Spanien Herbst 2021 – Tag 11 – 294km – Astorga

Heute stehen wir mal auf obwohl es noch stockfinstere Nacht ist. Wir schreiben noch die Berichte von gestern und dann ziehen wir uns an und laufen los in Richtung Markthallen. Auf den Strassen ist die Hölle los. Unmengen Kinder mit Ihren Eltern sind auf dem Weg in die Schule oder zum Schulbuss. Um 9:30 Uhr sind wir an den Markthallen und wundern uns dass diese wie ausgestorben wirken. Na gut einige Stände haben noch geöffnet… oder schon geöffnet? Die Dame an der Rezeption des Hotels hatte gestern gemeint dass die Markthallen „sehr früh“ öffnen. Sehr früh wäre für uns Deutsche wohl eher so 5 Uhr Morgens. Für die Spanier ist es wohl eher so 10 Uhr bis 10:30 Uhr. Wir schlendern durch die leeren Hallen und schauen uns die wenigen Stände an welche bereits geöffnet sind. Was zum Frühstücken kriegen wir hier auf jeden Fall noch nicht, also geht es nochmal in die Stadt. Wir laufen zu einer Metzgerei und kaufen dort ein Bocadillo de jamon, welches wir uns teilen. Danach gibt es bei einem Bäcker noch was süßes bevor wir wieder zum Hotel laufen um zu packen und auszuchecken. Um 10:45 starten wir dann in die Tagesetappe.

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Heute regnet es zwar nicht, aber die Wolken hängen tief und es ist ziemlich frisch – okay… Anja sagt es ist kalt. Weil Kalt ist dann wenn die Griffheizung voll läuft und das tut sie bei Anja. Die Route heute beginnt unspektakulär. Wir kommen flott voran und so sind die ersten 100km rum bevor wir sie richtig wahrnehmen. Immer schön kurvig und mit wenig Ausblick dank der Wolken. Immer wieder sehen wir Pilger da wir uns heute am Jakobsweg orientieren, nur halt gegen die Richtung. Egal wo man hinguckt findet man Zeichen des Camino. Die Muschel wird für alles hergenommen – Geländer, Gully Deckel, Mülleimer.

In Samos halten wir neben dem Kloster an einer Bar. Uns ist kalt, also wollen wir was warmes trinken. Zum Tee und Kaffee gibt es Schokocroissants. Man merkt wie unsere Körper die Energie und Wärme aufsaugen. Wir sitzen gefühlt ewig hier drinnen und wollen gar nicht mehr los. Zu dröge ist der Weg heute und zu wenig einladend das Wetter. Als wir uns dann endlich doch aufraffen beschließen wir noch ein paar Meter zu laufen und zu fotografieren. Die Bewegung tut gut und wir kommen dabei noch mit einer Pilgerin ins Gespräch. Als wir dann nach über einer Stunde weiterfahren kämpft sich langsam die Sonne ein wenig durch. Das hebt die Laune und spätestens als die ersten blauen Fetzen am Himmel zu sehen sind heisst es wieder – Put your hands up in the air!!! Die Landschaft gibt so beleuchtet auch wieder mehr her, das kann aber auch an den Hügeln liegen die einfach ein anderes Bild abgeben. Schnell noch an einer Repsol Tankstelle die Benzinfässer aufgefüllt, dann geht es auf eine improvisierte Route weil die geplante vollgesperrt ist.

Kleinste Strasse, tolle Kurven, geniale Ausblicke und es wird spürbar wärmer! Zurück auf unserer Route geht es wieder eher langweilig auf einer größeren Strasse durch ein kleines Weinanbaugebiet. In Ponferrada halten wir und ich laufe eine Runde an der Burg herum und mache ein paar Bilder. Der Weg zum Cruz de Ferro ist dann der Wahnsinn! Kurven satt, Bombenwetter und nix los. Auf ca. 1500 Höhenmeter steht ein eisernes Kreuz auf einem Holzstamm, der wiederum auf einem Hügel steht. Die Pilger legen hier einen Stein ab, den sogenannten Sünden- oder auch Sorgenstein. Das Kreuz steht auf dem höchsten Punkt des Camino und die Pilger sollen ab diesem Ort frei von Sorgen den Restweg nach Santiago genießen.

Die Landschaft verändert sich nach dem Überqeueren des Berges mit dem Kreuz deutlich sichtbar. Vorher noch vorrangig grün und saftig sieht jetzt alles braun und verdorrt aus. Keine Farne und saftigen Wiesen mehr sondern dürres Gras. In Astorga dürfen wir die Moppeds in eine Garage stellen und schleppen unser Gepäck dann um zwei Strassenecken zum Hotel und ins Zimmer. Schnell noch umziehen, dann laufen wir los, die Stadt erkunden. Anfänglich hatte es heute so ausgesehen als ob wir bis spätestens 16 Uhr im Hotel wären, nachdem das Wetter und die Landschaft aber deutlich besser wurden haben wir dann doch bis 18 Uhr gebraucht.

Wir schauen uns den neogotischen Bischofspalast von Antonio Gaudi und die Kathedrale Santa Maria von außen an, dann suchen wir die geöffnete Churreria in 220m Entfernung vom Hotel. Endlich Churros! Denkste. Churros gibt es nur vormittags. Somit wäre auch geklärt was wir morgen Frühstücken 😀

Wir schlendern ziellos durch die Stadt, fotografieren ein bisschen und schauen uns die Bars an. Um 20 Uhr setzen wir uns dann in eine rein und bestellen erstmal Dos Vino Tinto de Casa und Anja stellt fest dass wir die Bar mit der schlechtesten Google Bewertung (3,3) in ganz Astorga gewählt haben. Da aber viele Einheimische hier sitzen bestellen wir in einer kurzschlussreaktion beide Croquetas statt einfach auszutrinken und uns etwas anderes zu suchen. Die Croquetas waren dann lecker und wir aufgrund der Anzahl 2×6 auch ziemlich satt. Auf dem Weg zurück zum Hotel überlegen wir ob wir nochmal eine Bar aufsuchen und noch eine Kleinigkeit nachlegen, entscheiden uns dann aber für Süßkram (Spezialitäten aus der Region) aus einem Laden neben dem Hotel. Das Zeugs essen wir dann noch im Zimmer – 2 der 3 Sachen waren richtig lecker. Dann noch schnell Routenplanung und Unterkunft für morgen bevor wir heute mal ein bisschen früher schlafen.

Unterkunft: Hotel Gaudi

Spanien Herbst 2021 – Tag 10 – 195km – Santiago de Compostela

Zum Rauschen des Meeres aufwachen ist einfach schön. Dabei festzustellen dass es regnet eher weniger. Wir haben heute eher wenig Kilometer geplant und wir haben kein Frühstück in der Unterkunft gebucht. Theoretisch sollten wir um 14 Uhr in Santiago ankommen…theoretisch. Auch ohne Frühstück brauchen wir bis 10:15 Uhr um in die Gänge zu kommen und fertig gepackt auf den Moppeds zu sitzen. Der Regen hat aufgehört und der Nebel reisst (zumindest hier an der Küste) auf.

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Auf dem Weg in Richtung Kap Finisterre – ja heute geht es zum Ende der Welt – ist unspektakulär. Leider beginnt es unterwegs wieder zu regnen, aber unsere Klim Klamotten sind ein Garant dafür dass wir mollig warm und trocken bleiben und das ganz ohne Regenkombi. Ein echter Komfortgewinn! Irgendwann laufen wir auf eine Gruppe portugiesischer Moppeds auf. Sie tragen alle Nummern auf den Koffern. Während wir sie überholen wird klar dass sie wohl sortiert in Reih und Glied fahren. Die Positionen 1-15 sind wohl für die komplette Reise festgelegt. Wenigstens weiß man so wie weit man mit überholen ist. Wir treffen dann kurz vor Ihnen am Kap ein. Leider sieht es dort fast so aus wie damals am Nordkap 2016. Wie sie sehen…sehen sie nix. Die Regenwolke hängt direkt am Kap Finisterre fest und hüllt es in undurchsichtigen Nebel.

Nach ein paar Minuten umschauen und Bilder machen drehen wir um. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ab jetzt beginnt der Rückweg. 10 Tage haben wir bis hierher gebraucht. Für den Rückweg haben wir 9 Tage zur Verfügung, das sollte also klappen. Am Hafen im Zentrum von Fisterra wollen wir etwas frühstücken, bekommen aber leider nur Schwarzen Tee und Kaffee. Dafür reisst der Himmel ein wenig auf und es kommen immer wieder mal kurz blaue Fetzen durch. Die Wanderer mit Ihren Regencapes und den großen Rucksäcken sehen erschöpft aus. Das Wetter spielt hierbei sicher auch seine Rolle. Heute haben wir einen Caminowanderer gesehen der einen Esel dabei hatte. Wie der das wohl mit den Übernachtungen gemacht hat?

Von Fisterra aus geht es an der Costa Muerte entlang. Früher war hier mal das Ende der (bekannten) Welt. Wenn man hier über den Rand fiel, dann fiel man quasi von der Scheibe. Gut dass wir heute wissen dass die Erde Kugelrund ist und wir einmal rundherum können. Wir folgen der Küste und sehen im Wechsel Städte, Sandstrände, Buchten, Steilküste, Häfen, Flussmündungen. Eine dieser Flussmündungen ist Ria de Muros e Noia – ein besonders tiefer Einschnitt des Meeres ins Landesinnere. In Muros halten wir nochmal an weil unsere Mägen inzwischen deutlich signalisieren dass sie gefüllt werden wollen. Wir kehren in einer kleinen Bar ein und bestellen wieder Tee und Kaffee. Dazu gibt es hier ganz traditionell kleine Tapas. Wir bekommen ein Stückchen Tortilla und eine kleine Schale Paella. Einfach lecker schmecken die Muscheln welche direkt von den Zuchtflößen aus der Bucht kommen. Muros ist bekannt für seine Muschelzuchtflöße. Da es zu jedem Getränk eine Tapa gibt bestellen wir noch eine Cola und bekommen dazu nochmal Paella. Das reicht dann um unsere Mägen zu besänftigen.

Nun geht es ein Stück auf einer Schnellstrasse dahin bevor wir Santiago de Compostela erreichen. Unser Hotel bietet eine Tiefgarage und ich widme mich – dank dem kaputten Kettenöler – der Kettenpflege bevor wir uns einen Überblick verschaffen wie weit wir morgen fahren wollen. Wir werden dem Camino entgegen steuern und finden auf booking.com wieder ein Hotel welches wir gleich buchen. Dann geht es auf Fototour durch Santiago. Hier ist alles geprägt vom „Ende“ des Jakobsweges. Wobei man ja nicht von dem einen Weg sprechen kann. Er ist weit verästelt und es gibt irgendwie nicht DEN EINEN. Immer wieder sehen wir Leute mit Rucksäcken und erschöpften, erleichterten, gelösten, traurigen, glücklichen und noch vielen anderen Gesichtern. Die Stadt ist geschäftig aber doch irgendwie ruhig. Wir möchten nicht im Sommer hier sein wenn auf dem Camino so richtig was los ist. Die Kathedrale von Santiago ist beachtlich. Ein Riesen Teil!!! Und unglaublich pompös ausgestattet. Sie erinnert uns an die Kirchen in Rom. Einlass und Ausgänge sind klar durch Sicherheitspersonal geregelt. Auch das deutet auf die Menschenmassen hin welche zu anderen Jahreszeiten hier durchgeschleust werden.

Um die Kathedrale liegen zahlreiche Souvenirshops. Mit dem Glauben der Leute lässt sich scheinbar gut Geld verdienen. Wir schlendern noch ein wenig durch die Stadt, entdecken die zwei Fressmeilen und schauen uns noch ein wenig einen Park an von welchem man einen guten Ausblick auf die Kathedrale hat. Ab 20 Uhr beginnen wir dann die Augen offen zu halten nach einer Tapasbar. Wir werden fündig und kehren ein. Bald gesellen sich zu unseren zwei Vino tinto de casa zahlreiche kleine Teller und Schüsselchen und wir werden langsam aber sicher satt. Als Nachspeise hätten wir gerne noch Churros gegegessen, aber wir finden leider keine geöffnete Churreria mehr. Dafür schlendern wir noch an den geschlossenen Markthallen vorbei welche wir morgen früh besuchen wollen. Als wir dann ins Bett gehen beginnt es wieder zu regnen. Das nenn ich mal timing.

Unterkunft: Capitol Boutique Hotel 

Spanien Herbst 2021 – Tag09 – 301km – Malpica

Wir haben super geschlafen. Das Zimmer war so richtig schön warm. Draußen ist es neblig und wir haben das Frühstück für 9 Uhr vereinbart, also können wir lange liegen bleiben. Eigentlich sind wir immer noch gut gesättigt von den Schlemmereien gestern Abend, aber wir sind auch gespannt wie das Frühstück hier wohl so ausfällt. Um Punkt 9 Uhr betreten wir also die kleine Bar und schauen uns neugierig um. Die Hausherrin werkelt in der Küche, der Hausherr räumt Sachen her. Gepökeltes Fleisch, Manchego, Tomaten, selbstgemachte Marmeladen, 4 Sorten Brot (unter anderem Kastanien und Walnussbrot), frischgepresster Orangensaft, 3 verschiedene Kuchen, Rosinenbrötchen und Obst. Wir „fressen“ uns einmal quer durch… anders kann man da nicht mehr sagen. Alles selbst gemacht und alles schmeckt super lecker! Wir bedanken uns mehrfach und loben die Köchin/Bäckerin per Google Translate. Beim Check out kaufen wir noch ein kleines Küchenmesser von einer „Artisan“-Schmiede aus Taramundi 

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Die Sonne ist inzwischen rausgekommen und hat den Nebel weitestgehend verdrängt. Der Himmel ist blau und die Luft ist noch sehr frisch als wir um 11:15 Uhr endlich loskommen. Auf den Strassen ist nichts los und wir können die Kurven so richtig genießen. Relativ zügig dringen wir wieder zur Küste vor. Überhaupt geht es heute im steten Wechsel ein bisschen weg vom Atlantik und dann wieder hin. Das Landschaftsbild wandelt sich dabei immer wieder. Mal steile Küste, mal Sandstrand, dann eine Flussmündung mit Wassermangel aufgrund der Ebbe. Auch die Häuser sehen anders aus als im Hinterland. Sie sind meist verputzt und nicht der blanke Stein wie in den Bergen. Überall stehen Zitronenbäume die unter der Last der Früchte ächzen. Wenn es dann wieder ein bisschen weg von der Küste geht prägen Eukalyptusbäume die Wälder. Man sieht hier auch deutlich dass aufgeforstet wurde. Die Bäume stehen sauber in Reih und Glied.

In einer Stadt halten wir an einer Fruteria und kaufen Mandarinen, später kommt noch ein Tankstopp und ein Espresso/Tee um die Toilette der Bar zu nutzen. Ansonsten gibt es nur kurze Fotostopps. Wir kommen trotz der Tatsache dass wir so spät gestartet sind super voran. Obwohl hier an der Küste viel bebaut ist darf man meist 70 oder sogar 90 km/h fahren. Eines fällt uns gegen Ende des Tages noch auf. Der Leerstand an Industriegebäuden aber auch an Wohnhäusern nimmt zu. Es tauchen immer wieder Ruinen auf, teilweise auch Rohbauten die einfach nicht zu Ende gebracht wurden.

Um 17:30 sind wir dann am Casa da Vasca Restaurant & Pension und checken ein. Das Zimmer ist relativ kalt, die Heizung läuft nicht und draußen pfeift der Wind. Wir machen uns gleich mal noch über die Suche nach einer Unterkunft in Santiago de Compostela für morgen Abend. Dabei verpassen wir wie die Sonne hinter der Landzunge links von uns versinkt und starten zu spät zu unserem Spaziergang mit den Kameras an der Küste entlang. Ich könnte mich in den Arsch beißen! Wir genießen die Stimmung am Wasser trotzdem noch ein wenig und sind froh über unsere Daunenjacken. Das Rauschen des Meeres und die brechenden Wellen haben eine ungemein beruhigende Wirkung auf uns. Bevor es um 20:30 zum Essen geht schauen wir nochmal kurz aufs Zimmer und fangen an zu schreiben. Unsere Unterkunft ist so nah am Meer dass wir die Brandung auch im Zimmer noch deutlich hören.

Als Vorspeise teilen wir uns Sardinen Baskischer Art – sauer salzig eingelegte Sardellen auf Käsescheiben mit einem Stück Tomate drauf dazu Öl und süße Baiser Brösel. Eine Geschmacksexplosion im Mund – erst BÄÄÄMMM Sauer Salzig und dann BÄÄÄMMM in die andere Geschmacksrichtung süß. Der Wahnsinn. Als Hauptgang habe ich Scampi/Wolfsbarsch Spieße mit Couscous und Anja mit Bacalao gefüllte Paprika in einer cremigen Tomatensoße. Postres fallen heute für uns aus. Wir sind froh mal nicht völlig überfressen zu sein. Frühstück lassen wir morgen auch ausfallen und gönnen uns erst unterwegs etwas. Als wir das Restaurant verlassen geht es hier erst richtig los. Um 21:30 füllt es sich langsam und die Leute beginnen zu bestellen. Für uns eher ungewohnte Zeiten um noch so richtig groß zu Essen. Wir kuscheln uns lieber ins Bett.

Unterkunft: Casa da Vasca

Spanien Herbst 2021 – Tag08 – 286km – San Martin de Oscos

Unser Rhythmus verschiebt sich immer mehr und irgendwie widerstrebt mir das. Um 8 Uhr ist es noch vollständig dunkel, das lässt uns früh kein bisschen in die Gänge kommen. Es passt ja eigentlich gut mit dem späten Abendessen der Spanier zusammen, aber der Mensch ist halt irgendwie ein Gewohnheitstier und ich/wir sind es gewohnt im Urlaub früh ins Bett zu gehen und früh in den Tag zu starten. Das Frühstück heute ist spanisch spartanisch. Baguette, Marmelade, irgendwas süßes und als Entgegenkommen für die nicht Spanier ein klein wenig Wurst und Käse. Es ist neblig und regnet, das ist auch nicht förderlich uns in Wallung zu bringen. Um 10:30 starten wir dann trotzdem warm und wasserdicht verpackt in den Tag.

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Der Weg aus den Picos de Europa ist geprägt von dem Gedanken an nasses Laub auf den kurvigen Strassen. Dazu kommt die schlechte Sicht durch den Nebel. Wir können nur erahnen was uns an Ausblicken auf die Landschaft hier entgeht. In Cangas de Onis gibt es eine alte römische Brücke, ich nutze den Fotostopp um meine Brille vom Regen zu befreien und damit die Sicht wieder ein wenig zu verbessern.

Nun geht es auf eine größere Strasse und wir kommen immer wieder durch Dörfer und Städte. Die Ausblicke sind schön, aber nicht superlativ. Wir sind verwöhnt vom Wetter und den Picos gestern. Der Regen, der Nebel welcher sich nur langsam auflöst und die „gewöhnliche“ Gegend üben da wenig Reiz aus. Anja will mir etwas übers Sena Headset sagen, ich höre noch ein knacken und die ersten drei Buchstaben, dann ist es still in meinem Helm. Das Sena 10 EVO hat sich verabschiedet. Mal wieder… scheinbar darf man das Gerät nur im trocknen benutzen. Wir halten an und ich versuche es irgendwie wieder zur Arbeit zu überreden. Das Mikro funktioniert und Anja kann mich hören, aber die Kopfhöhrer bleiben stumm, ich höre weder Anja noch Ansagen vom Sena selbst. Nach 15 Minuten gebe ich entnervt auf. Dann eben wieder wie früher ohne Stimmen im Kopf… oder halt nur noch mit meinen Eigenen.

Wir fahren auf Oviedo zu als das zweite technische Gerät heute anfängt zu streiken – das Garmin Zumo 590LM meint mal wieder nicht meine geplante Route fahren zu müssen sondern eigene Ideen verwirklichen zu können. Die Neuberechnung der Route ist ausgeschalten, also dürfte das Gerät solche Ideen gar nicht bekommen… aber hier habe ich eine Fallback Lösung – Die Route ist immer noch als Track mit auf dem Gerät und so kann ich dieser Linie folgen. Durch eine Stadt wie Oviedo ist dies allerdings deutlich unbequemer als mit Abbiegehinweisen und Fahrspurassistent. Wie haben wir das eigentlich früher gemacht? So mit laminierten Landkarten in der Kartentasche…ohne die Möglichkeit in die Karte zu zoomen, Navi ansagen im Helm zu bekommen, den Hintermann einfach fragen zu können ob er die Ampel noch geschafft hat, vor einem Kreisverkehr dem Hintermann mitteilen zu können welche Ausfahrt man nimmt.
Da sind wir wieder beim Beginn des Tages. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und er gewöhnt sich schnell an angenehme Verbesserungen. Technische Geräte sind dazu da unser Leben leichter zu machen, den Fokus eigentlich mehr auf das Leben an sich richten zu können. Heute gelingt mir das nicht. Der Fokus liegt voll auf den technischen Geräten die nicht tun was sie sollen. Ich bin genervt von den Geräten und eigentlich noch viel mehr von mir selbst weil ich mich selbst so abhängig von eben diesen mache. Nach Oviedo fällt mein Blick eher zufällig auf meine Tankanzeige und ich stelle fest dass da noch eine Abhängigkeit ist. Die nächste Tankstelle nutzen wir für eine Pause. Anja sieht mir an wie genervt ich bin und umarmt mich erstmal einfach. Dann füttert sie mich mit frischer spanischer Mandarine während ich das Sena nochmal auf Werkseinstellungen zurücksetze. Siehe da es tut wieder was es soll. Das Zumo braucht 15 Minuten Überredungskunst, dann navigiert es auch wieder wie es soll. Und der Regen hat auch aufgehört.

Gefühlt beginnt der heutige Tag jetzt erst. Nach Oviedo biegen wir auf kleinere Strasse ab, haben wieder einen Ausblick und die Technik steht nicht mehr im Fokus. Trotzdem ist heute so ein Tag an dem man fährt um vorwärts zu kommen. Ich nehme mein Umfeld nur begrenzt wahr und der Genussfaktor ist beschränkt. Wir suchen nach einer Möglichkeit etwas warmes zu trinken, evtl was zu essen und uns ein bisschen aufzuwärmen. In einer Dorfbar werden wir fündig. Einige Einheimische spielen Karten, wir gönnen und Kaffee, Tee, was süßes und ein Bocadillo. Es macht Laune den Kartenspielern zu lauschen auch wenn wir nicht verstehen was sie mit Leidenschaft skandieren, aber es wirkt einfach Lebendig. Im Anschluss fahren wir durch Täler, folgen Flüssen, kommen an riesigen Industrieanlagen vorbei, überqueren noch einen Pass und mit eben dieser Überquerung wird die Laune schlagartig wieder gut. Warum das so ist… keine Ahnung. Vielleicht liegt es an dem Regenbogen welcher uns kräftig anleuchtet als wir den Puerto de Palo mit 1146 Höhenmetern überquert haben. An einem Stausee entdecken wir noch Mienenanlagen im Steilhang gegenüber. Spontan schießt mir Herr der Ringe in den Kopf, die Mienen von Moria…

Nun ist es nicht mehr weit bis zu unserer heutigen Unterkunft. Und wir haben mal wieder einen Jackpot gezogen. Die Hausherren sprechen keinen einzigen Brocken Englisch. Wir verständigen uns mit Gesten, Nicken, Kopfschütteln, den paar Brocken Spanisch die wir inzwischen können und Google Translate – da war sie wieder die Technik die alles so bequem und einfach macht. Das Haus ist ein altes Herrenhaus welches liebevoll restauriert wurde. Der alte Charakter wurde dabei komplett erhalten. Man fühlt sich wie im Museum. Die Zimmer sind warm und wunderschön. Die Frage nach Cena y Desayuno wurde mit Si beantwortet und so sind wir um 20 Uhr in einem Gewölbekeller um Abend zu essen. Es gibt drei Gänge – Nudelsuppe, für Anja Rinderfilet mit Kartoffeln und für mich eine Platte mit Chorizo, Jamon, Huevas (Eier) und Kartoffeln, als Postres gibt es Dulce de Leche und Milchreis. Zum Niederknien genial das Essen! Vino Tinto de casa und Wasser sind obligatorisch, dann gibt es noch einen Selbstgebrannten und zwei Sorten Cider zum Probieren. Wir müssen uns nun leider von der illustren Gesellschaft trennen da wir sonst morgen nicht fahrtüchtig wären wenn es so weitergeht. Buenas noches!

Unterkunft: Cabeza da Vila

Spanien Herbst 2021 – Tag07 – 314km – Soto de Sajambre

Die Betten in unserem Hipster-Surfer-Hotel waren saugut und so haben wir perfekt geschlafen. Es ist noch stockfinster als wir aufwachen. Über Nacht war ziemlich starker Wind und es scheint ein wenig geregnet zu haben. Wir beschließen vor dem Frühstück noch eine Runde Yoga zu machen und nutzen dafür einen lustigen Kuppelförmigen Raum im Garten des Hotels. Die Idee hatten scheinbar nicht nur wir, aber wir waren die ersten und so ziehen die anderen wieder davon um uns nicht zu stören. Das Frühstück ist einfach, aber vollständig. Uns wird mal wieder das Bedürfnis nach Ruhe bewusst… hier geht es zu wie im Bienenstock. Nicht unsere Welt.

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Um 10:15 Uhr starten wir auf „großen“ Strassen in Richtung Bilbao. Hier folgt das 1. Highlight des Tages, eine Fährüberfahrt. Was ist daran ein Highlight? Die Puente de Vizcaya ist eine von 8 verbliebenen Schwebefähren weltweit. Insgesamt wurden davon nur ca. 20 Stück gebaut weil der Aufwand im Vergleich zur Effektivität nicht gerechtfertigt war. Die Überfahrt kostet 1,35 pro Motorrad mit Fahrer. Eine riesige Stahlbrücke spannt sich über den Fluss und an dicken Drahtseilen hängt daran eine „Gondel“ auf welcher 8 Autos platz finden. Die Überfahrt geht so flott dass ich es fast nicht schaffe Bilder zu machen. Durch die Überfahrt spart man sich 20km Weg um/durch Bilbao.

Nun wird es öde. Wir fahren durch dicht bebautes Gebiet an der Küste. Die Strassen sind zwar relativ groß, aber wir kommen nur schleppend voran. An einem kleinen Obst/Gemüseladen halten wir und kaufen 4 frische spanische Mandarinen für 37 Cent. Dann kommen wir an eine ausladende Bucht in welcher viele Surfer im kalten Wasser sind und auf die perfekte Welle warten. Diese sind hier viel größer / intensiver als in Sopelo. Hier wirbelt es die Surfer auch richtig vom Brett wenn sie fallen. Wir sehen eine Weile zu und genießen die Ruhe und die Brandung. Wenn sich die Wellen brechen zaubert die Gischt kleine Regenbogen über dem rauen Meer.

Santander zu umfahren dauert eine Ewigkeit und ich zweifle schon an unserer Distanzplanung für heute. Um Die Städte gibt es viel Industrie am Meer. Sowohl Metallindustrie als auch Petrochemie nimmt viel Fläche ein. Bevor wir die Küste verlassen geht es nochmal für 5 Minuten in einen kleinen Naturpark (Oyambre). Dieser besteht eigentlich nur aus der Überflutungszone durch den Gezeitenhub des Meeres. Hier hat sich ein Sumpfgebiet gebildet welches von grünem niedrigwachsendem „Zeug“ überwuchert wird.
Wir biegen ab auf die N-621 – und der Wahnsinn beginnt! Kurven und eine Schlucht die einfach nur superlativ ist. Steile Felswände die schroff gen Himmel ragen und zwischendurch geht perfekter Asphalt mit wenig bis keinem Verkehr. Ein Traum. Wir reißen den Gashahn auf und grooven durch die Kurven. Nach vielen Kurven und Kilometern ziehen sich langsam die schroffen Felsen zurück und die Hänge werden flacher und bewaldet. Gold-gelb-rot in allen Herbstfarben leuchten die Berge um uns.

Es geht langsam aber sicher in die Höhe wir erklimmen einen Pass mit gut 1600 Höhenmeter und es wird merklich kalt. Der Ausblick ist grandios. Man muss hier nochmal deutlich die Verkehrsdichte erwähnen. Wir bewegen uns am Rand der Picos de Europa entlang und es ist hier nichts los. Gut wir sind außerhalb der Saison unterwegs und im Sommer sind hier sicherlich einige Urlauber zum Wandern unterwegs. Wenn man sich aber mal typische Motorradzeitschriften aus Deutschland her nimmt… die Picos de Europa sucht man da vergeblich. Die Dolomiten sind in jeder zweiten Ausgabe enthalten. Das liegt wohl an der Entfernung zu Deutschland. Nachdem wir den Pass überquert haben kommen wir zum Embalse de Riano einem gigantischen Stausee. Der Wasserstand ist zum Ende des Sommers deutlich unter Maximum. Auf dem sonst überfluteten Grund des Sees sind Strassen und Brücken zu sehen. Wir machen nochmal ein paar Fotostopps bevor es zum Endspurt für heute geht.

Jetzt fahren wir direkt in die Picos rein. Es geht nochmal über einen kleineren Pass mit ca. 1200 Höhenmetern und dann wieder in eine Schlucht. Der Ausblick in die Schlucht erinnert an Filmkulissen. Für die letzten 4km geht es dann nach rechts weg in ein kleines Nebental. Wir fahren die einspurige Strasse in die Sackgasse ganz gemütlich. Pedro begrüsst uns freundlich auf spanisch und wir können die Motorräder direkt vor der Unterkunft stehen lassen. Beim Check in stellen wir fest dass Pedro kein Wort Englisch spricht, aber das nötige lässt sich auch mit Zeichensprache klären – Hand zum Mund -> Essen, Uhrzeiten auf Zettel 20:30 Uhr / 9:00 Uhr. Somit wäre Abendessen und Frühstück auch geklärt. Wir bringen unser Zeugs aufs Zimmer, ziehen uns um und laufen noch eine Runde durch den kleinen Ort. Überall sind Freiluftmuseumartige Stationen mit Schildern die erklären was hier war/ist. Leider alles auf spanisch. Ein bisschen Englisch wäre schön gewesen, man merkt aber auch hier deutlich dass wenige Besucher kommen welche nicht aus Spanien sind.

Nach der Laufrunde gibt es Essen. Nudelsuppe, Spargel, Hähnchenschlegel in Soße mit Pommes, Schweinefleisch Natur mit Pommes und eine Zitronenmousse. Dazu leeren wir eine Flasche Vino Tinto. Nach dem Essen ist dann noch Routenplanung und Zimmersuche angesagt. Geschrieben haben wir beide nichts mehr. Wir waren einfach zu müde. Der Vollmond scheint direkt zum Fenster rein und wir schlummern mit diesem Anblick ein.

Unterkunft: Hostal Peña Santa

Spanien Herbst 2021 – Tag06 – 214km – Sopela

Wir starten den Tag heute mal ganz anders… wir hatten es uns schon häufiger vorgenommen, oder hinterher gedacht, aber eigentlich noch nie so richtig durchgezogen. Kein Frühstück im Hotel, aber auch nicht sofort losfahren. Da wir erst um 12 Uhr auschecken müssen haben wir genügend Luft um früh nochmal eine Runde durch Pamplona zu drehen und in Ruhe Frühstücken zu gehen. Wir finden die Cafeteria & Panderia la Belena welche fast voll mit einheimischen ist. Das ist ein gutes Zeichen und so schnappen wir uns den letzten Tisch. Wir gönnen uns Espresso, Tee, frisch gepressten Orangensaft und zu futtern gibt es Tortilla mit Thunfisch und Salat gefüllt, Tortilla mit Schinken und ein Croissant. Wir schauen dem geschäftigen Treiben ums Rathaus zu und genießen den Morgen und die Wärme. Es tut so gut Ende Oktober noch bei deutlich über 20 Grad draußen sitzen zu können. Nach dem ausgiebigen Frühstück schlendern wir zurück zum Hotel, packen und ziehen uns an. Als wir die Motorräder aus der Tiefgarage holen wollen sind gerade ein Porsche und ein Ferrari auch dabei in den Tag zu starten. Wir haben selten Menschen gesehen die Fahrzeuge so dermaßen vorsichtig bewegt haben… Ja die zwei Teile sind sackteuer… aber es sind immer noch Autos und wenn man nicht fahren kann dann sollte man es vielleicht mal mit nem 3er Golf versuchen. Oder die Hochleistungsboliden einfach dort bewegen wo sie hingehören – auf einer Rennstrecke und nicht in einem Parkhaus in Pamplona. Vor dem Hotel halten wir nochmal kurz und packen unsere Taschen ein, dann geht es los.

 

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Das Garmin beschließt mal wieder zu streiken… ist ja auch nicht wichtig wie man aus den Gassen der Stadt rauskommt. Ich schände so vor mich hin und Anja darf das ganze übers Sena mit anhören. Als wir dann endlich aus Pamplona raus sind geht es erstmal flott dahin, zu unserer Linken ein Bergkamm über welchen sich Wolken quetschen. Entlang des Hanges entsteht ein relativ heftiger Fallwind welchen wir dann unten voll von der linken Seite abkriegen. Das optische Schauspiel ist es aber Wert den Wind beim fahren immer wieder abzukriegen. Wir ziehen parallel zur A-10 entlang bis rechts von uns der Parque Natural de Aralar auftaucht. Diese grünen Flecken auf der Landkarte haben wir irgendwie lieb gewonnen und so haben wir auch hier die Route durchgelegt. Wieder mal eine goldrichtige Entscheidung. Kurve reiht sich an Kurve und es geht ein wenig auf und ab. So macht das Spass.

Überhaupt muss man es mal wieder deutlich sagen… wir sind zum Moppedfahren hier. Sprich Prio1 ist es zu fahren. Manchmal denken wir uns dass wir zu wenig Zeit ins Sightseeing investieren, aber wir sind nicht zum Wandern hier, sondern eben zum Fahren. Wir wollen einen Teil des Landes Erfahren – im wahrsten Sinne des Wortes. Im folgenden Streckenverlauf erfahren wir einiges über die Gegend indem wir einfach nur die Augen offen halten und uns umsehen. Wir fahren durch Täler und wechseln diese immer mal wieder. Es ist hier relativ viel Bebaut. Die Wohngebäude sind meist 7 bis 9 Stockwerke hoch und von diesen Gebäuden hat es Unmengen. Wir wundern uns noch was hier – gefühlt im Nirgendwo –  so viele Menschen arbeiten, dann fahren wir an der Erklärung vorbei. Metallindustrie! Wie in Österreich z.B. um den Erzberg liegen im Verlauf der Täler lange Hallen in welchen sich Walzwerke befinden. Um die Metallindustrie haben sich dann auch viele von Ihr abhängige Branchen angesiedelt. Es gibt so einige alte Hallen welche sichtbar verfallen, aber insgesamt sieht die Gegend aktiv aus. Vom Wohnraum her nehmen wir fast keinen Leerstand wahr.

Wir sind heute spät gestartet, haben aber auch wenig km geplant und so liegen wir gut in der Zeit. Wir liegen in einer der Industriestädte einen Stopp ein und setzen uns zu den vielen Rentnern in den Außenbereich einer Cafeteria. Das Wetter ist genial und wir gönnen uns für schlappe 4,50 EUR einen Espresso, einen Tee, ein Schokocroissant und ein kleines Baguette mit Jamon (Schinken). Life is good!!!

Der Nächste Naturpark – Reserva Natural del Urdaibai liegt direkt am Atlantik um eine tief ins Landesinnere einschneidende Bucht. Wir halten einige Male um Bilder zu machen und genießen den Geruch von gegrilltem Fisch. Wir müssen unbedingt Fisch essen gehen… am besten noch heute…falls es sich ergibt. Eine Temperaturanzeige am Fahrbahnrand zeigt 28 Grad an und macht uns bewusst warum wir schwitzen. Nun geht es an der schroffen Küste entlang zu einem Aussichtspunkt auf eine kleine Kirche die auf einer vorgelagerten Landzunge steht. Wir halten einige Male mit der Hoffnung einen Blick zu erhaschen an bevor dir doch endgültig auf den Touriparkplatz fahren. Ich laufe zuerst hinab zum Aussichtspunkt und habe noch eine bahnbrechende Idee für Anja. Der Abstieg ist sausteil und sie hat mit den 6cm Absatz ihrer Daytona Stiefel gerade bei Gefälle immer wieder zu kämpfen – also einfach mal schnell die Lowa Lighthiker rausgeholt und schon läuft es sich viel bequemer. Warum komm ich eigentlich immer für Anja auf tolle Ideen? Selber laufe ich die Strecke aber in Moppedstiefeln und mit Motorradjacke? Ich bin klatschnassgeschwitzt als ich die Küste wieder hochgeklettert bin.

Nun sind es nur noch ca. 35km bis zur heutigen Unterkunft. Wir sehen immer wieder Sandstrände und Hochhäuser in den Buchten hinter den Stränden. Die Spanier bauen scheinbar echt gerne in die Höhe. Dann sind wir endlich am Hotel und checken ein. Ein totaler Surfer-Hipster Schuppen. Die Karte vom Restaurant spricht uns nciht wirklich an. Burger und Veganes Zeugs. Das verbinden wir einfach nicht mit Spanien… Hummus will ich hier nicht essen. Wir packen die Kameras und laufen zum Strand. Auf dem Weg gesellen sich immer mehr Surfer mit Ihren Brettern unterm Arm zu uns und auch Paraglider hasten zur Steilküste. Die Thermik hier erlaubt es aus dem Stand zu starten und direkt aufzusteigen. Echt krass was da so möglich ist. Im Wasser sind massenhaft Surfer und warten auf die perfekte Welle um sie zu reiten. Wir ziehen die Schuhe aus und laufen durch den kalten Sand bis an die Linie wo er nass wird. Hier verweilen wir ein wenig, verteidigen unsere Schuhe gegen die herumlaufenden Hunde und machen Fotos von den Surfern. Irgendwann will ich aber näher ran und es ist mir egal dass ich nasse Füsse krieg.

Wir bleiben bis es fast dunkel ist. Der Sonnenuntergang war traumhaft und die Natur hat mal wieder alles gegeben. Und nochmal: LIFE IS GOOD!!! Zurück im Hotel lassen wir die Kameras zurück und laufen los um uns eine Bar zu suchen in der wir spanisches Essen kriegen. Wir finden Bäcker, einen Churros Stand und ein paar Bars die uns auf den ersten Blick nicht ansprechen bevor wir nach ca. 1,6km die Cervecera El Molino finden. Wir stellen uns in der Schlange am Tresen an und bestellen als wir dran sind 2 Vino Tinto, einmal Patatas Fritas Case, Croquetas Caseras und Pimientos Carne. Anja setzt sich mit dem Wein schonmal an einen Tisch im Außenbereich, ich warte auf das Essen und geselle mich als ich es habe zu ihr. So stellen wir uns Essen in Spanien vor. Die Portionen sind üppig und so brauchen wir nichts nachordern sondern sind gut gesättigt und treten den Rückweg an. Leider kommen wir nicht mehr an dem Churros Stand vorbei. Irgendwie sind wir heute leicht außer Takt gekommen. Bis wir mit der Routenplanung für morgen, der Unterkunftssuche, Duschen und Bericht schreiben fertig sind ist es 1 Uhr. Aber wir können ja auch bis 7:30 schlafen. Es wird eh erst um 8 hell und Frühstück gibt es erst ab 8:30 Uhr.

Unterkunft: Moana Eco Surf House

Spanien Herbst 2021 – Tag05 – 265km – Pamplona

Das Essen gestern war klasse – was erwartet man für 14,95 EUR inklusive Wasser und Hauswein (1 Flasche für zwei)? Wir haben uns für das Menue de Dias entschieden. Anja hatte Melone mit Schinken, Thunfisch und Erbsenpüree und Schokokuchen, ich hatte Spiegeleier mit Schinken und frittierten Kartoffeln, Rindersteak mit Pommes und dann noch einen Hüttenkäse-flan. Und es war super! Wir waren echt positiv überrascht! Nach dem Essen und der Flasche Rotwein sind wir sofort in einen tiefen Schlaf gefallen. Auch das Frühstücksbuffet hat uns überrascht und mit seiner Vielfalt (für Spanien) beeindruckt. Vorher sind wir aber nicht so recht in die Gänge gekommen, man merkt wie weit westlich wir schon sind. Die Sonne geht echt spät auf und wir brauchen früh ewig bis wir in die Gänge kommen. Um kurz nach 10 Uhr verlassen wir dann endlich die Tiefgarage und fahren in Richtung Pamplona. Naja nicht direkt, erstmal noch weiter raus aus den Pyrenäen und dann geht es weiter in Richtung Westen.

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In Spanien sind die Strassen mit Nummern versehen – zweistellige Strassen sind gross und flott zu befahren (so wie Bundestsrassen in D), dreistellige sind wie typische Staatsstrassen in D und vierstellige sind eher so Kategorie Flurbereinigungsweg. Heute geht es viel auf vierstelligen Strassen dahin. Wir lieben diese Kategorie Wege. Wir sind nahezu alleine unterwegs, es geht wieder hinauf in Berge und wir genießen die Ausblicke welche sich im „Morgenlicht“ (so um 11 Uhr…) ergeben. Wir überqueren einen Pass auf gut 1300 Höhenmetern und haben schon so einige Fotostopps hinter uns. Die Aha Effekte bei den Ausblicken auf die Pyrenäen hinter uns sind der Wahnsinn! Die Hänge der Bergkämme sind geprägt von Nadelbäumen und zwischendrin sticht immer mal wieder ein leuchtend gefärbter Laubbaum raus und zieht unseren Blick auf sich.

Dann gibt es zu heute nur noch eines zu sagen… KURVEN! achja und Kurven! und dann waren da auch noch KURVEN!!! und ein paar Kurven. Wir genießen es alleine zu sein, unseren eigenen Stiefel fahren zu können und die Landschaft zu genießen. Und Kurven! Über den Pass waren die Wälder herbstlich, dann kamen schroffe Felswände und wieder in niedrigeren Lagen sehen wir Felder. Die Farbe der Erde gleicht Sand oder auch fast schon kalk. Die Ackerfläche wirkt als ob niemals etwas in ihr wachsen könnte, aber dann sehen wir Wein. Und die Äcker werden bearbeitet, also wird hier auch etwas angebaut. Im Verlauf des Tages wird die Landschaft hügeliger und bekommt sanfte Wellen.

Irgendwann kommen wir an einen Stausee über den eine Brücke führt. Wir überqueren diese obwohl sie nicht auf unserem Weg liegt. Die Staumauern des Sees und die Konstruktionen zum Wasserablassen sind beeindruckend und fesseln uns einige Zeit. In der Gegend um den Stausee verändert sich die Landschaft nochmal deutlich. Die Hänge der Hügel sind wie mit Beton übergossen – grau und glatt. Was uns in der ersten Tageshälfte gefehlt hat kommt langsam mit der nachmittäglichen Wärme. Gerüche! Der Geruch trockener Nadelwälder z.B. hatte uns am Vormittag in den kühlen Höhenlagen gefehlt. Hatten wir anfänglich sogar mal 50km Fahrweg ohne eine Unterbrechung, so kommen jetzt immer wieder Dörfer die sich an Hügel schmiegen, dicht gebaut und meist als Haufen um eine Kirchen angeordnet.

Ca. 60 km vor Pamplona halten wir an einer Tankstelle. Der Kartenzahlungsautomat welchen wir nutzen müssen da gerade Siesta ist braucht gefühlt 10 Minuten pro Zahlungsvorgang. Mit frisch gefüllten Tanks geht es dann auf die letzten km und die Fahrt ins Stadtgebiet. Ich hab mir grob angeschaut wo auf dem Weg Motorradwerkstätten sind da ich noch Kettenspray besorgen will – dank des defekten Ölers. Wir finden auch direkt die Taller De Motos (im Nachgang fand ich raus dass Taller einfach nur Werkstatt heisst… eigentlich war es die Garaje 87) und ich bekomme das erhoffte lubricante de cadenas de motocicletas … und was steht auf der Dose? „Kettenspray“.

Das Hotel Maisonnave liegt mitten in der Stadt und bietet eine Tiefgarage. Wir packen ab und stellen die Motorräder sicher ein, dann noch kurz Orga (Route für morgen, Hotel für morgen) dann laufen wir nur mit den Kameras los. Ein bisschen Camino Feeling, Kirchen angucken, die Stadt genießen, das geniale Wetter bei 25 Grad und blauem Himmel aufsaugen, Cookies bei The Cookieshop essen und einfach nur die spanische Geselligkeit spüren. Als es langsam düsterer wird setzen wir uns in die erste Bar und genießen den ersten Vino tinto und Tapas.

Die Spanier sind schon ein komisches Volk 😉 Nachmittags bei schönstem Wetter ist alles wie ausgestorben. Siesta ist angesagt, die Fensterläden überall geschlossen und keiner unterwegs. Ab 16 Uhr kommen sie dann aus allen Löchern und bevölkern die Strassen oder beginnen wieder zu arbeiten. Wenn dann Feierabend angesagt ist durchzieht die Strassen ein Grundrauschen an geselligen Gesprächen und Lachen. Die Bars füllen sich und jeder trinkt etwas und isst. Die Plätze sind voll mit Menschen und alles fühlt sich so lebendig an.

Danach geht es noch ein bisschen weiter mit dem Sightseeing und blauer Stunde bevor Bar Nr.2, Vino Tinto Nr. 2 und noch ein paar mehr Tapas kommen. Und weil es so gut war… nochmal ein paar Bilder und eine dritte Bar mit Vino Tinto und Tapas 🙂 LIFE IS GOOD!!! Um kurz vor 22 Uhr kaufen wir dann noch Wasser um den Wein im Magen vorm Schlafen gehen ein wenig zu verdünnen und für morgen, dann geht es zurück zum Hotel und wir schreiben noch unsere Gedanken zum Tag nieder und hören ein bisschen Musik.

Unterkunft: Maisonnave

 

Spanien Herbst 2021 – Tag04 – 205km – Escalona

Das Himmelbett war himmlisch! Wir haben komplett durchgeschlafen. Erst um kurz vor 9 Uhr krabbeln wir aus den Federn. Wir haben für heute kein Frühstück gebucht und konnten es uns somit erlauben so lange liegen zu bleiben. Der Blick aus dem Fenster führt auch nicht dazu dass wir schneller zusammenpacken – es ist neblig. Um kurz vor 10 Uhr sitzen wir dann auf den Moppeds und starten in Richtung Pyrenäen.

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Der Nebel verzieht sich glücklicherweise relativ flott und der blaue Himmel kommt durch. Die Strecke ist trotzdem öde. Relativ geradeaus und glücklicherweise wenig bebaut mit Ackerland umgeben geht es flott dahin. Nach ungefähr der halben Strecke halten wir die Augen offen nach einer Patisserie und einer Tankstelle. Was das Frühstück angeht werden wir zuerst fündig. Croissant, Schokocroissant, Schokoeclair, nochmal irgendwas mit Schokolade und Pudding und ein Stück Pizza (nicht mal ansatzweise mit der von gestern vergleichbar!) gönnen wir uns und genießen es auf dem Marktplatz des Ortes.

Die Tankstelle folgt dann nochmal ein paar Kilometer weiter. Von hier aus sehen wir schon deutlich den Gebirgszug der Pyrenäen. In östlicher Richtung sieht man wundervoll schattiert die in der Tiefe gestaffelten Bergrücken welche im Schatten liegen. In westlicher Richtung sieht man deutlich von der Sonne angestrahlt die bewaldeten Bergrücken. Nur ganz wenige Spitzen der Berge sind bereits weiß, das stimmt uns zuversichtlich was die Überquerung angeht. Es ist einfach der Wahnsinn was unser Planet hier tolles geschaffen hat. Wir fühlen uns sofort wieder wohl hier in den Bergen. Heute soll es nicht über einen Pass gehen, sondern durch den auf 1825 Höhenmeter gelegenen Tunnel d’Aragnouet-Bielsa der Frankreich mit Spanien verbindet. Vorher geht es schön gemütlich ein Tal entlang und wir gewinnen langsam und geschmeidig an Höhe. Als die Spitzkehren losgehen informiert mich Anja dass irgendwas an meinem Hinterreifen komisch aussieht. Wir halten kurz an und gucken. Der Schlauch vom Kettenöler ist gerissen und baumelt lose an der Schwinge. Ich lege kurzerhand die Pumpe still und packe den Schlauch ein. Das Problem wie sich die Kette nun ölt vertage ich erstmal.

Die Spitzkehren fahren sich irgendwie hakelig, aber von Kurve zu Kurve wird es besser. Dann kommt der Tunnel und mit der Einfahrt in diesen geht es wieder bergab. Am Ende des Tunnels ist dann das ersehnte Schild – ESPANA. Wir sind angekommen. Ja wo eigentlich? Wir haben immer noch keinen Plan was wir nun eigentlich in Spanien machen, oder in welche Richtung wir weiterfahren. Im Moment geht eh nur raus aus dem Tal. In Bielsa stoppen wir kurz und kaufen Wasser, dann lassen wir es nochmal fliegen. Als wir 2017 in den Pyrenäen waren hatten wir im Valle de Pineta übernachtet, von dem her haben wir neblige Wiedererkennungseffekte auf dieser Strecke. Wir legen noch einen Fotostopp ein bevor wir in Escalona am Hotel ankommen. Es ist kurz vor 15 Uhr und wir sind froh heute nur gute 200km geplant zu haben. Wir parken die Moppeds in der Tiefgarage und begeben uns aufs Zimmer, den ersten Satz Funktionsunterwäsche waschen und nochmal grübeln wohin uns der Weg führen soll.

Nach ein wenig Reiseführerlektüre und einer nicht ganz so guten Amazon Bewertung für den „Spanien – 66 Things to do“ alternativ Reiseführer haben wir uns dann entschieden. Es geht an den Atlantik. Das Cap Finistere soll unser Ziel für diesen Trip werden. Morgen wollen wir bis Pamplona fahren. Nachdem diese Entscheidung gefallen ist gehen wir noch eine Runde rund um Escalona spazieren und genießen den Sonnenuntergang. Anja findet noch wilden Rosmarin und nimmt welchen mit für Ihr Reisetagebuch – er duftet ungemein intensiv. Bis das Restaurant öffnet haben wir noch ein wenig Zeit. Die Spanier essen erst so ab 20:30 Uhr. Das bedeutet für uns in den nächsten Tagen ein wenig Umgewöhnung. Die Zeit nutze ich um meinen Bericht zu tippen. Und jetzt geht es Essen, der Magen knurrt!

Unterkunft: Hotel Arnal

Spanien Herbst 2021 – Tag03 – 340km – Daux

Also in so einem japanischen Schlafgemach nächtigt es sich hervorragend 🙂 Wir wachen gut erholt auf und Anja schlägt nach einer Runde Yoga vor noch einen kleinen Morgenspaziergang zu machen. Gesagt getan – das erste Gepäck gleich mitgenommen und im Topcase verstaut, dann geht es los. Die Sonne ist noch nicht über die Bergrücken des Parc naturel régional des Volcans d’Auvergne geklettert und so starten wir im Schatten. Anja hatte ja gestern Abend noch die Gegend erkundet und wollte mir noch einen Ausblick zeigen. Es ist verwunderlich warm hier draußen. In den Wiesen sieht man immer wieder Flecken wo die Blätter mit Raureif überzogen sind. Während wir entlang von Pferde- und Kuhweiden auf einen Bergrücken hochlaufen kämpft sich die Sonne über einen anderen empor. Sobald uns die wärmenden Strahlen erreichen wird die Daunenjacke zu warm und muss runter. Die Natur hier ist absolut überragend. Dazu kommt noch eine beruhigende Stille. Wir saugen den Moment in uns auf bevor wir nach gut 2km wieder kehrt machen und zum Frühstück gehen. Es mangelt an nichts auf der großen Tafel die für alle Gäste des Hauses gedeckt ist. Ja richtig, ein Gemeinschaftstisch, der sich biegt unter der Last des Frühstücks. Wir sitzen zwischen französischen Motorradfahrern und französischen Mountainbikern die sich alle munter durcheinander unterhalten. Das passt so gar nicht zu unserer fränkischen Mentalität, aber wir fühlen uns irgendwie trotzdem wohl. Es gibt Brot, süße Brioche, eine Brioche mit Käse, Joghurt von Kuh und Ziege, Trauben, Clementinen, gekochte Eier, unzählige Marmeladen und Honig. Wir sind die ersten die den Tisch gesättigt verlassen und zusammenpacken. Um 10:15 Uhr sitzen wir endlich auf den Motorrädern und sind damit mal wieder ganz schön spät dran.

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Über kleinste Strassen geht es kurvenreich durch den Naturpark. Zu jeder kleineren Ansammlung an Häusern gehört auch immer eine Kirche, mal klein und schnuckelig, mal imposant und überraschend groß. An einer dieser imposanteren Kirchen erregen wir scheinbar das Aufsehen der Mesnerin, da diese extra gelaufen kommt und uns die Kirche aufsperrt. Als sie merkt dass wir kein Wort französisch sprechen ist sie genauso schnell wieder verschwunden und lässt uns alleine in der Kirche stehen. Wir nutzen die Zeit und machen in Ruhe ein paar Fotos und besichtigen alles.

In den Tälern des Parks ist es noch relativ kühl, sobald man allerdings ein wenig in die Sonne kommt wärmen sich die Moppedklamotten schnell auf. Wir haben heute schon auf die Daunenjacken als Zwischenschicht verzichtet. Unser Vorankommen wird heute gnadenlos von vielen Fotopausen ausgebremst. Die Zeit rennt gefühlt und die gefahrenen Kilometer schleichen hinterher. Aber wir sind ja nicht auf der Flucht sondern auf einer Reise, auch wenn wir uns quasi noch auf der Anfahrt befinden. Der Hausherr hatte dasselbe heute morgen auch angemerkt, die Anreise zählt zur Reise und muss auch mit Genuss erfolgen. Dann passiert es plötzlich und wir hätten es fast verpasst – wir überqueren den ersten Col. Den Namen habe ich mir leider nicht gemerkt 🙁 Es kommen noch ein paar weitere im Verlauf der Strecke (z.B. der Col du Serre). Auch auf über 1500 Meter Höhe ist es angenehm warm und wir ziehen weitere Bekleidungsschichten aus. Der Herbst ist die schönste und farbenreichste Zeit des Jahres, das kann man vor allem beim Blick in die Täler und auf die bewaldeten Hänge ganz deutlich sehen und genießen. Wir haben echt Glück mit dem Wetter!

Als wir den Naturpark verlassen werden die Strassen ein wenig größer und wir machen endlich auch Strecke. Wir fliegen nur so dahin und fahren auch längere Abschnitte in vom Menschen (bis auf die Strasse) unberührtem Gebiet. Auf den Strassen und auch in den Städten und Dörfern die wir durchqueren ist nichts los. Die meisten Menschen sieht man auf den Boule Feldern beim spielen. Man merkt deutlich dass Sonntag ist. Bevor die Läden schließen halten wir noch an einer kleinen Epicerie und kaufen Wasser. Gerne hätte ich die Käsetheke noch leer gekauft, aber nach dem ausgiebigen Frühstück hält sich unser Hunger in Grenzen und heute Abend wollen wir im Hotelrestaurant essen. In einer größeren Ortschaft suchen wir eine Patisserie und decken uns daher als kleine Zwischenmahlzeit mit einem Schokoeclair und zwei Tartlettes (Zitrone und Mandel) ein, welche wir auf einer Bank im Schatten (in der Sonne ist es uns tatsächlich zu warm) verdrücken.

Die letzten 100km des Tages verlaufen weitestgehend durch dichter bewohntes Gebiet. Die Strassen sind langweilig, aber meist auf 70 km/h freigegeben so dass wir immer noch ganz gut vorankommen. In mir kommt irgendwie ein Heißhunger auf Pizza auf… Anja dämpft diesen gleich wieder da sie an dem Plan mit dem Hotelrestaurant festhalten will…außerdem sind wir doch nicht in Italien. Das Garmin macht heute auch tadellos was es soll – scheinbar ist ihm bewusst geworden dass es nach dieser Reise in Rente geht und nur noch bei meinem Vater im Auto rumgefahren wird. Um kurz vor 18 Uhr sind wir dann in Daux angekommen und checken im Hotel ein – die Frage nach Frühstück verneinen wir und merken an dass wir aber gerne im Restaurant Abendessen würden – die Rechnung haben wir ohne den Koch gemacht. Sonntag Abends hat der nämlich frei. Mittags kocht er noch, aber für uns bleibt die Küche kalt. Wir gucken nun ein bisschen blöd aus der Wäsche da wir das nicht einkalkuliert hatten. Die Dame an der Rezeption schiebt dann gleich noch hinterher dass in Daux alle Restaurants Sonntag Abends geschlossen haben… fussläufig ist nichts zu Essen mehr zu bekommen. Also packen wir erstmal ab und Anja schwingt sich auf den Soziusplatz. Wir fahren zu einer 5km entfernten Pizzeria. In 10km wäre noch ein Asiate und in 15km dann eine größere Auswahl an Restaurants die geöffnet haben. Aber da war er wieder, der Heißhunger auf Pizza und eine Chance die ergriffen werden musste 😀

Wir gönnen uns zwei dieser vorzüglichen Teigfladen mit lokalem französischem Käse und sind somit versöhnt mit dem italienischen Essen welches einen lokalen Einschlag erhalten hat. Mein Heisshunger ist gestillt und wir fahren durch die Nacht zurück zu unserem Himmelbett welches in einem Zimmer wie zu Zeiten Lanzelots steht. Für morgen planen wir einen kurzen Tag. Die Überquerung der Pyrenäen wird wieder etwas gemütlicher laufen und wir haben nach wie vor keine Ahnung wo wir dann in Spanien eigentlich weiter hin wollen. Aber erstmal fahren wir jetzt da hin.

Unterkunft: Domaine de Peyrolade

Spanien Herbst 2021 – Tag02 – 409km – Saint-Anastaise

Eine Nacht in unbekannten Betten entspannt uns so richtig. Kaum 500km weit und einen Tag lang weg von zu Hause, schon geht es uns richtig gut und wir sind merklich entspannt. Die wichtigste Frage wird noch vor dem Frühstück geklärt – hält der Reifen den Druck? 2,6 Bar sind drin, es ist aber auch merklich kühler als gestern. Sieht also gut aus. Das Frühstück ist für französische Verhältnisse dekadent: 2 Sorten Baguette, Croissant, 3 Sorten selbstgemachte Marmelade, Joghurt (was zum Teufel ist Antiallergischer Joghurt??? Ach das heisst irgendwas mit Griechischer Joghurt … nicht antiallergisch), Butter, Apfelsaft, Orangensaft, Birnen, Äpfel, Bananen und Kiwi. Zum essen gesellt sich noch ein deutsches Studentenpärchen zu uns, welche von der Côte d’Azur kommen und auf dem Weg ins Kalte sind. Um 9:30 Uhr haben wir dann soweit aufgepackt und genießen noch kurz den Ausblick über das Tal und die Sonnenstrahlen welche den Nebel durchbrochen haben bevor es dann losgeht.

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Noch in Baume-les-Dames tanken wir voll und ich fülle den Hinterreifen auf 3,3 Bar auf. Dann geht es noch ein bisschen durch das Tal welches von sich herbstlich färbenden Wäldern geprägt ist. Viele Ortschaften lassen uns nicht so richtig vorankommen bevor es flacher wird und das Fahren zwischen Äckern öde wird. Ein Motorradpolizist mit Laserpistole kann uns dank des trödelnden Autos vor uns nichts vorwerfen und schnappt sich den Mercedes der ein Stück nach uns kommt. Am nächsten Fluss legen wir einen kurzen Fotostopp ein und ich prüfe nochmal den Luftdruck – warmer Reifen 3,5 Bar – alles perfekt!

Nun folgt ein Weinanbaugebiet, über dessen Hügel wir ebenjenes wieder verlassen und quasi in unberührte Natur vordringen. Wieder ein paar Kilometer weiter beginnen Weideflächen. Was uns hier auffällt ist wie wenige Tiere pro Weide herumstehen und dass die einzelnen Flächen nicht durch Zäune sondern durch Hecken voneinander abgegrenzt sind. Das ist viel schöner als diese neumodischen (naja sind auch schon ziemlich alt) Elektrozäune. Außerdem bieten die Hecken ein natürliches Zuhause für Insekten und allerlei Kleintiere, zudem stehen viele alte ausladende Bäume in den Weideflächen. Die Straße wurde wie an einer Schnur entlanggebaut, Ewigkeiten kommt keine einzige Kurve nur Hügel rauf und wieder runter. Nach der guten Hälfte unserer heutigen Strecke suchen wir uns eine Patisserie und gönnen uns drei Tartlettes und einen Espresso. Passend zur Pause rebelliert wieder das Navi. Trotz abgestellter automatischer Neuberechnung der Route beschliesst unsere KI (Künstliche Intelligenz) auf einmal eine KD (Künstliche Dummheit) zu sein. Da fährt man geradeaus auf der geplanten Route entlang und das Ding beschliesst aus dem Nichts heraus die Strecke neu zu berechnen und aus den verbleibenden 200km einfach mal 435km zu machen… was soll man dazu noch sagen? Hätte ich nicht gleich ein Deeskalationstartlette im Mund gehabt, ich glaub ich hätte das Navi überfahren. Beim Patissier decken wir uns auch gleich noch mit Baguette und Comtè/Schinken Baguette für heute Abend ein.

Die idyllische Landschaft ist immer wieder geprägt von renovierten alten Bauernhäusern. Diese stechen einem regelrecht ins Auge und sind wunderschön anzusehen. Neue Häuser gibt es fast keine zu sehen. Wir sind auf der Suche nach einer Fromagerie – aber heute werden wir nicht fündig. Später fahren wir sogar noch auf der Haute des Fromage und trotzdem finden wir keine Käserei. Wir finden uns damit ab und halten an einem Intermarche wo Anja zwei uns unbekannte Käsesorten, eine Gurke und Wasser kauft bevor wir die restlichen 100km in Angriff nehmen. Wir fahren dafür in den Parc naturel régional des Volcans d’Auvergne und genießen die Höhenmeter und Kurven welche wir hier in uns aufsaugen wie eine Babykatze ein Schälchen Milch. An unserer heutigen Unterkunft (Datcha Anastasia) treffen wir gleichzeitig mit allen anderen Übernachtungsgästen ein – 3 Moppedfahrer und eine größere Gruppe Mountainbiker. Der Hausherr ist kurz sichtlich überfordert und hat schon Angst dass die Zimmer nicht reichen, aber alles passt und wir bekommen den Japanischen Raum, welcher keine Betten hat sondern Matratzen auf Bambusmatten auf dem Boden. Das Haus ist total schön renoviert und urig eingerichtet. Zentrales Element ist der riesige offene Kamin im Erdgeschosse. Wir werden noch gefragt ob wir im Restaurant reserviert haben -> welches Restaurant? Auf Booking.com stand davon leider nichts. Somit entgeht uns das drei Gänge Überraschungsmenü für 28 Eur, da wir ja unseren Käse und das Baguette haben.

Anja geht noch eine Runde spazieren während es mir mehr nach morgen planen, Bilder sichten und Duschen ist. Zum Vespern setzen wir uns auf ein Sofa in den grosszügigen Aufenthaltsbereich und lassen uns von den Jazzklängen des Restaurants verzaubern. Dann ziehen wir uns zurück, schließen die Papierschiebetüren unseres Schlafzimmers und fallen in einen tiefen und zufriedenen Schlaf.

Unterkunft: Datcha Anastasia