Irgendwie kommen wir heute nicht in die Gänge. Aber das ist auf jeder Reise irgendwie immer das gleiche. Von Tag zu Tag wird es später mit dem Aufstehen und Losfahren. Ich denke bereits über einen Pausentag nach. Und das nach nur drei Fahrtagen. Anja lechzt danach weiterzukommen. Wir begeben uns also zum Frühstück in das Haupthaus und bekommen Brot, Ham and Eggs und Tee. So gestärkt starten wir um kurz vor 10 Uhr dann mit der Suche nach einen Geldautomaten unseren Tag. In Serbien gibt es Dinar und wir wollen uns zumindest mit ein paar Scheinen eindecken. Nach dem Geldautomaten gehen wir auch gleich noch Wasser kaufen und füllen die Trinkrucksäcke auf. Während Anja einkaufen war hat mich ein ungarischer Bettler penetrant und fordernd nach Geld gefragt. Er war regelrecht aufdringlich. Ich gebe grundsätzlich gerne etwas ab, aber diese Art der Forderung hat es mir vergrämt. Um kurz nach 11 Uhr können wir dann endlich richtig starten.
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Und was ein Start das werden sollte… laaangweilig… Serbien scheint wie Deutschland zu sein was die Nord-Süd Aufteilung angeht. Im Norden flach und riesige Landwirtschaftlich genutzte Flächen und im Süden dann Gebirge und hoffentlich interessante Landschaften. Wir fahren erstmal ewig geradeaus dahin, vor jeder noch so leichten Kurve steht ein Schild das die Geschwindigkeit von generellen 80 km/h runterdrosselt auf 60 km/h oder gar sogar nur 40 km/h. Da fällt man in der Kurve fast um. Die Ortschaften sind die Highlights am Wegesrand. Winkende Kinder und freundliche Gesichter begegnen einem in fast jedem Dorf. Auch drehen sich die meisten um und gucken uns lange nach.
Unser heutiges Highlight soll ein Gebiet von Sanddünen sein. Wir biegen in einer Ortschaft in eine kleine Nebenstraße ab und fahren durch ein paar zurückgelagerte Siedlungen. Nach dem Verlassen der Ortschaft sticht mir ein komischer Geruch in die Nase und ich sehe Qualm auf der linken Seite. Als wir näher hinkommen nehmen wir wahr dass dies die örtliche Müllkippe zu sein scheint. Dort schwelt ein kleines Feuer vor sich hin und es wühlen Leute im Dreck. Ein bedrückendes Gefühl macht sich in mir breit. In unserer Welt voll Wohlstand müsste es so etwas eigentlich nicht geben. Anders als der Bettler am Morgen der aufdringlich wurde um Geld ohne Gegenleistung zu bekommen sind die Menschen hier selbst bemüht sich das nötigste zu Suchen und das sogar im Müll der anderen.
Die Straße führt uns quasi ins Nichts. Zuerst begegnen uns noch Traktoren, dann ein Imker in seinem Auto und dann endet der asphaltierte Weg und geht in eine Schotterpiste über. Laut Navi scheinen es ca. 20 km Schotterpiste zu sein, kein Problem denken wir. Einige km weiter geht der Weg in einen Anstieg über der relativ sandig wird und ausgewaschen und ausgefahren ist. Auch diesen überstehen wir noch sehr gut. Anja ist mit reiner Straßenbereifung unterwegs und kommt schon etwas mehr ins Schwitzen als ich auf den Mitas E07. In einer kleinen Ansiedlung schauen uns die Dorfbewohner mit großen Augen an als wir vorbeifahren. So etwas haben sie scheinbar hier noch nicht gesehen. Wieder ein paar km weiter ist der Weg so schmal dass wir uns fragen ob wir hier noch richtig sind. Inzwischen ist er auch durchweg sandig und dann passiert es. In einer Rechtskurve kommt uns ein Traktor mit Anhänger entgegen und wir müssen auf dem engen Weg ausweichen. Ich fahre links ran und halte an als ich Anjas Motor aufheulen höre.
Schnell das Mopped abgestellt und umgedreht, da liegt Anjas Mopped auf der Seite und sie steht daneben. Der tiefe Sand in der Kurve kombiniert mit den Straßenreifen und dem plötzlichen Ausweichmanöver hat dem Vorderrad nicht gefallen und es hat sich einfach festgefressen. Anja signalisiert mit einem Daumen nach oben dass ihr nichts passiert ist, was in diesem Moment auch das einzige ist was zählt. Die Serben auf dem Traktor tuckern einfach an uns vorbei als ob nichts gewesen wäre. Wenigstens eine kurze Frage ob alles ok ist hätte ich mir schon erhofft. Wir richten gemeinsam Ari wieder auf und machen eine Bestandsaufnahme. Fahrer -> OK! Mopped: leichte Schrammen an der Verkleidung – ich werde unterbrochen durch Anja – Ist der Lenker gerade? Sind die Hebel noch ganz? Kann ich weiterfahren? – Das ist meine Frau!!! Also nochmal von vorne: Blinker vorne links kaputt, Spiegel links angekratzt, Kratzer in der Verkleidung und der Handprotektor ist ausgehängt. Also quasi nix passiert. Nach dem Check geht es weiter. Ein kleiner Junge treibt auf den folgenden Metern seine Ziegenherde für uns vom Weg und wir bedanken uns im vorbeifahren mit einem „Hvala“ was ihn lächeln lässt.
Wir kommen in der nächsten Ortschaft wieder auf Asphalt nur um am Ende der Ortschaft einen grottenschlechten sandigen Weg vorzufinden. Das wollen wir uns heute nicht nochmal antun. In der Ortsmitte ging eine asphaltierte Straße weg, welcher wir erstmal folgen. Ich improvisiere eine neue Route und wir fahren weiter am Rand der Dünen entlang. Durch die Rotenänderung nähern wir uns einer Fähre über die Donau welche wir eigentlich nicht einplanen wollten da sie nur alle 3 Stunden fährt. Wir beschließen den kurzen Umweg in Kauf zu nehmen um zu sehen ob es sich lohnt auf sie zu warten. Falls wir Glück haben würde sie uns gute 100 km sparen. Und wir haben Glück. Vom Fähranleger weit und breit keine Sicht, aber zwei Restaurants sind direkt am Wasser und der Wirt des einen beteuert dass hier der Fähranleger ist und dass sie in 30 Minuten fährt.
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Wir nutzen die Zeit um eine eiskalte Cola bei dem freundlichen Wirt zu trinken und tatsächlich tuckert nach 20 Minuten die Fähre um die Ecke. Der Wirt sagt noch was von hinter dem Restaurant links und dann nochmal links und schon sehen wir wie die Fähre anlegt. Sie rammt ihre Rampe einfach in die Uferböschung und zwei Serben schaufeln die Löcher zwischen Rampe und Weg einfach mit Kies zu. Drei Autos fahren runter und wir drauf. Uns begleitet noch ein polnisches Pärchen die auf einer neuen 650er V-Strom unterwegs sind. Die Sozia füttert noch einen Straßenhund an der spontan beschließt mit uns überzusetzen und sich bedankt indem er nach der Dame schnappt. Die Fährleute und auch ihr Partner fanden es beide nicht witzig dass sie dem Hund immer wieder essbares hinhielt.
Nach der Überfahrt haben wir noch 25 km entlang der Donau vor uns. Dieses Streckenstück war heute das schönste. Wir kommen völlig erschöpft in unserer heutigen Unterkunft in Vinci an. Das kleine „Hotel“ Vila Dunavski Raj hat 8 Gästezimmer und ist familiengeführt. Mina und Ihre Eltern haben hier ein wahres Paradies geschaffen. Inmitten eines kleinen Pinienwaldes liegt ein Ort der absoluten Ruhe. Ein wunderschöner Garten umgibt das Haus und es gibt mehrere kleine Pavillons und Hängematten wo man die Seele baumeln lassen kann. Spontan beschließen wir einen Pausentag einzulegen und für zwei Nächte hier zu bleiben. Mina freut sich und lädt uns erstmal zu selbstgemachtem Saft ein.
Das Abendessen besteht aus einem Drei Gänge Menü welches von ihr und ihrem Vater zubereitet wird. Am ersten Abend bekommen wir eine Hühnersuppe mit Nudeln und Fleischeinlage, Serbische Burger (nur die Pattys), Hähnchenfleisch mit Kartoffeln und Krautsalat und als Dessert eine Erdbeercreme mit zwei Kugeln Eis. Wir sind begeistert! Nach diesem Menü fallen wir beide in einen totengleichen Schlaf.
Tag 5
Tag 5 unserer Reise begann erst um 8:30 mit dem unsanften Klingeln des Weckers. Um 9:15 waren wir dann auch endlich beim Frühstück. Auch hier verzauberte uns die Familie mit lauter selbstgemachten Sachen. Schokokuchen, Pfannkuchen, Marmeladen, verschiedene Brotaufstriche es fehlte uns an nichts. Den Vormittag verbrachten wir auf dem Balkon und im Bett. Die Ruhe tat uns richtig gut. Nachmittags zerlegte ich Elli um die verschmorte Steckverbindung hinter dem Kühler zu überbrücken welche dafür sorgte dass der Scheinwerfer nicht mehr leuchtete. Zuhause hatte ich die Steckverbindung noch gründlich gereinigt und war guter Dinge dass dies genügen würde. Leider hielt das nur 3 Tage. Nachdem Elli wieder zusammengeschraubt war machten wir uns endlich an eine Reiseplanung und mussten dabei feststellen dass wir gar nicht soviel Zeit wie gedacht zur Verfügung haben. Wir werden Griechenland nur kurz ankratzen und auch in Albanien werden wir nicht soviel erkunden können wie wir gehofft hatten. Aber was soll es, die nächste Reise kommt bestimmt. ZACK – schon war der Tag wieder vorbei und Mina brachte das Abendessen – halt nein, vorher hatten wir noch ein besonderes Erlebnis.
Ein Auto kam gefahren und ein Pärchen stieg aus gefolgt von einem Kameramann. Anja witzelte noch dass die beiden auf Hochzeitsreise seien und alles gefilmt wird. Minas Vater und Mutter setzen sich mit dem Pärchen an den Nachbartisch und Mina zauberte Kuchen und Getränke auf. Dann begann ein Interview. Zum Ende wurden wir dann noch auf unsere großen Motorräder angesprochen. Völlige Verblüffung löste die Klarstellung aus dass die weiße Maschine Anja gehört. Wir wurden dann freundlich gefragt ob Anja ein Interview fürs serbische Fernsehen geben möchte. Die beiden Reporter sind zu dem Thema Stärkung der Rolle der Frauen in Serbien unterwegs und da würde eine Frau die ein soooo großes Motorrad selbst fährt wunderbar mit reinpassen. In Serbien fahren Frauen kein Motorrad! Anja war das ganze nur unangenehm und wir lehnten dankbar für diese Aufmerksamkeit ab. Mina meinte hinterher dass sie das auch nicht getan hätte, erst recht nicht auf Englisch.
Nun aber zum Abendessen. Heute gab es eine Fischsuppe und dann als Hauptgang Silberbarsch aus der Donau mit Kartoffelsalat und Krautsalat. Als Dessert gab es heute einen Strudel mit fruchtiger Füllung. Das Fresskoma war gesichert. Nachdem wir gestern alles aufgegessen hatten bekamen wir heute von allem doppelt soviel. Unmöglich das zu schaffen. Nach dem Essen ging es direkt ins Bett. Ich tippe noch diese Zeilen während Anja schon längst schläft.