Pyrenäentour 2017 – Tag 10 – 264 km – Larrau

Nein wir wollen nicht raus aus diesem Traum von einem Bett in diesem Traum Hotel… wobei vielleicht ist ja das Frühstück auch ein Traum. Oh ja, es war ein Traum. Die Spanier verstehen was von Frühstück im Gegensatz zu den Franzosen! Wurst, Käse, Eier, Obst, Brotaufstriche, Semmeln, Brot und vieles mehr. Wie hab ich das vermisst. Ohne Frühstück bin ich nur ein halber Kerl. Das packen geht locker von der Hand, da wir aber erst spät aufgestanden sind starten wir doch erst um 10:45 unsere heutige Fahrt.

Dann schauen wir mal wie wir in Spanien so vorwärts kommen. Wir biegen gleich mal rechts ab auf eine kleine Straße, ein paar km weiter korrigieren wir das ganze dann zu Feldweg und freuen uns über das heuer absolvierte Training im BMW Enduropark Hechlingen. Wenn man ne Ahnung hat was man da tut fährt man gleich viel lockerer. Ein kleines spanisches Dörfchen führt mich etwas in die Irre und die Gassen sind irgendwann so schmal dass ich fast nicht mehr durchpasse. Aber auch hier finden wir wieder heraus. Dann werden die Straßen größer und super Asphalt lässt uns förmlich fliegen. Geschwindigkeiten von denen wir in den letzten Tagen nur träumen konnten führen zu einem kecken Grinsen im Gesicht. An Kurven wurde auch nicht gespart, also ist alles in Ordnung. Wie ist eigentlich das Wetter? Mal sonnig, mal bisschen bewölkt aber nicht zu warm. Was will man mehr? Richtig, Abwechslung und die gibts heute Satt! Nadelwald, Mischwald, Ackerbau, komische Mondlandschaft all das wechselt heute ständig. Wir genießen es.

Das erste geplante Highlight heute ist das Valle del Hecho (Höllenschlucht) ein am Beginn sehr enges und nach hinten hin weiter werdendes Tal. Genauso hält es auch der Fahrbahnbelag, anfangs noch Teer, dann Schlaglöcher, dass man meint die Gabel knallt’s durch und zum Schluss nur noch Schotter. Da das Tal eine ca. 15km lange Sackgasse ist und der Zustand des Weges immer schlechter wird breche ich aus Vernunftsgründen ab. Wir haben nur Straßenreifen drauf und das Tal sieht 3 km vor Ende nicht aus als ob es sich nochmal groß verändert. Anja hatte gerade richtig Spass. Auf dem Weg aus dem Tal probieren wir mal eine neue Taktik. Wir fahren losgelöst voneinander und halten an verschiedenen Stellen zum fotografieren. So überspringen wir uns immer wieder gegenseitig, es entstehen auch mal Fahrfotos von uns selbst. Da wir diesmal auf Tour die Bilder Abends nicht groß ansehen und bearbeiten wird es eine große Überraschung nach dem Urlaub was wir so an Material gesammelt haben.

Zurück aus dem Valle de Hecho geht es direkt ins Valle de Anso eines der schönsten und Aussichtsreichsten Täler der Pyrenäen. Die Straße hier ist relativ gut ausgebaut und wir kommen deutlich zügiger voran als wir gedacht hätten. Nur die Fotostopps bremsen heute. Um den Yesa Stausee sieht die Natur aus wie eine Mondlandschaft. Eine völlig surreale Welt tut sich hier auf. Der Stausee stellt den größten Trinkwasserspeicher Spaniens dar. Am Ende des Sees legen wir einen ausführlichen Stopp an einer Repsol Tankstelle ein. Die Marke ist bei uns eigentlich nur aus der MotoGP bekannt. Aber auch das hebt Spanien von Frankreich ab. In der Tankstelle kann man etwas zu trinken und zu Essen kaufen. Es gibt eine Toilette und so nutzen wir diesen Stop voll aus. Ein kleines Pläuschchen mit einem deutschsprachigen KTM Fahrer inklusive.

Der nächste Stopp soll nun an einer Plattform am Beginn des Foz de Arbayun – der größten Schlucht Navarras – liegen. Hier wollen wir auf die Jagd nach Gänsegeiern und anderen großen Vögeln gehen. Das Teleobjektiv wartet nur auf solche Einsätze. Wir biegen ab in die Schlucht, kommen um eine Kurve und was ist das? Da ist rot-weißes Flatterband gespannt. Die Straße ist damit abgesperrt. Ein Spanier mit Walkie Talkie kommt gelaufen und textet uns zu. Auf mein „Sorry only English“ ruft er einen Kumpel dazu der beginnt uns zu erklären was hier los ist. Er erzählt irgendwas von Training… Ich verstehe es nicht ganz bis ich plötzlich Motoren aufheulen höre und zwei Autos quer um die Kurve vor uns geschossen kommen. Sie legen einen 180° Grad Turn vor uns hin, hinterlassen schwarze Streifen und Qualm in der Luft und sind wieder weg. AHJA… Driftsession also. Wir fragen wo die Plattform zum Vögel beobachten ist und es stellt sich raus dass dies der Parkplatz ist auf dem die illustre Renntruppe Ihre Basis eingerichtet hat. Wir gesellen uns dazu und schießen ein paar Fotos von echten Vögeln und von verrückten Vögeln. In Deutschland würde man für so eine Aktion wie die Jungs sie hier abziehen direkt eingeknastet. Hier geht das sogar ganz offiziell.

Weiter geht es durch das Roncal Tal so langsam wieder in Richtung Frankreich. Die Straßen laden immer noch zum fliegen ein und ich weiß nicht was es ist…vielleicht das Snickers oder der Vanille Frappuccino an der Tankstelle aber bei mir läufts heute einfach. Ich könnte ewig so weiterfahren. Im Roncal Tal haben wir das angedachte Tagesziel eigentlich erreicht aber das Wetter, die Strassen, unsere Laune … einfach alles schreit danach weiter zu fahren. Problem an der Sache – die Campingplätze sind hier recht dünn gesät. Wenn wir weiterfahren dann gleich ein ganzes Stück. Also ab zurück nach Frankreich. Als wir den Grenzpass hinauf fahren freuen wir uns auch noch über die Wolken welche malerisch über den Kamm ziehen. Aber wir ahnen auch schon was uns auf der anderen Seite blüht.

Wir sollten recht behalten. Wir tauchen in richtig nassen Nebel ein. Die Höhenmeter purzeln nur so die Strasse hat ein anständiges Gefälle, nur der Nebel will nicht aufhören. Als wir endlich in Laruns ankommen – hier ist ein Campingplatz – ist Anja kalt und auch ich bin an der unteren Grenze des Freuens über die kühle Temperatur angekommen. Der Platz ist schön und wir beschließen zu bleiben. In der örtlichen Epicerie decken wir uns noch mit Trinkwasser und Eiern fürs Frühstück ein. Anja dreht noch eine Runde mit der Kamera über den Platz, die Blumen haben es ihr angetan.

Dann gibt es eine warme Suppe und Nudeln bevor wir so langsam aber sicher die täglichen Routinen (Bilder sichern, Berichte schreiben, Abspülen) abschließen und uns ins Zelt begeben. Morgen soll es bis an den Atlantik gehen. Dann haben wir den Wendepunkt dieser Reise erreicht. Mal sehen ob wir in Biaritz über Nacht bleiben oder gleich weiter fahren wieder nach Spanien.

Pyrenäentour 2017 – Tag 9 – 234 km – Canfranc Estacion

Der Wecker klingelt. Ich frage mich wo ich bin, ich hatte doch gerade erst noch Probleme einzuschlafen und habe mich hin und her gewälzt. Ich bin diese Nacht nicht einmal aufgewacht! Das ist mir im Zelt schon lange nicht mehr passiert. Ich realisiere dass ich im Schlafsack eingepackt bin. Auch das ist ungewöhnlich. War es doch die letzten Tage meist sehr heiss. Dann gehen langsam meine Augen auf und ich stelle fest dass keine Sonne scheint. Anja öffnet auch gerade die Augen und wir bleiben einfach noch ein paar Minuten liegen. Es ist still hier, die Kinder von dem Zeltlager, welches auf dem Campingplatz Quartier bezogen hat schlafen scheinbar auch noch. Na gut Aufstehen muss sein, also los. Die Zelttür fasst sich irgendwie komisch an. Sie ist nass. Es hat heute Nacht scheinbar geregnet. Wir haben beide nichts davon mitbekommen.

Nach einem kurzen Frühstück haben wir reltiv zügig aufgepackt und starten munter in den Tag. Die Temperaturen sind äußerst angenehm, es scheint keine Sonne. Wir haben geschlossene Wolkendecke. Wie schön!!! Noch keine 2 km auf dem Motorrad kommen schon die ersten Kehren und der Hourquette d`Ancizan begrüsst uns nach einer kurzen Nebel/Wolkendurchfahrt im schönsten Sonnenlicht. Die Wolkendecke hängt unter uns und es bietet sich ein wundervoller Ausblick den wir intensiv mit den Kameras festhalten.

Das erste Highlight des Tages ist nicht weit entfernt. Der Col du Tourmalet, einer der bekanntesten Pässe der Tour de France zaubert uns ein Lächeln auf die Lippen. Wenig Spitzkehren, dafür eine lang gezogene kurvige Auffahrt, so muss das sein! Genauso geht es Ihn nach einem Fotostopp und einem Schwätzchen mit einem Niederländer auch wieder hinab. Ein perfekter Pass! Noch dazu einer der höchsten auf unserer gesamten Tour, ist er doch auch der höchste asphaltierte befahrbare Pass der französischen Pyrenäen. Die Zeit verfliegt, wir haben schon ziemlich viele Fotostopps eingelegt. So geht es zügig weiter zum Col des Borderes und dem Col du Soulor. Diese beiden Pässe machen nur beschränkt Spass. Zum einen herrscht hier dichter Nebel so dass wir im zweiten Gang mit maximal 30km/h voran kommen. Stellenweise noch deutlich langsamer. Zum anderen Ist oben auf dem Col du Soulor Schluss mit unserer geplanten Route. Ein Bauarbeiter erklärt mir mit Händen und Füssen dass wir entweder 1,5 Stunden warten müssen oder einen anderen Weg weiter fahren dürfen. Erinnerungen an unseren Kleinen Umweg letztes Jahr in Norwegen kommen auf. 180km hatte uns das Umfahren eines kompletten Fjordes beschert.

Heute sollte es nicht so schlimm kommen. Im Gegenteil, wir wissen zwar nicht wie die geplante Route gewesen wäre, aber die alternative war der Hammer. Grüne bewaldete Täler, die einen gefühlt in die Filmwelten aus Avatar versetzten. Der Hammer! Dazu Kurven satt und ein französisches Pärchen auf einer BMW vor uns die einen flotten Stiefel vorlegten. Ich genoß es mich hinten dran zu hängen und ließ mich mitziehen. Bremspunkte waren schön zu erkennen und Gefahrenstellen kannten die beiden scheinbar aus dem FF. Hinterherfahren ist auf unbekannten Straßen schon ganz angenehm.
Nachdem wir wieder auf unserer geplanten Route zurück waren stellten wir fest dass der Umweg uns nur 15 Minuten gekostet hatte. Perfekt! Nach dem Col du Porteigt folgte gleich der Col de Marie Blanque und wir legten noch einen kurzen Tankstopp ein um für die ersten km in Spanien ausgerüstet zu sein. Das heutige Tagesziel rückte näher als Anja mit der Idee aufkam wir könnten uns doch im nächsten Ort mal schnell einen Snack aus Käse und etwas Süßem besorgen um eine kurze Pause einzulegen. Gesagt, getan. Zwei Sorten Ziegenkäse, Baguette und eine kleine Tartellete kombiniert mit einer Bank führten fast zu einem kulinarischen Orgasmus. So muss das sein im Urlaub. Also auf die letzten 40 km sitzen wir auch noch ab.

In Urdos mussten wir dann nochmal einen Stopp einlegen um die in die Felswand gebaute Festung Fort du Portalet zu fotografieren. Immer wieder bin ich froh das 70-200mm Objektiv doch mitgenommen zu haben. Die Festung ist leider nicht zugänglich, so blieb uns nur das Teleobjektiv aus der Distanz. Ein letzter Pass trennt uns noch von Spanien.

Der Col de Somport führt uns direkt zu unserem heutigen Tagesziel: Canfranc-Estacion einem stillgelegten Bahnhof, welcher bei Fotografen sehr beliebt ist. Wir haben uns für heute im Hotel & Spa Real Villa Anayet ein Zimmer gesichert. So können wir unser Gepäck und die Motorräder sicher verstaut zurücklassen während wir uns einen ausführlichen Fotowalk durch das alte Bahnhofsgelände gönnen. Ein wahres Paradies für Lost Place Liebhaber (oder wie es neuerdings heisst Urbex Fotografen). Nach Motiven muss man hier nicht suchen, sie springen einen an. Das Gelände des Bahnhofes ist gut zugänglich und man kann zahlreiche alte Waggons und die Bahnsteige besichtigen. Das eigentliche Bahnhofgebäude ist eingezäunt und wird per Videoanlage überacht. Es bieten sich hunderte Motive und Eindrücke für welche man sich eigentlich eine Woche Zeit nehmen sollte. Gute 2 Stunden vergnügen wir uns bevor es Zeit wird zu duschen und etwas zu Abend zu essen.

Wir passen uns an die Spanischen Gebräuche an indem wir erst relativ spät für unsere Gewohnheiten ins Restaurant gehen. Um 21:30 beginnt unser Kampf mit der Sprachbarriere. Jamon Schinken als Vorspeise und Rinderfilet als Hauptgang soll es sein. Da ist er der kulinarische Orgasmus, welcher sich schon beim Ziegenkäse angekündigt hatte. Die Filets werden vor unseren Augen im offenen Kamin von der Flamme geküsst um dann perfekt Medium rare unseren Gaumen zu erfreuen. Das Hotel ist der Hammer… und das zu einem Preis der in Deutschland mindestens doppelt so hoch wäre. Um 23:30 sind wir endlich auf dem Zimmer und schwelgen noch immer im Genuss des Tages. Sowohl die Fahrtstrecke, die Fotomotive als auch das Essen welches wir heute genossen haben waren unbeschreiblich. Beim schreiben dieser Zeilen fallen mir bereits mehrfach die Augen zu. Aber ich muss die Erinnerungen festhalten solange sie frisch sind denn morgen gibt es schon wieder ganz viele Neue! Hier nun noch eine etwas umfangreichere Auswahl an Bilder des alten Bahnhofsgeländes.

 

Pyrenäentour 2017 – Tag 8 – 252 km – Guchan

Die Nacht war kalt, ja ihr lest richtig. Mir war kalt. Ich hatte beschlossen Anja meinen leichteren Schlafsack zu überlassen und ich wollte mir zur Not nur den Cocoon (so ein Schlafsackinlet) überwerfen. Es sollte ja minimal 18 Grad haben heute Nacht. Ich hab keine Ahnung wie kalt es wirklich war, aber ich habe gefroren und das im Cocoon. Deshalb war es mir zum Frühstück dann auch nach Tee. Anja schaute mich verstört an als ich bei 24 Grad Tee aufbrühte, trank aber auch brav 2 Tassen. Ist ja schließlich gut für den Flüssigkeitshaushalt. Wir kamen nicht so richtig in die Pötte und so wurde es 11:09 Uhr bis wir endlich starteten. Tagesziel war so grob angepeilt der Lac d’Aumar um dort auf über 2000 Höhenmetern an einem See wild zu campen und evtl. ein paar schöne Sonnenuntergangs und Sonnenaufgangsbilder zu machen. Und bei ganz viel Motivation evtl. auch noch einen Milchstrassenshot. Pläne und so… man sollte keine machen.

Wir begannen den Tag auf der Route des Corniches einer im Reiseführer als besonders schön erwähnten kleinen Bergstrasse. Sind nicht alle kleinen Begrstrassen besonders schön? Noch dazu in so einer Gegend wie den Pyrenäen? Überhaupt muss man hier mal etwas zur Gegend sagen. Trotz der Hitze und Trockenheit die hier herrscht ist alles saftig Grün. Die Wälder bestehen zu großen Teilen aus Laubbäumen und die Wiesen blühen kunterbunt. Wenn man den Blick mal von der Strasse und der nächsten Kurve abwendet dann ist es hier echt schön. Man bewegt sich durch Täler an Flüssen entlang, findet Wasserfälle fährt über den einen oder anderen Pass, hier Col genannt. Heute eine ganze Reihe von den Dingern:
– Les Port de Ers
– Col de Agnes
– Col de Latrape
– Col de Core
– Col du Portet d Aspet
– Col de Mente
– Col du Peyresourde
– Col de Azet
Acht von den Dingern sind wir heute hoch und auch wieder runter gefahren. Manche mit Spitzkehren und manche ziehen sich einfach ewig lang ein Tal entlang hoch. Auf jeden Fall bleib ich dabei. Alle schöner als das was die Dolomiten so bieten.

Eines zeichnet die Franzosen aus. Baustellen und Rollsplit! Auf nahezu allen Cols wird die Strasse ausgebessert. Schäden vom Winter werden beseitigt oder ein neuer Fahrbahnbelag wird aufgebracht. Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen und etwas Geduld ließen uns die Bauarbeiter immer passieren auch wenn eine komplette Seite des Passes gesperrt war und quasi jede Kehre repariert wurde. Das wäre so in Deutschland nicht möglich.

Wir kamen prizipiell den Tag über gut voran, legten aber relativ viele Stopps ein. Es soll ja auch paar Bilder von der Tour geben 😉 Und bis man mal das Stativ und die Filter ausgepackt und danach wieder eingepackt hat dauert eben. So zeichnete sich irgendwann ab dass unser Tagesziel der Lac d’Aumar eigentlich nicht mehr sinnvoll zu erreichen ist. Noch dazu zog über uns ein Gewitter auf und wenn etwas nicht sein muss dann ist es wild Campen auf über 2000 Höhenmeter bei Gewitter in den Pyrenäen an einem See. Unsere Mütter wären stolz auf uns ob solch kluger Entscheidungen und so suchten wir uns kurzerhand wieder einen ACSI Campingplatz und steuerten diesen an.

Zelt aufbauen, kochen, duschen, morgen planen… ja mal wieder ein Plan! Es geht nach Canfranc Estacion einem verlassenen Bahnhof an der spanischen Grenze. Dort haben wir uns bei Booking.com ein Hotel gesucht da in größerem Umkreis kein Campingplatz zu finden war und wir wollen abends noch ein bisschen knipsen gehen.

Pyrenäentour 2017 – Tag 7 – 214 km – Ax les Thermes

Um 6:45 holt mich der Wecker aus dem Schlaf. Ich widme mich kurz der Morgentoilette und ziehe mich an. Dann fahre ich mit Anjas Motorrad nach Perpignan wo ich um 8 Uhr bei CIR (so ähnlich wie in Deutschland Trost) eintreffe. Hier soll ich laut dem Rollerhändler Conflent Cycles das Lager abholen. Ich sehe aber erstmal nur in ratlose Gesichter. Das Teil ist nicht vorrätig. Ich verweise nochmals auf den Anruf vor zwei Tagen und endlich erinnert sich ein Mitarbeiter an den „Allemand“ der heute etwas abholt. Nun wird man auch im Computersystem fündig. Das Teil wird für 11 Uhr erwartet. Also nochmal warten. Ich lege mich neben das Motorrad auf den Parkplatz und versuche im Schatten eines Baumes noch ein wenig zu dösen. Sind ja nur drei Stunden. Um 10:45 fährt ein Postauto auf den Hof und ein Mitarbeiter von CIR kommt herausgelaufen, reißt noch auf dem Parkplatz das Paket auf und winkt mir mit dem Lager. Alles wird gut! Ich nehme das Lager in Empfang und mache mich auf den Weg zurück nach Prades zu Conflent Cycles.

Zuerst sammle ich Anja noch am Hotel ein und wir tauschen wieder Motorräder. Um 11:50 stehe ich beim Schrauber auf dem Hof und berichte ihm begeistert dass ich das Lager jetzt habe und frage wann wir es tauschen können. Er verweist mich auf 14 Uhr da jetzt erstmal Mittagspause ist. Ich bin ja kein unfreundlicher Mensch und schlucke runter was ich in dem Moment denke. Die Aktion dauert höchstens 10 Minuten. Na gut ein freundliches Lächeln und nochmal zwei Stunden warten. Diese verbringen wir bei Mc Donalds im Schatten mit Toiletten in der Nähe und Free-WIFI. Na gut wir essen entgegen unseren Gewohnheiten auch etwas. Schon zum zweiten Mal in diesem Urlaub. Aber es ist wie immer nicht wirklich befriedigend was man da so bekommt. Auf dem Weg zur Werkstatt decken wir uns noch mit Wasser ein und pünktlich um 14 Uhr (der Deutsche schlägt da voll durch) sitzen wir auf den abgebauten Koffern vor der Halle und warten dass die Tür auf geht. 14:15 nix ist passiert… ich schlendere mal um die Halle und siehe da hinten ist offen und zwei Mann sind am werkeln. Nix Pause, ich soll meine Maschine von hinten in die Werkstatt schieben. Schnell ist das Heck an einem Kran aufgehängt, das Rad draußen und die Misere begutachtet. Für mich sieht das verbaute Lager aus wie aus dem Laden. Es ist auch nicht im geringsten ausgeschlagen. Egal, jetzt wird es getauscht! Also das Alte raus, das Neue rein. Achja und da war ja noch was. Sitzen die Spacer richtig? Ja sie waren beide korrekt montiert. KEINE Ursache für das Wackeln des Kettenrades erkennbar! Also das Rad wieder rein und geprüft und siehe da: Es ist besser, aber nicht weg. Es wackelt immer noch, na gut es hat weniger Spiel, aber es wackelt immer noch. Der Franzose kommentiert mit einem lässigen: le normal! Und ich sitz etz da mit dem Ding. Also gut dann geht es eben so weiter. Wir werden es gut im Auge behalten und zu Hause dann nochmal gründlich prüfen. Ich bin jetzt jedenfalls sicher dass das Lager 100% in Ordnung ist!

Nachdem wir uns ausführlich bedankt haben für die Hilfe packen wir wieder alles auf und fahren noch schnell tanken bevor es endlich weiter in Richtung Westen geht. Grobes Ziel für heute – es ist ja bereits 15 Uhr – ein ACSI Camping Platz in Ax les Thermes. Endlich wieder fahren! Die Hitze lässt mit jedem Höhenmeter den wir gut machen nach. Das ist echt angenehm! Wir erklimmen den ersten Col des Tages – den Col de Jau. Von dort geht es direkt weiter zum Col du Garavel und im Anschluss zum Col de Moulis. Die Aussicht ist sagenhaft, die Straßen ein Traum – wer die Dolomiten liebt war noch nicht hier! Die kleinen Dörfer die sich an die Hänge schmiegen oder auf kleinen Gipfeln thronen sind wunderschön anzuschauen. Allerdings muss ich auch sagen dass es mir schwer fällt die Umgebung richtig in mich aufzunehmen. Es sind einfach zu viele Kurven die unsere Aufmerksamkeit benötigen. Und auf Anhalten habe ich nach der Zwangspause keine Lust. Ich will endlich wieder vorwärts kommen.

Der letzte Pass des Tages und unser erster 2000er auf der Tour wird der Col de Pailheres mit 2006m. Direkt auf der Passhöhe steht eine Herde Pferde die mit „Kuhglocken“ ausgestattet sind. Der Pass selbst ist über und über bedeckt mit plattgefahrenen Pferdeäpfeln. Wir legen hier einen kurzen Fotostopp ein und genießen den Ausblick. Ein Schild weist auf Investitionen in Höhe von 1.300.000 Eur hin. Und nur wenige Meter weiter ahnen wir auch in was die gerade aktuell investiert werden. Die Straße den Pass hinab in Richtung Ax les Thermes ist gesperrt. Jetzt kommt wieder der korrekte Deutsche durch und ich überlege ob wir es trotzdem probieren sollen als ich einen wild winkenden Bauern sehe der uns bedeutet einfach weiterzufahren. Also gut wenn der das sagt, er kennt sich hier besser aus als wir. Nach einigen Kehren passieren wir eine frisch geteerte Fläche, die Bauarbeiter weisen uns genau ein wo wir entlangfahren sollen.

Nachdem die Reifen wieder sauber gefahren sind und die frisch geteerte und mit Rollsplit bestreute Straße wieder in alten Teer übergegangen ist stellt sich auch wieder Kurvenspass ein. Da nähert sich aber auch schon unser Tagesziel. Die Straßen werden nass , es scheint hier erst geregnet zu haben. Wir rollen durch Ax les Thermes, kaufen noch kurz ein und tanken die Motorräder voll. Dann stellen wir das Zelt auf und kochen uns was leckeres um den Abend vor dem Zelt ausklingen zu lassen. Der Platz ist toll! Die Temperaturen sind endlich erträglich. Wir freuen uns auf die Nacht im Zelt. Es ist jetzt 22:30 der Bericht ist geschrieben, wir haben Wäsche gewaschen und einen tief zufriedenen Zustand. Ich glaube jetzt sind wir im Urlaub angekommen.

Pyrenäentour 2017 – Tag 5 + 6 – 209 km – gestrandet in Prades

Wir versuchen möglichst früh aufzustehen um der größten Hitze aus dem Weg zu gehen. Unsere Erschöpfung verhindert dies aber halbwegs. So kommen wir erst um 7:30 Uhr aus dem Zelt und brauchen auch relativ lang bis wir gepackt haben. Wir wunderten uns noch dass es uns nicht aus dem Zelt geglüht hat um dann freudig zu erkennen dass zum Unmut unserer Platznachbarn der Himmel komplett bewölkt war. Zum Frühstück gab es schnell noch Croissants aus dem Shop des Campingplatzes. Um 9:30 Uhr sind wir dann endlich wieder unterwegs.

Unsere Zielsetzung für heute: Endlich in die Pyrenäen! Das restliche Stück Küste bis Argeles Sur Mer läuft ganz gut, auch wenn uns die Landschaft nicht reizen kann. Wir erreichen das erste Etappenziel für heute gegen 12 Uhr und legen einen kleinen Stop ein bei dem ich Elli ein wenig Öl gönne. Bei den Temperaturen verbraucht sie davon so einiges. Das war in Norwegen irgendwie auch weniger.

Von nun an soll es also gen Westen gehen bis wir den Atlantik erreichen. Das beginnt erstmal mit dem Verlassen des Großraumes Argeles Sur Mer auf etwas größeren Straßen. In Saint Jean Pla de Cortes biegen wir rechts ab und es beginnt. Kleinste Sträßchen, Kurve an Kurve ein Traum für jeden der nicht zwingend Rennstreckentempo haben muss. Wenn, ja wenn da nicht die Hitze wäre. Die Dörfchen auf oder an den Hängen sind dicht bebaut, meist kann man nur nebenan Parken und um in Moppedklamotten reinzulaufen ist es uns einfach viel zu warm. Ohne unsere Trinkrucksäcke würden wir das nicht überstehen. Sie ermöglichen es uns dem Körper regelmäßig Flüssigkeit zuzuführen. Unser Geschwindigkeitsdurchschnitt sackt ins Bodenlose, den zweiten Gang verlasse ich nur selten. Aber die Straßen machen Spass und es nimmt kein Ende. Wir fahren über den Col Xatard und den Col de Polomere. Straßenarbeiter warnen uns vor frischem Rollsplit und wir bedanken uns. Anja hat das „Merci“ schon mehr verinnerlicht als ich. Bei mir kommt immer noch automatisch ein „Thanks“ und dann erst ein „Merci“. Wir benötigen drei Stunden für 91 km. Es war eine wunderschöne Strecke genau so wie es uns gefällt und doch haben wir es nur zum Teil genossen. Anja kommt mit der Hitze besser zurecht als ich. Ich ziehe mich daran hoch dass es in Richtung Atlantik besser wird.

In Prades wollen wir tanken und unsere Wasservorräte auffüllen. Einen Plan machen wo wir heute Campen wollen. Ca. 50 km wollen wir noch fahren dann soll Schluss sein für heute. Während Anja einkaufen geht drehe ich meine übliche Runde um die Motorräder checke Ölstand, Reifen und die Ketten. Und dann fällt mein Blick auf den Spacer am Kettenradträger und ich sehe deutlich dass dieser sich in der Dichtung bewegt. Dies sollte nicht sein. Sofort liege ich am Boden und wackle am Kettenrad und tatsächlich es lässt sich 2-3 mm hin und her bewegen. F..k das Kettenradträgerlager hatte ich noch kurz vor dem Urlaub gewechselt. Nach nun knapp 1800km scheint dieses wieder defekt zu sein. Was sind die Folgen? Kann ich so weiterfahren? Kann ich so weiter in die Pyrenäen fahren wo wir noch schwieriger an Ersatzteile kommen? Klare Antwort: Nein!

Anja kommt mit dem Einkaufswagen zurück und sieht mich am Boden hinter dem Motorrad liegen. Wir beschließen eine Werkstatt in Prades zu suchen. Kein Wort Französisch zu sprechen erweist sich als nicht besonders hilfreich. Hier in Prades begegnet uns aber jeder freundlich und hilfsbereit. Mit Hilfe einer Dame aus einer Renault Werkstatt finden wir eine „Moto garage“. Der Mechaniker versteht mein mit Händen und Füssen beschriebenes Problem und hat leider kein passendes Lager vorrätig. Er kann aber eines bestellen welches Mittwoch vormittags in Perpignan verfügbar wäre. Da heute bereits kurz vor Ladenschluss ist und wir keine andere Alternative sehen bestellen wir es.

Nun heisst es hier abwarten bis wir das Teil am Mittwoch abholen können um es dann in der Werkstatt zu wechseln. Wir suchen uns über booking.com ein Hotel und fallen nach einem kurzen Vesper völlig erschöpft ins Bett. Bei mir ist irgendwie total die Luft raus. Wie schaffen es manch Langzeitreisende sich bei Defekten immer wieder zu motivieren? Ich bewundere diese Lebenseinstellung. Anja versucht mich aus der Depriphase wieder rauszuziehen dies gelingt ihr aber nicht bevor uns der Schlaf übermannt.

13 Stunden später wachen wir auf und sind immer noch völlig platt. Wir gehen nochmal die Optionen durch welche wir nach dem Lagerwechsel haben. Fazit ist wir müssen erstmal sehen was die Ursache für das Versagen nach nur 1800km ist. Wir brauchen etwas zu Essen also laufen wir los in Richtung Ortsmitte und stoßen auf einen fröhlichen französischen Markt. Hier gibt es alles was man fürs tägliche Leben so braucht. Nicht nur Nahrungsmittel und Kleidung sondern auch Matratzen oder Fenster kann man hier kaufen. Wir Essen Crepe und Churros zum Frühstück. Das technische Problem rückt für den Moment in den Hintergrund. Wir lauschen einer Musikgruppe und beobachten tanzende Menschen. Und das alles an einem Dienstag Vormittag! Wir kaufen Käse, Wurst, Obst, Gemüse und Brot um heute Abend etwas zu Essen zu haben. Dann geht es zurück zum Hotel. Die Hitze wird wieder unerträglich. Wir verbringen den Nachmittag im Zimmer. Anja liest und ich widme mich den Berichten der letzten zwei Tage und unseren Bildern.

Hoffentlich können wir das Problem mit dem Lager morgen Vormittag nachhaltig lösen so dass wir weiter fahren können. Wir wollen heute wieder bald schlafen und ich will um 7 Uhr bereits nach Perpignan aufbrechen um das Ersatzteil zu holen.

Pyrenäentour 2017 – Tag 4 – ca. 372 km – Narbonne

Der Ausflug zu den Lavendelfeldern war definitiv genial! Unglaublich wie sich die lilafarbenen bis zu hüfthohen Büsche in sauber gepflegten Reihen bis zum Horizont erstrecken. Das ist definitiv eine Location die jeder Fotografie begeisterte mal aufgesucht haben sollte. Mein Tipp: Paar Tage Zeit nehmen. Unser eigentliches Ziel sind ja die Pyrenäen, daher hatten wir nur den einen Abend / Sonnenuntergang um ein paar Eindrücke festzuhalten. Aber das wichtigste ist nicht nur durch den Sucher zu gucken, sondern auch mal die Szenerie einfach auf sich wirken zu lassen. Tief einzuatmen und den Duft in sich aufzunehmen. Um ca. 23 Uhr waren wir wieder zurück im Hotel und fielen wieder in einen tiefen Schlaf.

Um kurz vor 7 Uhr holte uns der Wecker aus eben diesem. Packen war angesagt. Dann die erste Ladung Zeugs zu den Motorrädern bringen und direkt noch im kleinen Laden Frühstück kaufen. Brie, Hartkäse, Baguette und Croissants. Damit kann der Tag beginnen. Nach dem Frühstück zügig den Rest zusammengepackt und um 9:03 Uhr ging es dann los, erstmal in Richtung Westen weiter durch den Parc naturel régional du Verdon. Diese Naturschutzparks haben es uns sehr angetan. Schöne Landschaft, kurvige Straßen und wenig Verkehr. So kann es weitergehen. Wir können immer noch nicht richtig glauben dass hier Mitte Juni noch Nebensaison ist. Uns glüht es fast durch die Motorradklamotten.

Wir verlassen den Verdon um uns in Richtung Küste zu begeben. Ein Ziel des heutigen Tages ist der Parc naturel régional de Camargue. Hier setzen wir auch mal wieder mit einer Fähre über wobei Anja unfreiwillig das Motorrad gehalten wird. Der Fährmann traut ihr scheinbar nicht zu die V-Strom selbst zu halten. Bei mir sorgt dies für Erheiterung, bei ihr nicht so ganz. Hier gibt es Salzseen und eine Sumpflandschaft. Wie gewohnt von den Parks sind auch hier schöne kleine kurvige Straßen zu finden. Der Fahrbahnbelag ist nicht immer der beste, aber das spielt für uns keine Rolle. Das Klima spielt dafür mehr eine Rolle. Es wird so richtig dämpfig und schwül. Das ist echt unangenehm auf dem Motorrad. Plötzlich erblicke ich eine Kolonie von wilden Flamingos, einer der Gründe warum man hier mal vorbeischauen sollte. Schnell am Fahrbahnrand gestoppt, die Nikon D5500 mit dem Tamron 70-200 verschraubt und ein paar Schüsse gemacht. Sie sind zwar auch mit dieser Kombi noch weit weg, aber wir haben sie gesehen! Been there, done that! Naja vielleicht haben wir ja noch Glück und sehen noch welche die Näher an der Strasse sind. Einen längeren Aufenthalt mit Laufen wollen wir aufgrund des Klimas nicht in Kauf nehmen. Kurz vor dem verlassen der Carmargue sehen wir auch noch ein paar Wildpferde die interessiert näher kommen als wir anhalten.

Hab ich schon erwähnt dass mir das Klima heuer  bisher mindestens so auf den Zeiger geht wie Anja letztes Jahr in Norwegen? Wir waren ja schon einige male im Balkan unterwegs. Juli in Kroatien ist uns auf dem Motorrad auch nicht unbekannt. Aber hier ist es ganz anders! Die Hitze ermüdet deutlich mehr. Die Sonne brennt unerbittlich. Und im ganzen Körper macht sich einfach nur Erschöpfung breit. Nachdem wir die Carmargue verlassen haben heisst es an der Küste entlang einfach nur gen Süden. Den Einstieg in die Ost – West Route wollen wir in Argeles Sur Mer nehmen. Auf Höhe von Narbonne finden wir einen Campingplatz welcher für heute unser Tagesziel sein soll. Zum ersten Mal in unserer Reisehistorie nächtigen wir auf einem 4-Sterne Platz auf dem jede Parzelle ein eigenes Sanitärhäuschen hat. Dekadenz ist heute angesagt. Den Pool des Platzes nutzen wir um unsere Körper etwas runterzukühlen und die verspannten Muskeln zu lockern. Um ca. 21 Uhr liegen wir erschöpft und auf der Flucht vor kleinen Stechmücken im unangenehm warmen Zelt und schließen die Augen.

Wir sind gespannt wie morgen der Einstieg in die Pyrenäen werden wird und was die Küste vorher noch zu bieten hat. Der Teil Küste den wir heute gesehen haben hat uns nicht begeistern können. Endlose Parkplatz Reihen vor einem windigen Sandstrand wechseln sich ab mit Vergnügungsparks welche aktuell noch leer sind da hier noch keine Saison ist.

Pyrenäentour 2017 – Tag 2 + Tag3 – 431km Saint Martin de Bromes + Pausentag

Planen kann man viel… sich etwas nur grob vorzunehmen reicht in der Regel auch schon aus, damit es nicht klappt. Nunja, dazu aber später mehr. Der Wecker holte uns um 7:30 aus dem erholsamen Schlaf. Die Temperatur draußen war auf dem Col de la Faucille äußerst angenehm und ließ noch nicht erahnen was uns heute noch blühen sollte. Wir gingen gemütlich zum Frühstück, welches um 8 Uhr beginnen sollte und mussten feststellen dass ein Bus voller Senioren wie ein Heuschreckenschwarm über das Buffet hergefallen war. Semmeln? Fehlanzeige! Für uns wurde dann extra Baguette aufgebacken. Das sollte aber bei 11 Eur pro Person fürs Frühstück auch selbstverständlich sein. Der Bus fuhr jedenfalls um 8:15 ab und wir konnten in aller Seelenruhe die Reste vom Buffet genießen. Um 9:30 saßen wir dann gut gestärkt und voller Tatendrang auf den Motorrädern und starteten die Motoren.

Wo man hochfährt muss man auch wieder runter. Die letzten km gestern waren schön, und die ersten heute wurden es auch. Lediglich die Kurven gingen noch nicht ganz so flüssig am frühen Morgen. Aber das wurde mit jeder besser. Nach ca. 50 km verlassen wir bei Bellegarde sur Valserine den Parc naturel régional du Haut-Jura und folgen der Rhone. Ein Fluss bedeutet automatisch immer Kurven. So auch hier. Der Verkehr fließt in angenehmer Geschwindigkeit und die Temperaturen steigen so langsam aber sicher an. Immer wieder bildet die Rhone natürliche Seen aus oder wird durch die Energiegewinnung zu künstlichen Seen gestaut. An einem dieser natürlichen Seen erblicken wir eine Kolonie von Schwänen. Man kann das wirklich nicht anders sagen. Es waren geschätzt so um die 70 Tiere die hier im seichten Wasser nach Nahrung tauchten. Man sah Schwanenhinterteil neben Hinterteil in die Höhe gereckt. Nur zum Luftholen kamen die Köpfe kurz nach oben. Ein Schauspiel dass wir so noch nie gesehen hatten.

Nachdem wir die Rhone verlassen hatten ging es direkt in Richtung Parc naturel régional du Vercors. Kurz vor dem Erreichen desselbigen säumten den Fahrbahnrand unendliche Reihen von Bäumen in gepflegten Plantagen. Während ich mich noch fragte was hier angebaut wird hatte Anja die Antwort schon parat: Walnüsse. Sauber gepflegt in Reih und Glied stehen sie hier in schier unendlicher Anzahl und spenden riesigen Arealen Schatten. Wie gerne hätten wir uns für ein Stündchen ins Gras gelegt und ein kleines Schläfchen gehalten. Aber wir haben heute noch etwas vor und wir kommen deutlich langsamer voran als gedacht. Die schönen kurvigen Straßen fordern ihren Tribut und das sollte nicht besser werden… wobei doch eigentlich wurde es besser. Nur nicht für unsere Zeitplanung.

Direkt nach dem Erreichen des Parc naturel régional du Vercors wurden die Straßen noch kleiner und führten uns wieder in die Höhe. Höhe bedeutet angenehmere Temperaturen und das begrüßen wir sehr. Wir kommen nach vielen kleinen Kurven plötzlich an einem Wasserfall an. Der schreit danach das Stativ rauszuholen und Anja ihre ND Filter ausprobieren zu lassen. Leider schleicht sich ein Franzose ins Bild und Anjas Laune sinkt. Außerdem steigen die Temperaturen auch hier stetig an und so fahren wir nach ein paar wenigen Fotos wieder weiter. Ein kritischer Blick auf die Uhr ermunterte uns zusätzlich. Immerhin ist die Unterkunft für die nächsten beiden Tage bereits gebucht und wir wollen heute Abend und Nacht noch die Lavendelfelder und eventuell die Milchtstrasse in Valensole ablichten. Soviel zum Plan…

Der Parc naturel régional du Vercors wäre aufjedenfall mal ein paar Tage mehr Wert. Eine wunderschöne Gegend um Motorrad zu fahren oder zu wandern. Unser heutiges Tagesziel ist aber der Parc naturel régional du Verdon. Und bis wir diesen erreichen vergeht noch viel Zeit. Als wir den Parc naturel régional du Vercors verlassen ist es bereits 17 Uhr. Wir brauchen dringend eine Tankstelle und etwas zum Abendessen wollten wir auch noch einkaufen. Als wir dann einen Intermarche gefunden haben meint Anja noch, dass wir einkaufen lieber später erledigen damit wir das Zeug nicht so lange in der Sonne rumfahren… Das klingt nach einem Plan. Allerdings kommen wir nur sehr langsam voran und so halten wir um kurz nach 19:30 wieder an einem Intermarche nur um festzustellen dass dieser bereits um 19:30 geschlossen hat. Der nächste Stop ergab das gleiche Problem. Um 19:55 stoppten wir dann an einem Contact Markt nur um festzustellen, dass dieser 10 Minuten vor Ladenschluss bereits die Türen verschlossen hatte. Zum Ausgang ließ man uns nicht mehr rein und um 19:58 wurde auch dieser verschlossen. Soviel zum Plan… naja wir haben ja genug haltbare Sachen dabei, dann gibt es halt nix Frisches.

Um 20 Uhr ging es dann endlich in den Parc naturel régional du Verdon und die ersten Lavendelfelder kamen in unser Blickfeld. Allerdings hatte uns auch eine unwahrscheinliche Erschöpfung gepackt. Es hatte immer noch um die 35 Grad, wir schwammen in unseren Klamotten und wollten erstmal nur Duschen und etwas Essen. Um 20:30 Uhr erreichten wir endlich das Hotel La Fontaine in Sant Martin de Bromes. Der Check In erfolgte mit Händen und Füßen da hier niemand Englisch spricht. Das 2 Sterne Hotel ist sehr einfach und man darf sich mit den anderen Gästen eine Toilette auf der Etage teilen. Trotzdem ist das Haus in der Altstadtlage ein echtes Kleinod und wir fühlten uns hier direkt wohl. Nachdem wir unser Gepäck einmal ums Haus und dann noch 2 Stockwerke in die Höhe getragen hatten tropfte uns der Schweiß aus allen Poren. Schnell unter die Dusche und etwas gegessen. Der Plan um 0 Uhr zu den Lavendelfeldern zu fahren wurde einstimmig verworfen da wir stehend KO waren. Unsere Priorität in diesem Urlaub liegt auf dem Motorradfahren. Fotgrafieren läuft nebenher. Wir fielen sofort in einen totengleichen Schlaf der 11 Stunden andauerte.

1080 km in 2 Tagen und das bei Temperaturen nahe der 40 Grad fordern einfach Ihren Tribut. Das war letztes Jahr in Norwegen einfacher. Aber immerhin friert es Anja diesmal nicht. Und wehe sie meckert weil es zu warm ist!!! Direkt neben dem Hotel ist ein kleiner Tante Emma Laden in welchem ich Baguette, Croissants und eine Guadeloupe Melone holte, was unser Frühstück darstellte. Wir ließen es extrem langsam angehen. Erstmal die Funktionswäsche rauswaschen. Der Geruch war selbst mir zuviel. Dann gammelten wir noch ein bisschen im Zimmer rum bis die größte Mittagshitze vorbei war. Nachmittags unternahmen wir einen kleinen Spaziergang mit den Kameras durch den Ort. Hier ist man nicht dem Massentourismus erlegen. Der historische Kern der Ortschaft Sant Martin de Bromes ist extrem ruhig und das Zentrum stellt der Platz vor unserer Unterkunft dar. Hier genießen wir dann auch noch einen Smoothie und einen Frappe bevor um 16:30 der kleine Laden wieder öffnet in welchem wir uns mit Käse und Baguette eindecken um ein frühes Abendbrot zu uns zu nehmen. Zum Sonnenuntergang soll es heute nämlich wirklich zu den Lavendelfeldern um Valensole gehen. Bevor wir uns hierfür wieder in die Moppedklamotten werfen entstehen aber noch diese Zeilen.

Morgen soll es wieder weitergehen in Richtung Mittelmeerküste. Wir hoffen dort in der Carmargue wilde Flamingos zu sehen und vielleicht auch das ein oder andere Foto zu schießen, bevor es dann in die Berge geht.

Pyrenäentour 2017 – Packen & Tag 1 – 639km – Col de la Faucille

Es ist Mittwoch der 14.06.2017 ca 15 Uhr und ungewöhnlicherweise beginnen wir zu Packen. Wir haben es beide frühzeitig von der Arbeit nach Hause geschafft und nutzen die Zeit um es gemütlich anzugehen. Kurz keimt in mir die Idee auf heute noch zu starten und über Land bis in den Schwarzwald zu fahren. Da bremst mich aber auch schon Anja aus. Wir starten diesmal gemütlich. Um kurz nach 22 Uhr fallen wir ins Bett. Die Motorräder stehen fertig beladen in den Garagen und warten darauf dass wir sie starten. Wir stellen uns den Wecker auf kurz vor 7 Uhr. Noch schnell Duschen, etwas frühstücken und dann soll es um 8 Uhr losgehen.

Donnerstag morgen 6:55 der Wecker klingelt, 7:00 Uhr der Wecker klingelt wieder, 7:05, 7:10,… okay vergiss 8 Uhr starten. Wir haben ja locker Zeit. Sind heute ja nur 640 km, davon knapp 400 km deutsche Autobahn um erstmal ein Stück voranzukommen. Um 8:45 Uhr haben wir es dann tatsächlich geschafft. Wir sitzen auf den Motorrädern und beginnen unseren Trip nach Frankreich und Spanien. Wir fahren Bundestrasse bis Aurach, dort geht es dann auf die A6 welche ungewöhnlich leer ist. Wir genießen es frei fahren zu können und legen die Distanz bis zur A5 ohne Auffälligkeiten zurück. Es wird immer wärmer und die Sonne brennt unerbittlich auf den Asphalt. In der Gegend um Karlsruhe kommt es dann zum Stillstand. So leer die A6 war, so voll ist die A5 und hier gibt es eine massive Baustelle welche zu einem noch massiveren Stau führt. Über eine Stunde benötigen wir um dieses Hindernis zu überwinden. Als Ziel hatten wir uns eigentlich 12 Uhr = Französische Grenze gesetzt. Das wird nix. Der Stau und unser behäbiger Start in den Tag führen dazu dass wir erst um 14 Uhr die Grenze passieren.

Ab hier geht es nun über Land weiter. Aber zuerst müssen wir das Ballungszentrum um Mulhouse irgendwie überleben. Wir haben uns entschieden in Frankreich zu bleiben und keinen Abstecher durch die Schweiz zu fahren. Zu schlecht sind unsere Erinnerungen an den Verkehr bei den Eidgenossen. Wir kommen zügig voran und die Straßen werden immer kleiner und kurviger. Wir genießen es die schwer bepackten Maschinen von links nach rechts und wieder zurück zu werfen. Ein Stop bei Aldi um die Trinkrucksäcke wieder zu füllen (sie sind unser Lebensretter bei Temperaturen um die 35 Grad! Kann man echt jedem empfehlen der ein bisschen weiter als nur eine Feierabendrunde fährt), ein Tankstopp und ein Toilettenstop sind unsere einzigen Pausen. Dies ist wohl auch der Tatsache geschuldet dass wir das getrunkene Wasser direkt wieder rausschwitzen.

Die letzten 80 km des Ersten Tages führen uns durch den Parc naturel régional du Haut-Jura. Kurven hats hier! Eine wahre Pracht! Das entschädigt vollends für die Autobahnfahrt während der ersten Tageshälfte. Wir gewinnen auch immer mehr an Höhe und Anja vergleicht die Landschaft mit einer Mischung aus Allgäu und Auenland. Alles ist grün und bewaldet. Unser heutiges Tagesziel ist das Hotel La Petite Chaumiere in einem Skigebiet am Col de la Faucille. Nach 640km wollen wir heute kein Zelt aufstellen und auch nicht selbst kochen. Der erste Abend soll völlig entspannt sein. Wir gönnen uns noch ein 3 Gänge Menü im Restaurant und sind hin und weg von der Qualität des Essens bevor wir uns aufs Zimmer zurückziehen und nach einer Dusche noch den Tag Revue passieren lassen. Jeder auf seine Weise, ich hier mit diesen Worten, Anja in einer Art Reisetagebuch welches letztes Jahr schon in Norwegen Ihre doch sehr zwiespältigen Gefühle aufgenommen hat. Heute, da bin ich mir sicher, steht nur positives darin und vor allem dass es schön warm war.

Morgen geht es weiter bis nach Valensole. Hier legen wir gleich einen ersten Pausentag ein um ein wenig zu fotografieren.