griechenland – dort werden Schilder quasi maximal als Empfehlung gesehen und wir haben nicht eine Geschwindigkeitskontrolle wahrgenommen. An einer Pekarna halten wir für den vermutlich letzten Burek dieser Reise. Ein Hund schaut uns bettelnd zu als wir ihn essen. Danach gibt es noch einen Krapfen mit Vanillecremefüllung und Schokoglasur. Gegenüber der Bäckerei steht der abgewrackte LKW vom Solarstrom Roth aus Neuendettelsau (14km von unserem Zuhause weg). Fahrerhaus und Motor fehlen. Ich stelle ein Bild davon in meinen Whatsapp Status und bekomme prompt Reaktionen. Einer leitet das Bild an den Roth weiter. Der Beschrifter welcher die Plane beklebt hat meldet sich auch. Die Welt ist klein!

In Dravograd tanken wir dann nochmal für 1,46 €/L die Moppeds voll. In Bosnien hat der Sprit nur 1,21 gekostet. Nach dem Check-in ins Ta Fabrika kuscheln wir uns für 20 Minuten ins Bett zum aufwärmen. Dann ziehen wir uns an und laufen über die 200m entfernte Grenze nach Österreich, da gefällt es uns heute aber noch nicht und der Grenzer schaut uns auch grimmig an, also wandern wir wieder zurück und laufen nochmal ein Stück in Richtung Dravograd. Die Bewegung tut gut! In der Kälte sitzt man noch statischer als sonst auf dem Mopped. Nasses Herbstlaub in den Kurven entspannt auch nicht. Zurück vom Spaziergang gehen wir dann direkt essen. Sopska Salata und zweimal Gulasch, dazu frisches Pizzabrot mit Käse. Saugeil! Und genau das richtige nach diesem Herbsttag. Der Bauch wird warm und unsere Backen fangen an zu glühen. Damit kommt auch die Müdigkeit. Wir gehen direkt vom Essen ins Bett und schlafen schon vor 21 Uhr ein.

Unterkunft: Ta Fabrika Dravograd

Griechenland 2024 – Tag20 – 190 km – Novi Grad

Ich wache nachts schon mit Kopfschmerzen auf und muss an Jasmina denken… am nächsten Morgen schreibe ich ihr und sie sagt nur „Trink ne Apririn“. Die lass ich aus und nehme einen doppelten Espresso und selbstgemachte Zitronenlimonade. Dazu gibt es ein Hammer Frühstück! Wir haben den Laptop dabei – ganz ungewohnt für uns – und planen während dem Essen die weitere Route und suchen eine Unterkunft. Heute sollen es maximal 200km werden! Meine Nachwehen von der gefühlten Flasche Rakija lassen während dem Essen nach – endgültig kriege ich sie mit ein paar Globuli in den Griff. Achja Frühstück: Omelett mit Käse, Salami, Schinken, Käse, Kajmak, Marmelade, frisch in Fett rausgebackenes „Brot“ welches an Küchleteig erinnert. Einfach geil! Wir essen aufgrund der Planungstätigkeiten ziemlich langsam und lange. Am Tisch neben uns wird schon wieder Schnaps getrunken und die ersten bestellen sich Cevapi um 8:30 Uhr! Mein Neid ist mit Ihnen…also auf die Cevapi! Wir sind heute total entschleunigt und so kommen wir erst um kurz nach 10 Uhr los.

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Gestern war uns durch die vielen km der Blick für die Landschaft um uns etwas verloren gegangen. Bosnien ist hier in der Gegend wunderschön und wir sind nur so durchgehetzt. Das soll sich heute nicht wiederholen. Ich tanke direkt nochmal voll – Anja hat noch genügend Reserven – die 650er vermittelt einem manchmal sie würde Sprit produzieren statt verbrauchen! Super 95 Oktan kostet hier in Bosnien umgerechnet ca. 1,21 Eur, da wollen wir nochmal volltanken bevor wir dann morgen nach Kroatien reinfahren. Wir haben heute morgen spontan auch noch beschlossen einen weiteren Tag in Bosnien zu bleiben und nicht heute schon in Richtung Norden nach Kroatien zu fahren. Solange wir noch im Stadtgebiet und im Einzugsbereich der Autobahngroßbaustelle sind ist die Verkehrsdichte noch sehr hoch. Nach ein paar km lässt das aber spürbar nach. In flowigen Kurven geht es ein paar Höhenmeter hinauf und wir haben wieder wundervolle Ausblicke auf die bewaldete hügelige Landschaft hier. Einfach ein Traum!

Die Stände und LKWs entlang der Straße bieten nun Krautsköpfe an – man merkt dass Herbst ist. Irgendwann durchqueren wir Banja Luka und ich kann mich einfach nicht für ein Cafe entscheiden, also muss ich wohl vorerst verzichten. Der blaue Himmel verschwindet und es wird ein bisschen kühler. Ich mach dann auch mal die Lüftungen an meiner Jacke zu. Immer wieder kommen auch Mandarinenhändler. An einem LKW halten wir und fragen ob auch EUR akzeptiert werden. Ja aber nur Papier. Da ein kg Mandarinen aber nur 1,50 KM (also 0,75 Eur) kosten haut das mit nem 5 EUR Schein nicht hin mit unserer Transportkapazität. Die Verkäuferin schenkt uns kurzerhand 2 Hände voll Mandarinen. Wir sind mal wieder baff!

Wir kommen heute flüssig voran und irgendwann findet sich auch noch ein Cafe mit einem Sportwettenbereich. Ich trink nen Cappuccino und Anja einen Tee – 1,50 Eur macht das dann. Hier ist die Landschaft etwas weniger reizvoll. An der Strasse entlang reiht sich Gewerbe und Industrie und es geht weitestgehen gerade aus. Eine Stunde haben wir noch bis Novi Grad. Aufs Ende zu auch wieder mit ein paar Kurven am Fluss Sana entlang. In Novi Grad fließt die Sana in die Una. Direkt an diesem Zusammenfluss tanken wir nochmal voll und 150m weiter rollen wir auf den Parkplatz des für heute gebuchten Motels. Wir bringen unser Zeug aufs Zimmer, dann gibt es eine grobe Durchsicht der Moppeds, Zusatzscheinwerfer und Gabeltauchrohre reinigen, Öl nachfüllen, Ketten spannen. Dann gibt’s ne grobe Durchsicht bei uns selbst und ne Dusche. Jetzt noch die lange Unterwäsche rauswaschen und zum trocknen aufhängen.
Pro Tipp: die ausgewundenen Kleidungsstücke auf ein Handtuch legen und einrollen. Dann zwei-dreimal mit vollem Körpergewicht über diese Würste laufen – das drückt das Wasser ins Handtuch – dann aufhängen, da tropft nix mehr und so wird die Wäsche locker über Nacht gar trocken! Dann frischen wir noch unser Wissen über die Republika Srpska und den Genozid von Srebrenica auf und sichern die Inhalte der Speicherkarten.

Um 18 Uhr marschieren wir dann los uns wieder ein bisschen bewegen und im Restoran Dukat Abendessen. Novi Grad ist nicht sonderlich groß und die Flussufer mit Baumalleen sind schön für einen Spaziergang. Im Restoran spricht man kein Wort Englisch, aber in der Speisekarte sind Bilder und mit den Begriffen hier kommen wir gut klar. Wir bestellen als Vorspeise Prsut und Brot, dann Pljeskavica, Cevapi u Kajmak, Sopska Salat und Brot. Das Pljeskavica ist etwas scharf und da wir eh beide Bock auf beide Essen hatten tauschen wir nachdem Anja 3/7 des Pljeskavica gegessen hat. Gut gesättigt spazieren wir wieder am Fluss entlang zurück zu unserer Unterkunft und schreiben noch diese Zeilen. Die Klamotten sind schon fast trocken, wir lüften das Zimmer nochmal um die Luftfeuchte zu reduzieren und dann machen wir die Augen zu.

Unterkunft: Motel New Sanatron Novi Grad

Griechenland 2024 – Tag19 – 373 km – Matuzici

Die Feierei im Gastraum hat uns völlig kalt gelassen, wenn wir mal schlafen, dann schlafen wir. Manch anderer hätte hier sicherlich keine Nachtruhe gefunden. Beim Frühstück werden wir mit einem grinsen gefragt wie wir geschlafen haben – ich glaube er wartet drauf dass wir uns beschweren. Mit einem Grinsen im Gesicht sage ich wahrheitsgemäß wunderbar! Wir haben die Wahl zwischen Omelette mit Käse, Omelette mit Schinken oder Spiegeleier mit Bacon. Wir wählen beide die Spiegeleier mit gebratenen dicken Speckscheiben, fluffiges Brot, Zwiebeln, Krautsalat und dazu Tee. Ich esse auch noch Anjas rohe Zwiebeln, davon werde ich wohl den ganzen Tag was haben 😀 Um kurz vor 9 Uhr sitzen wir auf den Moppeds und rollen vom Parkplatz. Wir drehen noch eine Dorfrunde auf der Suche nach einer Schneiderei oder Schusterei. Beim anziehen der Handschuhe hat Anja einen Finger ins freie gesteckt – sprich der Handschuh löst sich auf. Wir finden eine Schneiderei, diese lehnt aber ab Leder zu nähen. Naja dann muss es halt so gehen. Wir werden weiter die Augen offen halten.

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Raus aus dem Ort, rein in den Nebel. Es ist heute auch zum ersten mal echt kühl! Das Handy sagt 6 Grad – gefühlte 3 Grad. Relativ schnell fahren wir allerdings aus dem Nebel raus und gewinnen etwas an Höhe. Die ersten Fotostopps schreien uns förmlich an: „Fotografier mich!“ Nebel in den Senken zwischen den Hügeln und herbstliche Bäume. Beim 3 Stopp mängelt Anja an dass Ari nicht mehr anspringt. Ich gehe von mir selber aus als ich sie frage ob sie die Zündung anhat? Ja hat sie. Ob sie den Not Aus raus hat? Ja hat sie. Ob sie den Seitenständer richtig eingeklappt hat? Ja hat sie. Ob ich denke dass sie bescheuert ist? Nein denke ich nicht – ich gehe nur von meiner eigenen Dämlichkeit – ähhh Schusseligkeit aus. Vor Jahren habe ich mal versucht die Honda NTV mit dem Zündschlüssel anzulassen wie ein Auto… Hab echt 10 Minuten gebraucht bis ich geschnallt hab wie dämlich ich bin! Ich steig ab und schau mir die Misere an. Keinen Mucks macht die 650er – da kommt mir die Erinnerung an Julias (Mädchenmotorrad.de) Blogbeitrag aus den Pyrenäen -> Kupplungsschalter – ich wackel mal am Kabel und am Stecker -> Zack Ari springt wieder tadellos an. Danke Julia!

Bei den folgenden Stopps weigert sich Anja Ari auszumachen. Naja irgendwann heute beim Tanken oder so werden wir dann mal testen können ob sie wieder anspringt. Die 40km bis zur Bosnischen Grenze sind schnell geschafft (bis auf die Fotostopps). Zwischen den beiden Grenzposten liegen hier 4km Schlaglochstrecke, die Erinnerung daran kommt uns während wir sie fahren. Vorher mussten wir aber am Montenegrinischen Posten den Helm runter tun damit das Bild im Reisepass ordentlich verglichen werden konnte. Am Bosnischen Posten genügt dann wieder Helm aufklappen, dafür werden die TÜV Plaketten kontrolliert.

In Bosnien geht es landschaftlich so weiter wie in Montenegro – bewaldet, kurvig und hügelig bis bergig – schön da! Der Weg führt uns über eine relativ große Straße auf gutem Asphalt durch ein Tal. Bisschen Schattig und somit kühl ist es, ansonsten Bombe! Dann geht es in den Wald und die Straße wird einspurig. Auch hieran erinnern wir uns düster, fahren wir heute doch entgegengesetzt der Strecke von 2015. Mitten im Nirgendwo im Wald ist dann die Straße durch ein Fahrzeug aus dem Film Mad Max blockiert. Eine martialisch anmutende uralte Seilwinde aus Sowjetzeiten. Diese ruckt gerade ganz wild auf der Straße herum da sich der Baum am Seil verhakt hat und die Winde daran herumreißt. Wir (bzw. ich – Anja traut sich nicht) stellen das Mopped ab und warten geduldig bis wir bemerkt werden, signalisieren dann dass sie erst fertig machen sollen und nicht wegen uns unterbrechen. Also wird der Baum noch hochgezogen, die Winde dafür zweimal umgesetzt und dann machen sie uns den Weg frei. Drei Kurven weiter kommen uns im Affenzahn ein Auto und ein Sprinter entgegen welche gerade noch bremsen und ausweichen können. Ich steh auf jeden Fall in der Hecke… das war knapp! Mich würde interessieren wie sie an der Winde vorbeikommen. Dann geht es über eine Hochebene welche wunderschön ist in den herbstlichen Farben und wir kommen wieder auf eine größere Straße. Die Km vergehen heute in Relation zur Zeit eher langsam. Wir haben uns heute morgen für die 340km entschieden und ich bekomme langsam Bedenken ob die Entscheidung so gut war. An einer Tankstelle füllen wir die Moppeds, zahlen mit der Visa (sehr gut, da wir keine Konvertibel Mark haben) und Ari sprang auch auf Anhieb wieder an. Zur Stärkung gibt es ein Kitkat und ne Pepsi.

Dann geht es über größere Straßen weiter. In Kladanj stoppen wir so um 14 Uhr rum an einer Pekarna. Das Frühstück ist ne gute Zeit lang her und wir können ein bisschen Energie gebrauchen, Also fragen wir ob EUR akzeptiert werden und kaufen 4 kleine Burek – 2 mit Käse und 2 mit Fleisch. Wir essen sie schnell ohne die Jacken auszuziehen – es liegen noch einige km vor uns. Überhaupt haben wir heute keine längere Pause eingelegt, das merkt man langsam. Wir biegen wieder auf eine kleine Straße ab, fahren über mehrere Behelfsbrücken aus Holz und stoppen zwischen zwei Tunnels für eine Biopause. Am Fluss sieht man dass hier vor nicht zu langer Zeit ordentlich Wasser runterkam. Selbst das Gras hat sich noch nicht wieder aufgerichtet. Wir sind ein ganzes Stück von Jesenice entfernt wo vor einigen Tagen enorme Schäden bei Unwettern und Überflutungen entstanden sind. Noch ein paar km weiter endet der Asphalt und es geht auf Schotter weiter. Nochmal ein paar km weiter sollen wir im Wald links abbiegen, der Schotter wird lockerer und es sieht so aus als ob hier eine Straße mit mehreren Kehren über einen Bergkamm führen soll. Uns fehlt heute schon die Energie für eine derartige Aktion mit der Ungewissheit wie die Strecke aussieht, also drehen wir um und nehmen einen Umweg auf sicherem Asphalt in Kauf. Das bringt uns nochmal 33 km mehr auf die eh schon langen 340 Tageskilometer.

Auf dem Umweg sehen wir wieder ein gelbes Hinweisschild mit viel Text. Ich dreh nochmal um, um nicht wieder blind in eine Sperrung zu fahren. Ein freundlicher Passant der perfekt Deutsch spricht übersetzt mir das Schild. LKWs über 15T sind hier verboten. Dafür erzählt er mir noch dass es eine wunderschöne einspurige Straße durch ein Tal ist. Früher war das mal eine Eisenbahnstrecke nach Ungarn auf der Blei und Eisenerz transportiert wurde. Ich reiße mich los und wir bügeln das Tal entlang – naja wir folgen den bestimmt weniger als 15T wiegenden Holzlastern, bis uns diese vorbei lassen. Was sie auch wirklich zügig und bereitwillig tun. Die Schlucht ist wirklich wunderschön. Das Fahren allerdings anstrengend aufgrund der ständigen Bremsbereitschaft aufgrund des Gegenverkehrs auf der einspurigen Strecke. Die Zeit sitzt uns langsam im Nacken und wir werden nicht fitter. Wir lassen einen Audi überholen welcher uns von hinten anschiebt und hängen uns hinter ihn. Das „verfolgen“ mit Sicherheitsabstand kündigt den Gegenverkehr besser an und strengt nicht ganz so arg an. Man muss aber mal ehrlich sagen … der Audi fährt völlig gottlos und ohne Rücksicht auf sein Fahrwerk und die Felgen! Nach einigen Kilometern kurvenhatz ohne Blick für die Landschaft um uns halten wir an einer Moschee und sind einfach nur platt. Wir brauchen dringend ne Pause. Wir essen unsere „Notfallkekse“ welche erfreulicherweise 7 Stück sind. So können wir wunderbar 3/7 für Anja und 4/7 für mich teilen. Eine Formel die mal entstand als wir erkannt haben dass es für Anja zu viel ist wenn wir immer 1/2 zu 1/2 teilen. Ich freu mich über den einen Keks mehr! Nacken, Schulter, Hände sind heute völlig am Ende. Die Anspannung auf den kleinen Strecken ist brutal.

Die letzten 75km sind dann ziemlich viel auf einer größeren Straße und bedeuten mitschwimmen im Verkehr. Der Himmel wird rot, die Sonne verschwindet hinter den Bergen welche wir nochmal ein bisschen hoch fahren. Ein letzter Fotostopp (wir haben Bosnien heute sowieso viel zu wenig gewürdigt – es ist wunderschön!), dann rollen wir auf den Parkplatz der heutigen Unterkunft. Wir wollen nur noch aufs Zimmer. Im ersten Zimmer geht das Licht nicht, also bekommen wir ein anderes. Das Zimmer ist ernüchternd – but you get what you pay for. 29 EUR für die Übernachtung mit Frühstück. In unserem momentanen Gemütszustand fällt es uns aber schwer uns darauf einzulassen. 340 km waren einfach zu optimistisch und haben zu viele Körner gekostet, außerdem wurden es dann 373km. Wir wechseln Klamotten und wandern zum Ausgleich fürs viele sitzen heute noch 3 km an der Schnellstraße entlang (1,5km und retour). Dann gehen wir ins Restaurant und bestellen Cevapi u Kajmak und Anja Rasnici, dazu selbstgebackenes megafluffiges Brot. Ne Fanta und Wasser werden dann durch zwei Rakija aufs Haus ergänzt. Das Zeug ist echt übel! Jasmina eine Freundin mit bosnischen Wurzeln hatte mich davor gewarnt in Bosnien Schnaps zu trinken! Bleib bei Bier hatte sie gesagt. Anja trinkt ihren nur halb, ich dafür meinen und Ihren Rest.

Funfact des Tages: Im Eingangsbereich der Unterkunft steht ein Snackautomat. Neben Snickers, Chips, Softdrinks, Whiskey und Bier sind auch noch einzelne Kondome und Viagra (5Eur) drin. Man kann sich also nen Ständer für 4 Stunden, ein Kondom, nen Whiskey und ein Snickers (wenn’s mal wieder länger dauert) kaufen.

Routenplanung und Unterkunftssuche verschieben wir aufs Frühstück, das Wifi im Zimmer funzt net und außerdem sind wir zu müde. Diese Zeilen entstehen auch erst am nächsten Tag.

Unterkunft: Guesthouse Ines Doboj

Balkantour 2018 – Tag 18 – 348 km – Gradac

Da bei der Unterkunft kein Frühstück enthalten war brechen wir heute etwas früher auf. Es ist bewölkt und bei weitem nicht mehr so heiss wie gestern. Das Gewitter heute Nacht hat die ersehnte Abkühlung gebracht. Um 8:50 Uhr schieben wir die Motorräder aus der Garage und begeben uns noch zu einem Bäcker um etwas zu essen (natürlich Burek) für unterwegs mitzunehmen.

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Wir folgen bis Ploce der Küstenstrasse. Es ist angenehm zu fahren obwohl viel Verkehr ist. Der kurze Abstecher durch Bosnien Herzegowina ist ziemlich unspektakulär. Am ersten Grenzübergang schaut der Beamte wenigsten noch kurz den Reisepass an. Am zweiten werden wir direkt weitergewunken. Wozu setzt man dann überhaupt jemanden an die Grenze? Nachdem wir die Küste verlassen haben werden die Straßen erstmal wieder klein und kurvig. Wir fahren durch Weinfelder (Berge sind es nicht wirklich. Nennt man es dann Weinplantagen?) Die Wolken werden immer dunkler und vor uns braut sich was zusammen. Wir ziehen schonmal die Regenhauben über die Tankrucksäcke und machen unsere Klamotten dicht. Als dann zwei fette Blitze vor uns runtergehen und die Sintflut zu fallen beginnt drehen wir kurzentschlossen um und kehren in einem Cafe ein welches wir kurz davor passiert hatten. Wir trinken eine Cola und sitzen den Regen aus. Nicht ganz aber zumindest bis es nur noch ein tröpfeln ist.